Demnächst: Landesverteidigung an Wolga und Don?

PaD 27 /2024  – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 27 2024 Landesverteidigung an Wolga und Don

 

Es steht ein Soldat am Wolgastrand,
di didi-lum didi-lumdumdum

Es gibt einen Operationsplan Deutschland. Der BILD war es gegeben, diesen „Geheimplan“ ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Drumherum wird viel erzählt, geschrieben, vermutet, auch gewarnt.

Ich möchte diese Thematik ganz entspannt analytisch angehen.

Ein souveräner Staat, der gem. Art. 87a seines Grundgesetzes Streitkräfte zur Verteidigung aufgestellt hat, aber über keinen eigenen Plan verfügt, wie diese in welchen Situationen optimal zum Einsatz kommen sollen, müsste – so er wirklich souverän ist – als „Idiotenstaat“ bezeichnet werden, der Milliarden für Verteidigung zum Fenster hinauswirft, ohne zu wissen warum und wozu.

Der „OPLAN DEU“, in dem nicht nur die Rolle der Bundeswehr im Kriegsfall beschrieben wird, sondern auch die Rolle der Zivilschutzkräfte und ziviler/privatwirtschaftlicher Unternehmen, ist also die notwendige immaterielle Ergänzung zur materiellen Rüstung und von daher eine Selbstverständlichkeit.

Ebenso ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ein solcher Operationsplan regelmäßig überprüft und überarbeitet wird, um ihn an veränderte Gegebenheiten anzupassen.

Nach meiner Einschätzung sollte ein Operationsplan für Deutschlands Landesverteidigung auf der militärischen Seite mit zwei Hauptkomponenten auskommen, nämlich

erstens, einer Abschreckungskomponente,

die aus Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen besteht, die in der Lage sind, auf dem Gebiet des potentiellen Angreifers massive Schäden anzurichten, so dass jeglicher Angriff, kaum dass er begonnen wird und unabhängig davon, mit welchen Waffen er vorgetragen wird, unmittelbar zu schwersten Verlusten des Gegners führen wird, und

zweitens, einer Abwehrkomponente,

die ausreicht, um die Wirkung der feindlichen Waffensysteme um mindestens 90 Prozent zu reduzieren. Dabei sollte es sich, was Deutschland betrifft, vor allem um eine perfekt aufgebaute Luftverteidigung handeln, die flächendeckenden Schutz für die Ballungszentren und großen Städet, sowie punktuellen Schutz für wichtige Objekte der zivilen und militärischen Infrastruktur bietet.

Die Bundeswehr im heutigen Zustand hat in beiden Bereichen keine oder nur quantitativ vollkommen unzureichende Systeme zur Verfügung, für die überdies nur ausgesprochen geringe Munitionsvorräte vorgehalten werden.

 

Doch wenn Du glaubst, es geht nicht mehr,
kommt irgendwo ein Lichtlein her:

So haben die USA jüngst beschlossen, Deutschland bei der Abschreckungskomponente ganz massiv unter die Arme zu greifen. Nicht nur weitreichende US-Raketen und US-Marschflugkörper, sondern auch die noch in Entwicklung befindlichen US-Hyperschallraketen sollen schon bald auf deutschem Territorium stationiert werden. Wer darüber die Befehlsgewalt ausüben wird, wurde von meinen Quellen nicht explizit berichtet.

Die andere, die Abwehr-Komponente ist für die USA verständlicherweise von geringerem Interesse. Hier wird sich Deutschland selbst bemühen müssen, seinen Schutzschirm zu errichten. Vorausgesetzt, das Geld dafür kann noch irgendwo aufgetrieben werden, denn für die Stationierung der US-Fernwaffen zur Abschreckung wird Deutschland auch zahlen müssen und voraussichtlich nicht zu wenig.

