Das „sehr schöne“ Lieferkettengesetz

Ich nehme an, Sie haben davon beiläufig gehört. Es wurde ja kurz in der Hofberichterstattung gefeiert.

Die großartigste Koalition, die die Welt seit Beginn der Aufzeichnungen je gesehen hat, und an deren Wesen wieder einmal die ganze Welt genesen soll, hat in musterknabender Weise ihr soziales Gewissen mit einem neuen Gesetz gekrönt, das den Hunger, die Not, die Krankheit, die Betriebsunfälle, und was es sonst noch alles an Malaisen gibt, überall, jedoch nur außerhalb der offenen deutschen Grenzen, zum Verschwinden bringen soll.

Wie das geht? Kurz und ein bisschen überspitzt auf den Punkt gebracht, geht da so:

Wer aus dem nichtdeutschen Ausland (Ja, da dürfen Sie mal kurz stutzen!)
Güter, Waren, Rohstoffe, Halbfertigerzeugnisse, Dienstleistungen, etc.
sich verschafft und in Verkehr bringt,
wird bestraft, wenn sich herausstellen sollte, dass irgendwo in diesem Ausland, wo alles herkommt,
ein Unternehmer oder ein staatseigener Betrieb

seine Mitarbeiter schlecht behandelt hat,
gegenwärtig schlecht behandelt,
oder möglicherweise sogar noch viel früher
schlecht behandelt gehabt haben könnte.

Da wird dann eine Jeans, meinte Herr Müller Altmaier, den ich noch nie in Jeans gesehen habe, im Einkauf nicht mehr fünf, sondern halt sieben Euro kosten. Die zwei Euro, meint Müller Altmaier, machen das Kraut auch nicht mehr fett. Die hat jeder übrig, der sich eine Jeans leisten kann. Soll ja Textildiscounter geben, die das möglich machen.

Außerdem kostet das den Staat nichts. Er verdient sogar daran. Es kommt zwar noch nicht alles, was bei uns in den Schaufenstern steht aus Billiglohnländern, aber doch ziemlich viel. Letztes Jahr haben die privaten Haushalte in Deutschland für den privaten Konsum knapp 1,8 Billionen Euro ausgegeben. Das ist eine schöne Stange Geld. Nehmen wir an, die Hälfte davon floss für Miete, Nebenkosten und sonstige rein in Deutschland geschaffene Wertschöpfung, dann stehen immerhin 900 Milliarden Euro Umsatz unter Verdacht, mit dem Lieferkettengesetz in Kollision zu geraten.

Bedenken Sie bitte: In den USA gibt es keinen funktionierenden Krankenversicherungsschutz, keinen Kündigungschutz, keine gesetzlich geregelten Arbeitszeiten, und überhaupt nur raubtierkapitalische Ausbeutungsverhältnisse. Auch in den Mitgliedsstaaten der EU werden vielerorts Hungerlöhne bezahlt, was es ermöglicht, die zum Beispiel in der Fleischindustrie, auf dem Bau, in der Gastronomie bei uns tätigen, von Sub-Sub-Unternehmen herangekarrten Arbeitskräfte mit dem oft nicht (aus-) gezahlten Mindestlohn in ein, für deren Verhältnisse, „Einkommensschlaraffenland“ zu locken – und Asien und Afrika kann man sowieso gleich vergessen. Auch Hongkong ist ja jetzt von den Chinesen völkerrechtswidrig annektiert worden.

Wo auf der Welt, bitteschön, gibt es keine ausbeuterischen, jeglichen Arbeitsschutzvorschriften Hohn sprechenden Arbeitsverhältnisse? Nicht einmal Deutschland ist da so sauber, wie die MäFradeWe den Rest der Welt gern sehen möchte.

