Das Zensur-Syndrom

Während die großen Lautsprecher abwechselnd ihr „Friede-Freude-Eierkuchen“  und ihr „Wir  sind umzingelt von Feinden“ in die Welt hinausposaunen, so dass das Gute, Wahre und Schöne vom Bösen, Verlogenen und Hässlichen fein säuberlich getrennt für das Publikum serviert wird, geht ein Raunen durch die kleinen und ganz kleinen Lautsprecher. Sie rufen sich gegenseitig zu: „Vorsicht! Es wird gesperrt. Vorsicht! Es wird gelöscht! Schon wieder hat es einen von uns erwischt. Vorsicht!“

Wenn, was selten genug vorkommt, einer der großen Lautsprecher zu solchen Gerüchten Stellung nimmt, dann heißt es nicht nur, das sei eine übertriebene Darstellung von bedauerlichen Einzelfällen. Es heißt auch, die Meinungsfreiheit sei  ein hohes Gut, und vor allem heißt es: Hass und Hetze können nicht geduldet werden. Da muss der Rechtsstaat seine Zähne zeigen. Auch vor Fake-News, wie sie von Verschwörungstheoretikern verbreitet werden, müssen die Menschen geschützt werden.“

Gut, wenn da jemand  der Überzeugung ist, Herr X sei ein Arschloch, und dies über Facebook, Twitter oder Telegram verbreitet, verbunden mit der Aufforderung, Herrn X das Haus anzuzünden, dann sollte es Mittel und Wege geben, diesen Herrn X, selbst wenn er tatsächlich ein Arschloch sein sollte, vor solchen Anfeindungen zu schützen.

Wenn aber Herr Y seine Meinung bezüglich Gender-Mainstreaming kundtut, Herr Z sich kritisch zu mNRA-Impfstoffen äußert, Frau A darüber spricht, dass es Klimawandel schon immer gegeben hat und Frau B glaubt, die EU sei Gift für Deutschland, wer muss dann warum vor wem geschützt werden?

Es handelt sich in allen Fällen doch zunächst einmal um Meinungsäußerungen, um Diskussionsbeiträge. Vor allem dann, wenn diese Beiträge gut begründet und sachlogisch schwer oder gar nicht zu widerlegen sind, ist es doch ausgesprochen schädlich, sie nicht nur nicht zu beachten, sondern die Damen A und B sowie die Herren Y und Z von der Diskussion auszuschließen und sie quasi mundtot zu machen.

Es ist vollkommen gleichgültig, welche Mittel und Methoden zum Einsatz kommen und welche offizielle Bezeichnung für solches Vorgehen als allein zulässig vorgegeben wird: Es ist und bleibt schlicht und einfach Zensur. Selbst die Festlegung auf „Bekämpfung von Hass, Hetze und Fake-News“ oder „Stärkung der Demokratie“, was nur von Verfassungsfeinden in heimtückischer Weise als „Zensur“ verleumdet würde, ist schon Zensur.

Man kann an dieser Stelle zufrieden zum Tagesgeschäft übergehen, weil das Kind ja nun einen Namen hat. Man kann sich auch ein Weilchen darüber empören, dass Zensur tatsächlich stattfindet und, wenn’s hochkommt, auf die Straße gehen und gegen die Zensur demonstrieren. Alles gut und schön. Nur führt das keinen Schritt weiter.

Man muss schon die Frage stellen: „Wem nützt die Zensur?“, will man vom Beklagen der Symptome zur Erkenntnis der Ursache gelangen.

Doch ein „Cui bono?“ alleine bleibt so lange unbeantwortet, wie nicht fein säuberlich analysiert ist, was Zensur eigentlich bewirkt. Das beginnt mit der Überprüfung der Wirksamkeit in Bezug auf die vorgeblichen Zwecke. Da stellt man fest, dass das, was die Zensoren als Hass einordnen ebenso unterdrückt wird, wie das, was als Hetze angesehen wird und dass letztlich auch das, was in die Kategorie „Fake News“ fällt, tatsächlich weitgehend und dabei oft sogar weit über das Ziel hinausschießend ausgetilgt wird.

Doch Vorsicht! Was ist denn damit erreicht? Wurden Einwände und Kritik entkräftet? Ist es gelungen, die alten Werte, die da noch hochgehalten werden, mit guten Argumenten durch die neuen zu ersetzen? Nein. das ist nicht der Fall. Lediglich ihre Stimmen konnten leiser gemacht, ihre Reichweite begrenzt, ihr Einfluss verringert werden.

Wem ist das zum Vorteil?

Ginge es darum, die Wahrheit zu schützen, oder doch zumindest den aktuellen Stand der Erkenntnis hochzuhalten, wäre es doch ein Leichtes, diese Wahrheit in aller Schönheit auf den Tisch zu legen, so dass aller Zweifel, alle Kritik, alle Lüge sich selbst bei hochkomplexen Themen nach und nach von alleine erledigen würden. Es ist ja nicht so, dass die Kritiker einfach nur blöde sind und ihnen jegliches Verständnis fehlt. Im Gegenteil: Die Kritiker verfügen in der Regel über einen scharfen analytischen Verstand, mit dem sie Unstimmigkeiten entdecken, Fehler erkennen und konstruktive Lösungsvorschläge vorlegen können. Beispiele dafür, dass sich die Argumente der Kritiker am Ende als die besseren herausgestellt haben, gibt es in Hülle und Fülle.

Zensur schützt nicht die Wahrheit. Die Wahrheit wäre sich selbst Schutz genug.

Was aber bleibt übrig, wenn die Wahrheit als Objekt des Schutzes ausgeschlossen worden ist?

Nun, am harmlosesten erscheint es, wenn Zensur lediglich einen Irrtum schützt. Zensur kann aber auch die Aufrechterhaltung einer Überzeugung oder eines Dogmas schützen, und Zensur kann eine bewusst in die Welt gesetzte Lüge schützen. In allen drei Fällen geht es aber letztlich darum, die Vorteile zu erhalten, die durch den Irrtum, das Dogma oder die Lüge gewonnen werden. Es ist dabei vollkommen unwesentlich, ob sich diese Vorteile auf materielle oder ideelle Werte beziehen. Stets geht es darum, die Aufklärung des Irrtums, die Korrektur der falschen Überzeugung oder die Aufdeckung der Lüge aus egoistischen Motiven nach Kräften zu verhindern.

Zensur ist nun aber nichts, was eine einzelne Person zur Sicherung ihrer Vorteile bewerkstelligen könnte. Zensur braucht einen Apparat, eine Organisation, Mittäter, Nutznießer, die sich einig sind, an ihrem Irrtum, ihren Dogmen und Lügen nicht rütteln zu lassen.

Man nennt so etwas „eine Verschwörung“.

Daraus folgt:

Zensur ist in der Demokratie
der alleine vollständig ausreichende Beweis
für eine Verschwörung gegen den Souverän.

Von hier aus sollten Sie für sich selbst weiterdenken.

Cui bono?