Bis dahin kann davon ausgegangen werden, dass der OPLAN DEU dem entspricht, was man von einem Staat, der nicht zu den Idiotenstaaten zählt, erwartet werden kann. Ganz unabhängig davon, ob man die Risikoabwägung, die dem Plan zugrunde liegt, teilt. Da wissen wir übrigens zu wenig. Dem können wir nur unseren gesunden Menschenverstand entgegenstellen, doch die Zugänge zu belastbaren Informationen bleiben uns verschlossen. Inwieweit Bundesregierung, Bundestag und Bundeswehrführung darüber verfügen, bleibt eine offene Frage.

Bis dahin. Und nicht weiter.

Das Ding mit dem Namen OPLAN DEU entpuppt sich bei näherem Hinsehen allerdings nicht als ein Konzept der Landesverteidigung eines souveränen Staates, sondern als Detail eines Planes zum Schutz des Aufmarsches von NATO-Truppen in Richtung Russland.

Das ist keine von mir aus der Luft gegriffene Spekulation, das ist die zentrale von der Bundeswehr über den OPLAN DEU veröffentlichte Aussage:

Die zentrale Einflussgröße bei der Erstellung des Operationsplans sind die Forderungen der NATO an Deutschland, die sich aus der geostrategischen Lage unseres Landes im Herzen Europas ergeben. Die wesentliche Aufgabe des TerrFüKdoBw besteht in diesem Kontext darin, den vorgesehenen Aufmarsch und die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte in der Drehscheibe Deutschland sicherzustellen, um so die Voraussetzungen für eine glaubhafte Abschreckung und zur Verteidigung im Rahmen der Krisen- und Konfliktbewältigung des Bündnisses zu schaffen.“

Frank Fähnrich, Kapitän zur See, im Territorialen Führungskommando der Bundeswehr für die Operationsplanung zuständig, betont an anderer Stelle auf der Website der Bundeswehr, dass Deutschland innerhalb der NATO kein Frontstaat sei. Deshalb gehe es zunächst einmal um die logistische Unterstützung der Verbündeten.

Alice Schwarzer, die von woke-links inzwischen ungeliebte Frauenrechtlerin, hat in ihrer Publikation „Emma“ zynisch-sarkastisch gefragt:

„Sollen wir schon mal Kaffee kochen und Winken üben für die gen Osten ziehenden US-Soldaten? Die Unseren sind derweil, sagt der General, ja schon längst an der Front gebunden.“

Ja, das hat Generalmajor André Bodemann, Chefplaner des OPLAN DEU, tatsächlich so gesagt und so gemeint.

Die Plattform „ntv“ berichtet am 12.07.24 um 13.14 Uhr unter Berufung auf einen Artikel im SPIEGEL:

„Für den Fall einer möglichen Eskalation an der NATO-Ostflanke planen Bund und Bundeswehr die Verlegung Hunderttausender Soldaten aus Mitgliedsstaaten der Allianz durch Deutschland. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf informierte Kreise. Bei den Plänen geht es darum, innerhalb von drei bis sechs Monaten rund 800.000 Soldaten mit rund 200.000 Fahrzeugen von Nordseehäfen in den Niederlanden, Belgien und Deutschland nach Osten verlegen zu können. Den Angaben zufolge wäre es eine Kolonne von etwa 13.000 Kilometer Länge. Die Vorbereitungen sind Teil des als geheim eingestuften Operationsplans Deutschland, den die Bundeswehr erarbeitet hat, um Deutschland kriegstüchtig zu machen.“

Was kann aber gemeint sein, mit: „… eine mögliche Eskalation an der NATO-Ostflanke“?

Vorsicht!  Niemand spricht in der Ausarbeitung von OPLAN DEU explizit davon, Russland werde das Baltikum, Polen, Tschechien, die Slowakei und Österreich überfallen, wie das von manchen Zivilisten in politischen Funktionen gerne an die Wand gemalt wird.

Die Eskalation könnte auch aus der anderen Richtung vorgetragen werden.

