Kommentare zur Dummheit

Zum gestrigen Paukenschlag haben mich zwei Kommentare erreicht, die ich gerne öffentlich mache. Den einen, weil er eine wichtige ergänzende Einsicht liefert, den anderen, weil mir so  viel Lob und erkennbare Geistesverwandtschaft das Herz jubeln ließen.

Egon Hauck hat entdeckt, dass im Quartett von Dummheit, Klugheit, Gerissenheit und Weisheit ein Element fehlt – der Joker! Das hat er so beschrieben:

Hallo Herr Kreutzer, ich mal wieder.

Wiedergefunden habe ich mich in diesem Artikel nicht, denn um meine Arbeit, egal welche ich gerade tue, unhinterfragt zu tun, dazu bin ich nicht dumm genug. Da mir Geld an sich auch nicht viel bedeutet, habe ich auch nicht den Ehrgeiz der Gerissenen entwickelt.

Klug bin ich auch nicht, sonst besäße ich ja die Klugheit, wenigstens im rechten Moment ein wenig gerissen zu sein um die Früchte meiner Klugheit auch ernten zu können.

Ich halte es nicht für erstrebenswert, sich für eines der schlicht bescheuerten Statussymbole im hiesigen Angebot ein mehr oder weniger reines Gewissen zu demontieren. Ich halte nach wie vor am Plan meines 10.000 € Hauses fest und versuche diesen gegen den massiven Widerstand einer trägen Masse ins Rollen zu bringen.

Was bin ich nun?

Dumm? Kann ich nach ihrer Definition nicht sein.
Klug? Erst recht nicht.

Gerissen? Schon gar nicht. Um die Ecke zu denken gelingt mir nicht.
Also habe ich überlegt ob ich weise bin.

Wenn man darunter einen abgeklärten alten Hansel versteht, der in einer Höhle auf dem Berg wohnt und dort meditativ vor sich hin lebt, so wünsche ich mir das manchmal für mich, weil ich davon durch Zen Meditation in meiner Studentenzeit einen durchaus positiven Vorgeschmack bekommen habe. Und dann habe ich vor kurzem mal wieder den Simplicissimus gelesen und diese Einflüsse zusammen ergeben für mich folgendes Bild:

Ich bin ein Narr.

Ich bin jemand, der versucht in diese Welt eine andere einzunisten, eine die ich für besser,
weil menschlicher, für reicher, weil weniger gierig und für friedlicher, weil kooperativ halte.

Ich bin ebenso ein Narr, weil es mir nichts bedeutet in einer Organisation von Deppen eine Hackordnung hoch zu klettern und der oberste Depp zu sein.

Vielleicht war ich zu lange und zu oft in Nürnberg, wo einige der aussagekäftigsten Denkmäler unserer Republik herumstehen. Da ist zuförderst das Narrenschiff zu nennen, auf dem ich weder Smutje noch Kapitän sein möchte. Dann gibt es das sogenannte Hochzeitskarussell am weißen Turm. Es ist ein wundervolles Abbild der Beziehungsgestörtheit in unserer Gesellschaft, in der jeder jedes anderen Feind sein soll um eben dumm, und lenkbar zu werden. Und je besser das gelingt umso uninteressanter und  dämlicher wird diese Gesellschaft.

Ich lebe einzig noch hier, weil ich in meiner Höhle dann eine Art Unikum wäre und so wie Jesus womöglich irgendwelche klebrigen Jünger bekäme, die nichts kapiert haben aber gewaltige Chancen auf Einfluss und Macht sehen, wenn sie diesen Narren für sich nutzen.

Und natürlich weil ich selbst diese Höhle, die wahrscheinlich schon Jahrtausende existiert, einem Idioten, der vielleicht nicht mal 50 ist, abkaufen müsste, als hätte er diese Höhle „hergestellt“.

