Die FDP und das Bürgergeld

Christian Lindner bleibt aus offenbar nur ihm einleuchtenden Gründen dabei, dass ihm zur Vorlage eines verfassungsgemäßen Haushalts für das nächste und hoffentlich letzte Jahr der Ampelkoalition immer noch  fünf Milliarden Euro fehlen.

Wir sprechen hier von etwa einem Hundertstel des Bundeshaushaltes, also praktisch von nichts. Nur zum Vergleich: Bei einem Arbeitnehmerhaushalt mit einem monatlichen Netto-Einkommen von 2.500 Euro wären das gerade einmal 25 Euro. Es ist nicht bekannt, dass Arbeitnehmerhaushalte mit einem monatlichen Netto-Einkommen von 2.475 Euro sich erkennbar schlechter stellen also solche mit glatt 2.500 Euro. Es geht um 82 Cent pro Tag, und darum, dass bei planvoller Haushaltsführung das Geld in diesem Fall am Monatsletzten statt um 24.00 Uhr schon um 16.48 Uhr zu Ende wäre.

Darum ein solches Gedöns zu machen ist schlicht absurd.

Lindners Plan, sich die fünf Milliarden dadurch zu beschaffen, dass er sie nicht ausgibt, ist von der Analogie zum Arbeitnehmerhaushalt vollkommen korrekt. Diese letzten fünf  Milliarden spielen keine Rolle und am besten wäre es, ihnen mit der Ausweitung der pauschalen Minderausgabe zu begegnen, die gleichmäßig von allen Ressorts zu tragen sein sollte.

Soweit geht die Freundschaft seiner Ministerkollegen in der Koalition aber offenbar nicht. Es müsste ja auch nicht gleich Freundschaft sein, die zum Einlenken bewegt, es würde ja genügen, wenn die Einsicht in die Notwendigkeit zustande käme, aber auch die Einsicht in offenkundige Notwendigkeiten tritt hier weit hinter den Ressort- und Partei-Egoismen zurück, so dass Lindner – ob das klug ist, sei dahingestellt – mit maximaler Schadwirkung für die SPD droht, indem er die pauschale, undiffferenzierte Kürzung des Bürgergeldes um bis zu 20 Euro pro Monat als seinen Lösungsvorschlag präsentiert.

Aus dem einen (1) Prozent vom Bundeshaushalt, die praktisch nicht auffallen, werden auf diese Weise 3,6 Prozent des frei verfügbaren Einkommens, die dem Bürgergeldempfänger genommen werden sollen. Übertragen  auf den 2.500-Euro-Arbeitnehmerhaushalt hieße das, dass nur noch 2.410 Euro zur Verfügung stehen, was dann eben doch allmählich in den Bereich des Spürbaren gelangt.

Natürlich geht es weder um die lächerlichen fünf Milliarden, noch um die Kürzung des Bürgergeldes.

Es geht um den Streit,

ob die Schuldenbremse abgeschafft, bzw. aufgeweicht
oder aber, so wie sie ist, beibehalten werden soll.

Die Unnachgiebigkeit mit der die roten und grünen Ministerien auf ihren Etatwünschen bestehen, dient doch nur dem Zweck, die notwendige 2/3 Mehrheit für die Grundgesetzänderung herbeizuführen – und, das ist etwas schwerer zu erkennen – mit seiner Bürgergeldkürzungsinitiative gelingt es Lindner, sich die Hände in Unschuld waschend, mit zum Zustandekommen dieser Mehrheit beizutragen.

Verstehen Sie? Nur wegen der  Schuldenbremse kann man doch die armen Bürgergeldempfänger nicht noch schlechter stellen. 563 Euro sind doch sowieso schon zu wenig, und davon noch 20 Euro wegnehmen – nein! Da zeigt sich, dass die Schuldenbremse eben doch auch ihre Schattenseiten hat, und daran sollten wir jetzt etwas ändern.

Netter Versuch!

Auf diese Weise lassen sich die echten Problemstellungen wunderbar unter der Decke halten und stattdessen mit moralisierenden Argumenten auf die Wähler zielen, die in der Demontage der Schuldenbremse keinesfalls einen Anlass erkennen sollten, ihre Wahlentscheidung für SPD oder Grüne zu revidieren, während die FDP Klientel glauben darf, die FDP brauche einfach mehr Stimmen, mehr Sitze, mehr Verantwortung in Berlin, um sich in Zukunft besser gegen die Gelüste ihrer Koalitionspartner durchsetzen zu können.

