Wert und Geldwert der Hausarbeit

Die „Philosophin“ Silvia Federici hat ausgerechnet, dass Frauen und Mädchen weltweit täglich über 12 Milliarden Stunden Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit leisten.

Schon alleine diese Zahl ist meines Erachtens sehr hoch gegriffen. Selbst wenn man annimmt, dass unter einer Weltbevölkerung von rund 7 Milliarden Menschen etwa 3,5 Milliarden Frauen und Mädchen zu finden sind und dass davon 3 Milliarden alt genug, aber noch nicht zu alt sind, um diese Arbeit zu leisten, dann wären das täglich vier Stunden pro Frau. Aber gut, es ist – wie wir noch sehen werden – im Grunde egal, wie hoch die Zahl der Stunden angesetzt wird. Frau Federici hat ja noch weiter gerechnet und ist zu dem Schluss gekommen, alleine diese unbezahlte Hausarbeit hätte einen Wert von jährlich 11 Billionen (am. Trillions) Dollar, und dieser Lohn werde den Frauen in einem kapitalistischen Ausbeutungssystem, welches die Trennung von produktiver Arbeit und Hausarbeit erst geschaffen habe, vorenthalten.

Wie man es auch drehen und wenden mag, der gedankliche Ansatz ist eine einzige Katastrophe.

Es ist wie mit der Börsenkapitalisierung von Aktiengesellschaften. Es ist kein Problem, die Zahl der ausgegebenen Aktien eines Unternehmens mit dem aktuellen Börsenkurs zu multiplizieren. das Ergebnis ist eine hübsche Kennzahl, aber sonst nichts.  Diesen Wert zu realisieren, also alle Aktien zu verkaufen und für jede einzelne Aktie so viel zu erlösen, wie zuletzt an der Kurstafel stand, ist schlicht unmöglich, denn der Kurs würde über so einem Manöver schneller zusammenbrechen als die Türme des World Trade Centers.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten, in den Genuss des Ergebnisses der eigenen Arbeit zu gelangen:

a) Die DIREKTE Methode (Do-it-yourself)

b) Die INDIREKTE Methode (Lohnarbeit)

Die indirekte Methode ist dadurch gekennzeichnet, dass das Ergebnis der Arbeit im Eigentum eines Dritten (des Arbeitgebers) bleibt, der die Leistung durch Zahlung von Lohn vergütet. Dies ist in der großen Mehrzahl der Fälle im Interesse des Arbeitnehmers, weil er als ein „Rädchen im arbeitsteiligen Wirtschaften“ das, was er selbst hervorbringt, nicht (oder zumindest nicht in dieser Menge) nutzen kann, während er das, was er selbst benötigt, nicht mehr selbst erzeugen kann. Das als Lohn gezahlte Geld ermöglicht ihm jedoch, die Erzeugnisse anderer zu „kaufen“.

Die direkte Methode ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass nur für den eigenen Bedarf „produziert“ wird, dass also alles, was geschaffen wird, unmittelbar zur Nutzung zur Verfügung steht und eben nicht  „gekauft“ werden muss.

Die direkte Methode ist wohl die ursprüngliche Methode des Wirtschaftens in anarchischen Gesellschaften autarker Familien bzw. Sippen oder Stämme.

Zwischen Arbeitsleistung und Wohlstand bestand dort eine direkte Beziehung. Das heißt, die Familie/Sippe des fleißigen und erfolgreichen Jägers war am besten mit Nahrungsmitteln versorgt – und die Höhle der pingeligsten Hausfrau war die sauberste und glänzendste im ganzen Neandertal.

Geld und Lohn waren so lange überflüssig, wie es keine über die engere Sippe hinausgehende Arbeitsteilung gab.

Geld und Lohn wurden aber nur in dem Maße und nur da erforderlich, wo per Spezialisierung die Leistung zwar enorm gesteigert wurde, aber eben nicht mehr hinreichend für den eigenen Bedarf „produziert“ werden konnte. 

