Diverses aus dem Reich des Bundes

Vor ein paar Tagen habe  ich einen Kommentar zur Entweltmeisterung geschrieben. Tenor:

Es schickt sich nicht, zu gewinnen, auf dem Siegertreppchen zu stehen, Preisgelder einzuheimsen. Es schickt sich überhaupt nicht, auch nur irgendwie und einen Fingerbreit aus der Masse herausragen zu wollen. Schließlich ist das grundsätzlich nichts anderes als die massivst mögliche und breitenwirksamste Diskriminierung aller anderen.

Die Trainer des Bundes der Männer-Mannschaft haben es zuerst geschafft, sich aus diesem widerlichen Siegen-Wollen mit dem in aller Demut vollzogenen Vorrunden-Aus zu entziehen, dann ist der FC-Bayern nicht einmal mehr deutscher Meister geworden (Nachtrag: jedenfalls gefühlt nicht, ich hatte das bereits total verdrängt) und wie zum Beweis der guten Absicht haben sich dann auch noch die Frauen sang- und klanglos und vereinzelt auf die Rückreise gemacht.

Nun erfahre ich, dass ein Ministerium des Bundes, nämlich das Familienministerium, nach Rücksprache mit der Kultusministerkonferenz, aus dem Nachkriegspazifismus des „Nie-wieder-Krieg“ das viel umfassendere „Nie-wieder-Sieg“ gemacht hat. Eine Einstellung, eine Haltung, die jedoch nicht das „Verlieren“ als das Ideal verherrlicht, nein, nein,  sondern schlicht und einfach den Wettkampf als solchen ächtet, weil es schließlich der Wettkampf ist, der zum Vergleichen erst zwingt  und damit die Lust am Diskriminieren durch ein zur Schau tragbares „Besser-Sein“ erst weckt. Von daher lautet der Beschluss, der nicht etwa vom vermeintlich zuständigen Ministerium des Bundes für Inneres, Heimat und Sport gefasst wurde, schon bei den Jüngsten den Wunsch nach dem Messen der Leistung gar nicht erst aufkommen zu lassen, weshalb die Jugendspiele des Bundes zwar noch stattfinden sollen, dass es auch weiterhin Urkunden geben soll, aber eben keine „Sieger-Urkunden“ mehr, sondern nur noch die so genannten „Dabeisein-ist-alles-Urkunden“. Das gilt zwar erst einmal nur für die unteren Klassenstufen, doch wenn die älter geworden sein werden, wird man nicht umhin kommen, den Wettkampf-Charakter des Sports auch für diese fallen zu lassen, weil sie, sollte man sie dann doch mit einem „Wettkampf“ konfrontieren, damit überhaupt nichts mehr anzufangen wissen werden.

Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Sportvereine bleiben, die bei dem Versuch, Nachwuchs zu rekrutieren, eben nur noch auf Kinder und Jugendliche stoßen, die aus ethischen Gründen auf jegliche eigene Anstrengung verzichten. Wie leicht könnte daraus ein Vergleichen und aus dem Vergleichen ein Gefühl der Überlegenheit und daraus die Lust an der Diskriminierung erwachsen. Wehret den Anfängen!

A propos „wehren“: Der positive Einfluss dieser Maßnahme auf die Wehr des Bundes ist nicht zu unterschätzen. Wo der körperliche Eignungstest bisher eher dazu taugte, die besonders Kleinwüchsigen zur U-Boot-Truppe einzuberufen und die Großwüchsigen in die zur Ehrung von Staatsgästen und abtretenden Kanzlern aufzustellenden Ehren- und Zapfenstreichzelebrierungs-Kompanien einzuteilen, wird auf dieses Instrumentarium künftig gänzlich verzichtet werden müssen, weil schon das Ansinnen, die Körpergröße zu messen und danach Unterscheidungen zu treffen, als gröbliche Verletzung der Menschenwürde anzusehen ist, die bei jedem, der auch nur den Vorschlag dafür unterbreiten sollte, nur noch zur sofortigen unehrenhaften Entlassung aus dem Dienst führen kann.