Ein mir wahrscheinlich erscheinendes Szenario sieht so aus, dass die Notwendigkeit, mit NATO-Truppen in der Ukraine offen aktiv zu werden, um den Verlust der schon sicher an NATO und EU gebunden geglaubten Ukraine für den Wertewesten noch zu verhindern, von Russland auch mit Angriffen auf Ziele in deren Herkunftsländern vergolten werden würde, womit Papst Franziskus sich genötigt sehen könnte, auf seinen Balkon zu treten und der Stadt und dem Weltkreis feierlich zu eröffnen: „I declare the Third World War open.“

Haben Sie sich für einen Augenblick überlegt, wie lang 13.000 Kilometer wohl sein mögen? Von wo bis wo sich eine Militärkolonne erstrecken müsste, um 13.000 Kilometer lang zu sein? Sie könnten im nördlichen Kanada bei Fort Resolution am Great Slave Lake starten und einfach immerzu nach Süden wandern, bis auf die Feuerland-Inseln. Das sind rund 13.000 Kilometer.

Die müssen nach den aktuellen Planspielen durch Deutschland durch. Die müssen aber nicht nur verpflegt, untergebracht und betankt werden, es sind diese 200.000 Fahrzeuge und 800.000 Soldaten, denen die deutschen Verteidigungsanstrengungen vorrangig gelten müssen, wenn die NATO beschließen sollte, mit Bodentruppen in Russland einzurücken, um sich dort zu verteidigen.

Eine der Hauptverkehrsadern für den Truppentransport durch Deutschland soll die A2 sein, wird im Blätterwald gemunkelt.

Ich habe da so meine Zweifel. Für ein Manöver in Litauen, da könnte man über die A2 anrücken. Im Krieg gehört es zu den vordringlichen Zielen, die Nachschublinien des Gegners zu unterbrechen. Dass Russland im Krieg mit der Ukraine die Nachschublinien erst da unterbrechen kann, wo sie auf ukrainischem Gebiet verlaufen, um der NATO keinen Kriegsgrund zu bieten, sagt nicht, dass bei Ausbruch des Krieges mit der NATO die Autobahnbrücken in Deutschland einfach stehenbleiben. Zumal einige davon ja sowieso nur noch aus Gewohnheit stehen …

Genau wegen dieser maroden Brücken, wurde der Ausbruch des Krieges in den Planungen jedoch auf 2029 verschoben. Schneller ist das deutsche Schienen- und Straßennetz nicht kriegstüchtig zu bekommen. Da muss selbst die NATO warten, die ja aber sowieso noch auf die Hyperschallwaffen der USA warten muss, wobei heute völlig offen ist, wer 2029  als POTUS im Weißen Haus sitzt und wie dessen  Pläne aussehen werden.

Insofern sprechen wir hier über die mittelfristigen Ziele und Absichten der Biden Administration, nicht über das, wo US-Truppen in fünf Jahren weltweit im Einsatz sein werden.

Und überhaupt …

Die ganze OPLAN-DEU-NATO-AUFMARSCH-Hysterie kommt doch daher, dass Putin die EU überfallen will. Da muss man sich doch fragen, ob die Russen, wenn sie denn schon kommen wollen sollten, auch damit warten werden, bis Deutschland kriegstüchtig ist. Scheinbar geht man im OPLAN DEU davon aus.

Es ist – ich glaubte schon, diese Quelle sei endgültig versiegt – nur eine schaurig-schöne Geschichte aus den Tiefen des Sommerlochs. Statt Nessie ist es der Russe. Ja. er ist schon da, aber er zeigt sich nicht. Der Russe kommt einfach nicht. Er kommt nicht 2024, er kommt nicht 2025 oder 2026, er kommt auch nicht 2029, schlicht deshalb, weil er nichts gewinnen kann, auch wenn er gewinnen würde.

