Der verklärte Blick des SPD Generalsekretärs – oder – Kevin allein zu Haus

SPD will Scholz erst im Sommer 2025 zum Kanzlerkandidaten küren

Das vermeldet heute die Nachrichtenagentur dts (Deutsche Textservice Nachrichtenagentur GmbH, Halle an der Saale),  und bezieht sich dabei auf Kevin Kühnert.

Kevin Kühnert soll das gegenüber dem (sinkenden) STERN damit begründet haben, dass das Regieren leiden könnte, sollte die „Kanzlerpartei“ schon Monate vor der Wahl  auf Wahlkampf getrimmt werden. Und weil bei der SPD personelle Klarheit herrsche, sei das problemlos möglich.

Sorry. Für mich ist das vollendeter Blödsinn. Was hat  Kühnert da wirklich gesagt?

Olaf Scholz ist Kanzlerkandidat der SPD, da herrscht Klarheit.
Aber wir sagen es ihm erst im Sommer 2025,

weil sonst das Regieren darunter leidet?

Olaf Scholz, dessen Regieren bisher anmutet wie eine unablässige, erfolglose Suche nach der Richtlinienkompetenz, ein Kanzler, bei dem die Mäuse auf dem Tisch tanzen, auch wenn er gar nicht außer Haus ist, dessen Regieren soll darunter leiden, dass man ihn zu früh daran erinnert, dass er noch einmal antreten muss, weil es sonst in der SPD niemanden mehr gibt, der in seinen Juso-Zeiten am Zaun des Kanzleramtes rüttelte und erklärte: „Ich will hier rein!

Was, bitte, soll da noch leiden können?

Menschen mit einer Aufmerksamkeitsspanne von maximal drei Minuten erinnern sich natürlich nicht, dass Scholz damals zum Jagen getragen werden musste, dass man ihn, in Ermangelung jeglicher Art von Personaldecke, vorne hingestellt hat, aber nicht daran dachte, ihm mit dem Parteivorsitz auch die Macht zu geben, die eigenen Genossen zu disziplinieren. Da hat er – ich meine weniger aus Pflichtgefühlt, mehr  dem Gruppenzwang nachgebend – am Ende zugesagt, den Kandidaten zu geben.

Ich erinnere an meine Parodie „Planungsbüro Wunsch & Wille„, eine Fortsetzungs-Story, die im Januar 2021 mit dem ersten zaghaften Versuch, die Rolle des Kandidaten anzunehmen begonnen hat. Wenn Sie Lust haben, dürfen Sie gerne noch einmal mitschmunzeln, auch wenn das heute schmerzliche Erinnerungen an bessere Zeiten hervorrufen mag.

Zurück zu Herrn Kühnert. Er hat ja noch etwas Schönes gesagt.

Er hat gesagt, er müsste sofort zurücktreten, sollte er etwas anderes sagen als „die SPD sei unabhängig von der Ampel (an 365 Tagen im Jahr) im Falle von Neuwahlen kampagnenfähig“.

Was hat er denn damit gesagt?

„Würde ich die Wahrheit sagen,
wäre das das Aus für meine Karriere?“

Und warum sagt er so etwas? Weil er meint, sich vor den Interviewpartnern vom STERN für diese Aussage entschuldigten zu müssen, weil er sie selbst nicht für glaubwürdig erachtet, und auf diese Weise darum hofft, eine „Beißhemmung“ auszulösen, die ihn vor peinlichen Nachfragen schützt?

Noch einen Satz zitiert die dts Nachrichtenagentur, allerdings weit weniger genüsslich als das möglich gewesen wäre. Aber es ist halt eine Nachrichten-Agentur – Kommentare bleiben anderen vorbehalten.

Er sei überzeugt, der  Vorwurf  sei überwiegend unzutreffend, er nähme es aber ernst, wenn der Eindruck entstehe

„die Ampel würde ins Leben der Leute hineinregieren wollen.“

Da ist sie wieder, im neuen Gewand, die alte zauberkräftige Beschwörungsformel:

„Die Leute verstehen das nicht.
Wir müssen es besser erklären.“

Es gibt Sachverhalte, die mit den Erklärungen einfach nicht übereinstimmen. Nach gut zwei Jahren Ampel muss das Gegenteil in den Regierungsverlautbarungen schon mit der Lupe gesucht werden.

Aber Politiker sind in der Regel – selbst wenn sie dazu in der Lage wären – nicht gewillt, die Sachverhalte so zu ändern, dass sie mit ihren Erklärungen übereinstimmen, und die Erklärungen so zu verändern, dass sie mit den Sachverhalten übereinstimmen, das geht gar nicht.  

Wo bliebe denn da die Glaubwürdigkeit?