Selbstverständlich wird es im Fach „Sport“ an den Schulen bald auch nur noch die Note „teilgenommen“ geben können, was dem Streben nach der insgesamt stress- und benotungsfreien Schule einen neuen, kräftigen Impuls geben dürfte. Ist das gelungen, gibt es aber auch nichts mehr, was für die Beibehaltung der Schulpflicht spricht, wobei das staatliche Schulwesen jedoch auf freiwilliger Basis so lange bestehen bleiben kann, wie sich noch ausreichend Eltern finden, die bereit sind ihre Kinder tagtäglich zum Unterricht zu chauffieren. Um die hier lauernden Ungleichheiten von vornherein zu egalisieren, wird man den künftig Unbeschulten, wie auch den Freiwillig-dennoch-Beschulten, ab dem Geburtjahrgang 2023 mit Vollendung des zwölften Lebensjahres das Recht auf die Ausstellung eines Abiturzeugnisses einräumen müssen, was  auch als ein Beitrag des Bundes zur Reduzierung des Fachkräftemangels interpretiert werden könnte.

Spinnen Sie diesen Gedanken selber weiter.

Anderes Thema:

Die Bahn des Bundes, wenn auch nur noch als „Deutsche Bahn“ bezeichnet, so doch nach wie vor im Eigentum des Bundes stehend, deren Züge unter anderem deshalb nur noch so selten pünktlich sind, weil das besonders energieintensive Anfahren und Beschleunigen von der Verfügbarkeit des notwendigen Stroms abhängig gemacht wird, und ein Zug schon auch einmal auf offener Strecke stehen bleiben muss, weil die Oberleitungen zur Vermeidung von Netzüberlastungen vorsorglich stromfrei geschaltet werden, stellt ihre Transportleistungen nach den Regeln des Wettbewerbs unter anderem auch in Großbritannien zur Verfügung. Da Deutschland nur für die Einhaltung der deutschen Klimaschutzziele verantwortlich ist, und nicht etwa für die britischen (wo kämen wir denn sonst hin?), erlaubt sich die Tochter der Bahn des Bundes im Reiche König Charles‘ ihre Züge wieder mit Diesellokomotiven fahren zu lassen, während die bisher eingesetzten Elektro-Loks verkauft oder zur Not auch verschrottet werden sollen, weil der Strompreis einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich macht.

Wenn das der Vizekanzler wüsste!

Noch ein verwirrendes Thema:

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz des Bundes bekommt ein Problem. Es handelt sich um eine so genannte „Spukhafte Fernwirkung“, die eben nicht nur auf die Quantenphysik beschränkt bleiben kann. Sie erinnern sich: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet die so genannten Sozialen Netzwerke, auf Verlangen alles zu löschen, was von den Verlangenden verlangt wird. Geschieht dies nicht oder auch nur nicht rechtzeitig, drohen empfindliche Strafen. Die Strafen drohen allerdings nicht denjenigen, die solche Inhalte gepostet haben, sondern denjenigen, auf deren Plattformen sie erscheinen, weil es sich häufig eben nicht um strafrechtliche relevante Aussagen handelt, sondern um solche, die durchaus von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könnten (Näheres beschließt im Zweifelsfall das Amtsgericht), die stattdessen aber auf diesem Wege vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten werden können.

Nun bleibt eine solche Praxis nicht ohne Folgen für das Unrechtsbewusstsein der folgsamen Bürger des Bundes, vor allem die kleinen und größeren Chefs von Unternehmen halten es für ruf-, umsatz- und gewinnschädlich, sollten deren Mitarbeiter Soziale Medien missbrauchen um dort Meinungen kundzutun, die nicht der vorgegebenen Haltung entsprechen, was wiederum dazu führen kann, dass  – ohne die Justiz zu bemühen – falsche Meinungen zu Abmahnungen und Schlimmeren führen können, was, wie es scheint, ganz im Interesse des Bundes ist.