Die wahren Dummen sind die Gerissenen, danach gibt es die  „Saudummen“. Das sind die, die dank einer Ausbildung und Förderung vom Feinsten, die schmutzigen Tricks der Gerissenen nicht brauchen um diese Gesellschaft in den Wahnsinn zu treiben. Aber dumm genug sind sie, dass sie die irdischen Zusammenhänge nicht in demselben erkennen können sondern mit der „Vorteilsbrille“ eben nur das sehen, was ihnen noch ein größeres Schnitzel auf den Teller wirft.
Wie man trotz Klugheit so dumm sein kann, das ist schon saudumm.

Weise? Wer ist das schon? Und wenn es einen gäbe, wer würde ihn denn nicht gleich als Scharlatan denunzieren, weil er die ganzen bayrischen, deutschen und weltweiten Milchmädchenrechnungen der ach so Klugen nicht ernst nehmen kann?

Nein der einzige Weg ist es, wie bei Shakespeare, der Narr zu sein.

Demokratie, wie wir sie heute kennen, ist keine, auch ihre linken und rechten Auswüchse sind weder demokratisch noch irgendwie zu irgendetwas oder irgendwem freundlich, sondern nur raffgierig. Also einfach ein gut getarnter Kampf ums Überleben im sozialdarwinistischen Sinn.

Dabei sind wir Menschen bisher immer besser gefahren, wenn wir freundlich und bescheiden das getan haben, was wir eigentlich viel lieber tun würden, aber wegen unserer versauten Seele nicht gebacken kriegen.

Ein Leben in Würde und Freude zu führen und die ganze Waffensammlung von Neid, Ehrgeiz etc. einfach da hin zu stecken wo sie herkam, in irgendeinen schwarzen Orkus und den Deckel drauf tun.

Das ist meine Narrenhoffnung – und ich suche Menschen die sich genau diese Hoffnung zu eigen machen und sich derer so sicher werden, dass sie sich nicht auf mich, sondern auf ihr eigenes Selbst berufen können. Wenn es dies irgendwann gibt, dann rennt die Menschheit auch den Klugen und Gerissenen davon. Eben weil man Geld nicht essen kann.

Und wenn ich feiere  und dazu um mich Wachen postieren muss, weil da draußen die Menschen durch meine Gier leiden, dann habe ich als ehrlicher Mensch keinen Grund zu feiern, sondern bin schlicht ein gerissenes, Angst habendes Arschloch, eventuell noch mit der Tarnkappe des Klugen.

Ich glaube das reicht jetzt.

Ihnen eine interessante und herzerwärmende kalte Jahreszeit
Und freundschaftliche Grüße  aus Wuppertal

Jemand, der lieber anonym bleiben möchte, hat geschrieben:

Hallo Herr Kreutzer,

mit diesem Artikel haben Sie es diesmal so dermaßen direkt auf den Punkt gebracht, dass ich ihnen am liebsten einen Heiratsantrag schicken möchte. Leider wird die Umsetzung dazu aus natürlichen Gründen nahezu unmöglich sein. Stattdessen möchte ich mich recht herzlich für die heutige Nummer bedanken, mich hats in der Tat sogar körperlich getroffen, ich musste echt für einen Moment aus der sitzenden Position heraus und direkt an ein Fenster gehen. Dabei grübelte es mich, ob ich es wagen kann, ihren Text auf facebook zu verlinken. Dieser weist jedoch eine womöglich schroffe Gangart auf, sodaß sich der ein oder andere vor die hohle Birne getroffen fühlt. Wir wissen ja, dass die mit weniger bevorteiltem IQ-Potenzial die liebsten Menschen auf Erden sein können. Es könnte sich bei denen jedoch ins krass Umgekehrte wandeln wenn sie es eben nicht schaffen, sich selbst während des Lesens / Erlebens dieses grandiosen Textes zurückzustellen und es als Betrachter so zu nehmen, wie es die Realität nun mal auf diese Art und Weise darstellt.

DANKE!!!

Mit den allerbesten Grüßen