Doch die Warnung vor Putin, der in den Kerkern des Kreml seine Pläne schmiedet, dient natürlich bestimmten Zwecken. Die Forderung, Deutschland müsse im Eiltempo kriegstüchtig gemacht werden, lässt zwei Aspekte erahnen. Einmal geht es um viel Geld, das nun schneller als vorgesehen (oder überhaupt beabsichtigt war) in die Instandsetzung und den Ausbau der kriegstüchtigen der Infrastruktur gesteckt wird. Selbstverständlich mit uneingeschränkter Zustimmung jener Grünen, die Autobahnen für deutsche Lkws und Pkws zwar am liebsten sperren, abreißen und renaturieren würden, aber durchaus einsehen, dass  Kriegstruppen Autobahnen brauchen. So ergibt sich ein weiterer Grund, nochmals die Schuldenbremse unter Feuer zu nehmen, was ja das Wirtschaften auch sonst erheblich erleichtern wird. Es gilt: Wenn die NATO sagt, bis 2029 muss alles fertig sein, wenn wir nicht überrannt werden wollen, dann darf das am Geld nicht scheitern.

Der andere Aspekt ist die psychologische Wirkung. Angesichts der drohenden Gefahr aus dem Osten muss die „Volksgemeinschaft“ näher zusammenrücken und offen gegen subversive Elemente vorgehen. Es kommt sozusagen die Ausweitung des Kampfes gegen rechts auf alle, die nicht mit ins Kriegsgeschrei einstimmen wollen, die keine freiwilligen unbezahlten Überstunden in den Waffen- und Munitionsfabriken ableisten wollen, auf alle, die sich nicht freiwillig zu Reserve-Übungen anmelden und ihren Jahresurlaub auf Bundeswehr-Übungsplätzen verbringen, und auf alle, die immer noch dazu auffordern, sich auch einmal in die Lage der russischen Führung zu versetzen. Es wird im zulässigen Meinungskorridor noch enger werden als an einem regnerischen Werktag zur Stoßzeit im überfüllten Bus der städtischen Verkehrsgesellschaft. Viel enger!

Und wenn es dann losgeht, gen Osten, ob nun 2029 oder – ätsch Putin! – doch schon 2028, weil die Kriegstüchtigkeit doch hergestellt werden konnte und die Gelegenheit günstig erscheint, wird niemand mehr gegen den Krieg auf die Straße gehen, und wer es dennoch versuchen sollte, wird zuverlässig daran gehindert werden.

Das Wolgalied stammt übrigens aus der Operette Zarewitsch von Franz Lehar. Beim Soldaten am Wolgastrand, der Wache hält für sein Vaterland, handelt es sich um einen russischen Soldaten. Wenn es also demnächst heißen sollte, Deutschland werde – wie einst am Hindukusch – nun an der Wolga und am Don verteidigt, dann steht zu vermuten, dass es sich dabei um einen Irrtum handelt. Wenn an Wolga und Don etwas verteidigt wird, dann ist das Russland.

 

OPLAN DEU auf den Punkt gebracht:

  • Ein Operationsplan zur Landesverteidigung für Streitkräfte und Zivilverteidigung zu haben, ist gut und nützlich.
  • Der geheime OPLAN DEU ist offenbar weniger ein Plan zur Landesverteidigung als vielmehr ein Plan für einen gigantischen Truppenaufmarsch gegen Russland.
  • Die Herstellung der Kriegstüchtigkeit ist ein weiteres auf Panik aufgebautes Milliardengeschäft in Verbindung mit dem Versuch, die vollständige Kontrolle über alle nicht in Haft sitzenden Bürger zu gewinnen und auszuüben.
  • Der Russe kommt nicht, es sei denn, die US-NATO fordert ihn explizit zum Tanz auf. 

 

Karl Kraus, Österreich, 1874 – 1936, meinte:

Kriegsmüde – das ist das dümmste von allen Worten, die die Zeit hat.

Kriegsmüde sein, das heißt müde sein des Mordes, müde des Raubes, müde der Lüge, müde der Dummheit, müde des Hungers, müde der Krankheit, müde des Schmutzes, müde des Chaos.

War man je zu all dem frisch und munter? …

Kriegsmüde hat man immer zu sein!

Das heißt nicht nachdem, sondern ehe man den Krieg begonnen hat.