Von dieser Spezialisierung blieben die Tätigkeiten der Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit bis heute (weitestgehend) ausgeschlossen, weil sich Spezialisierung nicht angeboten hat, weil damit keine Steigerung der Effizienz verbunden war, sondern eher ein Rückgang der Qualität.

Der Nutzen – für die Familie und natürlich auch für die Frauen, welche die Arbeit leisten – besteht ja in der sauberen Wohnung, in der rechtzeitig gewechselten Windel des Neugeborenen Säuglings, im gebügelten Hemd und darin, dass sich der Pflegefall im eigenen Heim wohlfühlen kann.

Dieser Nutzen muss nicht bezahlt werden, weil er auf dem Wege der DIREKTEN Methode geschaffen und auch wieder selbst konsumiert wurde.

Der Nutzen liegt im „Nicht-bezahlen-Müssen“, also darin, das Geld, das zugleich aus Lohnarbeit erworben wird, eben nicht für Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit ausgeben zu müssen.

Dass es Menschen gibt, die dazu selbst nicht mehr in der Lage sind und daher auch für diese Tätigkeiten bezahlen müssen, und dass es Menschen gibt, die aufgrund glücklicher Umstände Geld genug haben, um diese Tätigkeiten in Lohnarbeit verrichten lassen zu können, dass es also Fälle gibt, in denen statt der DIREKTEN Methode die INDIREKTE Methode gewählt wird, ändert am Prinzip nichts.

Und dieses Prinzip lautet in seiner Grundform, die auch für Singles gilt:

„Wer sich eine Suppe kocht und die selbst auslöffelt,
kann für das Kochen von niemandem einen Lohn verlangen“

In der erweiterten Familienform lautet sie:

„Wer auch immer in einer Familie für diese Familie die Suppe kocht,
kann das verfügbare Einkommen der Familie nicht dadurch erhöhen,
dass er von den nutznießenden Familienmitgliedern einen Lohn verlangt.“

(… und einen Lohn vom Staat zu fordern, für eine Leistung, die nur der eigenen Familie zugute kommt, ist ein absurder Gedanke!)

 

Gänzlich absurd wird es, wenn der Lohn vom „Kapital“ gefordert wird, weil die „reproduktive“ Arbeit schließlich nur dem Kapital nutzt, indem es ihm „Arbeiter“ zur Verfügung stellt. Wer, wie Federici erklärt: „Die Familie ist Teil des kapitalistischen Fließbandes – und zwar jener Teil, der die Arbeiter und Arbeiterinnen produziert„, der reduziert den Menschen und seine Würde auf eine beliebige, käufliche, mit Preisschild versehene Ware – und sollte sich schämen, statt damit hausieren zu gehen.

Soweit die moralische Würdigung.

Doch auch die technische – kaufmännisch-kalkulatorische Würdigung kommt zu keinen positiven Ergebnis.

Wie bereits erwähnt, steigt der Wohlstand einer Familie nicht, wenn die Nutznießer der Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit aus ihrem Einkommen oder Vermögen Lohn an den Erbringer der Leistung zahlen.

Doch auch für den Fall, dass sich ein Lohngeber außerhalb der Familie finden ließe, dass also, wie Frau Federici fordert, der Staat „Sozialleistungen ausbaut“, ist ebenfalls nichts gewonnen – noch nicht einmal dann, wenn der Staat sich das Geld dafür nicht von den Lohnsteuerpflichtigen holt und unter diesen umverteilt, sondern wenn er die notwendigen Einnahmen durch Besteuerung des Kapitals, also der großen Vermögen generiert, oder Kredit aufnimmt.

Es würde damit zwar das Geld umverteilt, aber es entstünde eben keine zusätzliche Produktion, aus der sich „Frau“ mit dem ihr gezahlten „Familiengeld“ bedienen könnte. Die Folge wäre also nichts als Geldentwertung.

Für Frau Federici und ihre Anhänger kann daher nur eine Empfehlung ausgesprochen werden:

Kommt einfach wieder runter.

Hier das Interview mit Fr. Federici.