Nun aber hat sich Elon Musk gegen Zahlung einer unbegreiflich langen Stange Geldes in den Besitz von „Twitter“ gebracht, mit dem Ziel, Twitter, inzwischen unbenannt in „X“, zu einem Hort der freien Meinung zu machen. Doch Musk musste wohl feststellen, dass es nicht genügt, eine Plattform für unzensierte Meinungsäußerungen bereitzustellen, weil die berechtigte Angst vor negativen Folgen am Arbeitsplatz die freie Meinungsäußerung zu einem Luxus hat werden lassen, den sich längst nicht mehr jeder leisten kann.

Um hier Abhilfe zu schaffen, hat Musk nun zugesagt, jedem der wegen eines Postings auf „X“ von seinem Arbeitgeber gemaßregelt wird, unbegrenzten Rechtsschutz zu gewähren.

Das sieht zwar auf den ersten Blick nur nach dem sogenannte Privat-Rechtsschutz aus, hat aber das Potential, das gesamte, auf den undefinierten Begriffen „Hass“ und „Hetze“ aufgebaute Kartenhaus des Meinungskäfigs zum Einsturz zu bringen. Denn zweifellos wird es in jeder solchen rechtlichen Auseinandersetzung darum gehen, die strafrechtliche Relevanz herauszuarbeiten, die es aber in den meisten Fällen nicht gibt, so dass die Anwälte letztlich gar nicht von Musk, sondern von der unterlegenen Partei bezahlt werden müssen.

Damit dürfte eine zunehmende Beliebtheit von „X“ einhergehen, was sich für die Konkurrenz negativ auswirkt. Dort könnte man, schlicht mit Verweis auf die mit Musks Hilfe erklagten Klarstellungen, versuchen, die im Netzwerkdurchsetzungsgesetz festgeschriebenen Löschpflichten vor dem Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erkennen zu lassen, zumal der Gesetzgeber  versäumt hat, die Kriterien für löschungspflichtige Einräge  ausreichend zu spezifizieren. Natürlich kann man deshalb die Löschpraxis fortsetzen, aber das Damoklesschwert der horrenden Strafen, sollte nicht fristgemäß gelöscht werden, wäre aus der Welt und damit auch dort eine Lockerung zu beobachten.

Besonders spannend – und darauf warte ich mit gewisser Vorfreude – wird der erste Prozess gegen einen Beschäftigten des Bundes sein. Gleichgültig, ob es ein Angestellter, ein Beamter oder ein Soldat sein wird, der gegen seinen Dienstherrn sein Recht auf Meinungsfreiheit durchzusetzen vermag: Das wird eine klatschende Ohrfeige, deren Widerhall noch für Jahrzehnte zu hören sein wird.

Es sei denn, es wird noch rechtzeitig ein Urteil gegen Musk wegen unlauteren Wettbewerbs erwirkt, weil er das Geschäft der in Deutschland zugelassenen Rechtschutzversicherer unterläuft, oder es wird gleich ein  Gesetz erlassen, das zum Beispiel „das Gute Rechtspflege Gesetz“ genannt werden könnte, mit dem es verboten wird, wegen „Hass- und Hetze-Angelegenheiten“ klagende Arbeitnehmer im Rechtsstreit zu unterstützen, da dies grundsätzlich einer missbräuchlichen Ausnutzung der in Art. 19 IV GG gegebenen Rechtsweggarantie gleichkomme, wobei Art. 19 IV aufgrund der erweiterten Auslegung des Gleichheitsgebotes nach Art. 2 eben nicht als auf die Rechteverletzung durch die öffentliche Gewalt eingeschränkt betrachtet werden darf, sondern auch Rechtebeschränkungen durch Dritte, insbesondere Arbeitgeber umfasst.