Diese Riesenschweinerei herauszuschnüffeln, dass es nirgends auf der Welt gerechten Lohn und menschengerechte Arbeitsverhältnisse geben kann, weil der Kapitalismus das gar nicht zulasen kann, ohne sich selbst zu zerstören, wird sich vermutlich bald auf deutschem Boden eine neue, Stasi-ähnliche Stiftung gründen, die erst mit hohen Zuwendungen aus dem Steuersäckel aufgepäppelt wird, um dann die deutschen Importeure, Groß- und Einzelhändler mit Abmahnungen wegen Verstoßes gegegn das gute Lieferkettengesetz zu überziehen. Wenn das gut funktioniert, und warum sollte es das nicht, die Amadeo-Dingsbums-Stiftung, und die andere, die DUH, die funktionieren ja auch, dann wird die Preissteigerung von nur klitzekleinen 40 Prozent im Einkauf bei den Verkaufspreisen an der Ladenkasse mit mindestens noch 15 Prozent durchschlagen.

Statt 900 Milliarden müssen für den privaten Konsum dann eben 1035 Milliarden abgedrückt werden, und weil die Mehrwertsteuer noch oben drauf kommt, wird es nicht nur 135 Milliarden teurer, sondern gleich 160 Milliarden. 25 Milliarden jährlich für den Fiskus generiert, mit einem einzigen kleinen, ganzweltwohltätigen Gesetz. Oh Olaf!

Ich kenne das von früher. Da hat man mir das Märchen von der verschütteten Milch erzählt, also vom Milchmädchen, das sich ausgerechnet hat, wie reich es werden wird, wenn es seine Milch erst auf dem Markt verkauft haben wird, bevor die Kanne umfiel.

Die Wirkung wird eine gänzlich andere sein. Es gibt da eine schlimme und eine weniger schlimme Variante.

Die weniger schlimme Variante sieht so aus, dass sich die deutschen Konsumenten immer mehr vom deutschen Einzelhandel ab und den internationalen Versandhändlern zuwenden. Da können sich diejenigen deutschen Konsumenten, die nicht durch Kurzarbeit, Insolvenz, Entlassungen das Einkommen verloren haben, weiterhin jedes Jahr ihre Jeans zum weiterhin normal-niedrigen Preis kaufen, während die Beschäftigten in den Herstellungsländern weiterhin unter den unveränderten Bedingungen ihre Arbeit verrichten. Der deutsche Einzelhandel geht halt kaputt, aber wer braucht den schon, wenn die Versandhändler glaubhaft behaupten, sie arbeiteten CO2-neutral. Ist doch besser für das Klima, für die Eisbären und für die ganze vom Untergang bedrohte norddeutsche Tiefebene.

Die schlimmere Variante sieht so aus, dass – weil die Einkommen ja nicht um 15 Prozent plus MwSt. steigen – die Nachfrage im gleichen Umfang zurückgeht, so dass die Arbeitslosigkeit in den Ursprungsländern wieder ansteigt, was als Kollateralschaden vor allem deshalb leicht in Kauf genommen werden kann, weil „keine Arbeit“ auf jeden Fall besser ist, als eine Arbeit, die im Widerspruch zum Lieferkettengesetz steht.Trotzdem  geht auch noch ein Teil des deutschen Einzelhandels kaputt, was ja andererseits, wie schon erwähnt, gut fürs Klima und die Einhaltung der Abstandsregeln ist.

Es hat ja auch niemand für möglich gehalten, dass man mit einer Mietpreisbremse die Investitionen in den Wohnungsbau in den Keller fahren könnte. So verrückte Sachen passieren halt. Wenn aber erst mal die ganzen alten weißen Männer weg sind, vom Fenster, dann wird aus Minus wieder Plus, aus grün und rot wird rot und grün, der Regen fällt hinauf, in die Wolken und alle Kalle-Murks-Straßen werden in Karl-Marx-Alleen umbenannt.

Ich könnte jetzt sagen, es ist die Hybris, die wieder einmal alle Grenzen sprengt.

Aber damit würde ich Fake News verbreiten, weil es die Grenzen ja schon länger nicht mehr gibt.

Also sage ich es lieber volkstümlicher:

Es sind nicht zwingend die Augen, die bei denen offen sind, die vorgeben, mit einem Lieferkettengesetz Schaden vom Deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren.

Das behaupten die gar nicht? Die schwören das nur?

Wäre aber wenigstens eine wohltuend mildtätige Lüge, finden Sie nicht auch?