Hätte Lindner wirklich die Absicht, beim Bürgergeld zu sparen, er hätte einen anderen Vorschlag vorlegen müssen, nämlich den, innerhalb der vier Millionen  Bürgergeldempfänger gleich in zweierlei Hinsicht deutlich zu differenzieren.

  1. Zwischen deutschen Staatsbürgern, denen Unterstützungsleistungen aus den deutschen Sozialsystemen grundsätzlich zustehen und Einwohnern anderer Staatsbürgerschaften, denen Leistungen aus dem deutschen Sozialsystem aus humanitären Gründen gewährt werden.
    Weil sehr  viele Indizien dafür sprechen, dass die hohen Leistungen aus dem deutschen Sozialsystem ein wesentlicher Pullfaktor für Armutsmigranten sind, Deutschland als Zielland auszuwählen, könnte eine Kürzung der Leistungen für diese Gruppe nicht nur helfen, die fehlenden fünf Milliarden einzusparen (es müsste dafür bei diesem Empfängerkreis um 40 Euro pro  Monat gekürzt werden), sondern – bei deutlich stärkerer Kürzung – auch den Zuzug zu verringern, ohne dass dafür weitere Maßnahmen (Grenzkontrollen, etc.) erforderlich wären.
  2. Zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Leistungsempfängern. Hier könnte grundsätzlich auf die Verweigerung von Arbeitsangeboten mit Kürzung oder Streichung des Bürgergeldes reagiert werden, soweit die zu erwartenden Einkünfte aus Arbeit den Leistungsumfang des Bürgergeldes erreichen. Die hieraus zu erwartenden Einsparungen sind schwerer abzuschätzen, da gerade unter den Bedingungen der Rezession unklar ist, in welchem Umfang überhaupt Arbeitsangebote gemacht werden. Für die fünf Milliarden, die Lindner fehlen, dürfte es aber reichen, wenn es nur gelingt, jedem fünften Erwerbsfähigen im Bürgergeldbezug ein Jobangebot zu unterbreiten. Wird es angenommen, entfallen die Leistungen, und wird es nicht angenommen, entfallen die Leistungen ebenfalls.

Wie bereits angesprochen, halte ich den Versuch, den Haushalt mit Kürzungen beim Bürgergeld zu retten, für ein taktisches Manöver, um die Schuldenbremse leichter zu Fall bringen zu können.

Ginge es um wirkliches Sparen, gäbe es auch noch ganz andere Positionen, an denen angesetzt werden könnte. Bürgergeld, wie wenig berechtigt seine Auszahlung im Einzelfall auch sein mag, ist die Umwandlung von Steuergeld in Binnenkaufkraft. Das Bürgergeld ist nicht weg, es hilft zunächst dem Einzelhandel und den Dienstleistern wichtige Deckungsbeiträge zu generieren und wirtschaftlich zu überleben.

Die deutschen Beiträge an die Vereinten Nationen, die weit über den regulären Beitragsforderungen liegen, sind ebenso weg, wie die Netto-Zahlungen an die EU und die Ausschüttungen im Rahmen der Entwicklungshilfe, an deren Sinnhaftigkeit durchaus in etlichen Fällen gezweifelt werden darf. Auch die Hilfen für die Ukraine, die allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz, nur als von den USA eingeforderte Tributzahlungen zur Finanzierung eines Zermürbungskrieges gegen Russland angesehen werden können, sind weg, wobei damit gleichzeitig ein Teil der Verantwortung für diesen Krieg übernommen wird, der keinesfalls im Interesse des deutschen Volkes, noch nicht einmal im Interesse der deutschen Wirtschaft liegt. Nimmt man die für 2025 eingeplanten Kosten für die in 2025 in Deutschland eintreffenden Migranten hinzu, dürfte aus den genannten Posten alleine das Zehnfache an Einsparungen gelingen können. Nicht fünf, sondern fünfzig Milliarden, was immerhin ermöglichen würde, 45 Milliarden Euro neuer Schulden nicht aufzunehmen, und das sogar ohne beim Bürgergeld zu sparen.

Es mag sein, dass zwischen echter Politik und Schmierentheater zu unterscheiden, früher schwieriger war, weil sich Regie und Darsteller deutlich mehr Mühe gegeben haben, es nach Einhaltung des Amtseides aussehen zu lassen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass es viel einfacher geworden ist, der Masse der Wähler einzureden, die amtierende Bundesregierung sei das Optimum dessen, was ihnen an Abwehr von Schaden und Mehrung des Nutzens in diesen schweren Zeiten überhaupt zur Verfügung gestellt werden könne.