EWK außer Gefecht (Tag 1)

Introduction
Sich in ärztliche Obhut zu begeben, bedeutet oft auch, sich aus der häuslichen Umgebung zu entfernen.

Weil das in meinem Fall planbar war, konnte ich vorarbeiten und für Sie eine Reihe von Beiträgen reaktivieren, die ich vor 22 Jahren – im August und September 2002 – erstmals veröffentlicht habe.

Bin gespannt, ob Sie sich noch an die damaligen Ereignisse und die mit den Ereignissen verbundenen Namen erinnern  können.

Aus technischen Gründen kann ich leider nur diesen ersten Beitrag per Newsletter ankündigen. Schauen Sie also morgen einfach wieder hier vorbei.

Vorsicht, Sommerloch

eine Glosse von Egon W. Kreutzer,
anläßlich der diesjährigen Eröffnung des Sommerloches in der SZ vom 30.07.02

Ohne jede Vorwarnung, aber von allen sehnsüchtig erwartet, tat sich auch heuer wieder pünktlich am 30. Juli der Abgrund auf, den wir als Sommerloch fürchten. Die Süddeutsche vom 30.07. gibt einen Überblick rings ums Loch.

Aus den Fluten eines schottischen Tümpels meldet sich die „Idee Nessie“, aus den Fluten eines Berliner Hallenbades taucht die längst als verschollen gemeldete Franziska auf und erinnert mit ihrem zarten Schmelz sofort wieder an die zarteste Versuchung seit es diese spätestens bei Körpertemperatur schmelzende, in Tafeln geformte Masse gibt, die wir im Sommer als kunstvolle Installation auf dem Autositz ebenso lieben, wie einst die kunstvoll angerichtete Fettecke.

Der Leitartikler der Süddeutschen erinnert sich an seine jugendliche Sehnsucht nach dem Superbiest Alexis Carrington und wagt den vergeblichen Versuch, sich mit dem Titel: „Denver in Gütersloh“, in jene glücklichen Zeiten zurückzuversetzen, als dem deutschen Publikum die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstum um jeden Preis am Beispiel amerikanischer Öl-Clans (ja, es gab auch noch das Original, Dallas) nahegebracht wurde. Will Marc Beise mit seinen mutigen Verdächtigungen um ein geheimnisvolles Intrigentheater die Soap-Season in der SZ eröffnen, ganz nach dem Motto, Kultur muß sein im Blatt, und wenn „jetzt“ nichts verkauft hat, dann wird man es doch vielleicht einmal mit einem Schuß „Joan Collins“ versuchen dürfen.

Aber das kann es noch nicht gewesen sein, und siehe da, gleich unter Denver in Gütersloh nutzt die katholische Kirche die nachlassende Aufmerksamkeit des Publikums und beginnt sich leise zu schämen, und noch ein Stückchen drunter taucht aus den Tiefen des Sommerloches die Erkenntnis auf, daß die Ehrlichen die Dummen sind und daß man daran um Gottes Willen nicht rütteln sollte.

Westerwelle schwappt erfrischend naßforsch in das Sommerloch hinein und besteht, gestärkt von der Erinnerung an die vielen 18%-Siege seiner Partei, auf Steuersenkungen, während Merz, der Easy Rider aus dem Sauerland, noch einen draufsetzt und gleich die Amnestie für Steuersünder fordert.

Last but not least hebt Hundt die Hand, ja, der Arbeitgeberpräsident, und fordert die Kürzung der Leistungen für Arbeitslose. Ist ja sein Geld, was da verplempert wird, oder? Ist es! Weil die Konstruktion so verrückt ist, daß es so aussieht, als sei die eine Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich eine soziale Tat der Unternehmer. Das Geld in der Nürnberger Kasse ist Geld der Arbeitgeber, weil die Konstruktion den Schein nährt, daß die Arbeitnehmer von ihrem Lohn niemals die volle Höhe der Sozialbeiträge leisten könnten und dahinter steht dann die Wahrheit, daß die Unternehmer niemals in Lohn umwandeln würden, was jetzt an Arbeitgeberbeiträgen gezahlt wird, auch dann nicht, wenn man aus der Gerster-Anstalt eine richtige Versicherung machen wollte, in der sich die versichern, die das Risiko zu tragen haben und deshalb dafür vorsorgen wollen.

Da nimmt es nicht Wunder, daß auch der demoskopisch durchgerüttelte Kanzler, noch bevor GerHart’z Kommissionäre sich festgelegt haben, wie sie die Arbeitslosen nun wirklich halbieren wollen, mutig als einer der ersten das Sommerloch besetzt, mit der Idee, den Wahlkampf 18 Tage früher zu beginnen, als ursprünglich geplant. „Wer zu spät kommt, ….“, kann ich da nur sagen, oder gibt es noch irgendjemanden hier, der nicht bemerkt hätte, daß der Wahlkampf bereits an jenem denkwürdigen Morgen begonnen hat, den Angela und Edmund zum gemeinsamen Frühstück in Wolfratshausen genutzt hatten?

Seltsamerweise ist dieses zweistimmige Hohe C im Sommerloch noch nicht gesichtet worden.

Wahrscheinlich liegt das daran, daß der Weg von Wolfratshausen nach Berlin durch die rote Trutzburg München führt, die auch in diesem Jahre wieder ihre eigene und unverwechselbare Interpretation des Sommerloches gibt, indem sie ihre Ring- und Ausfallstraßen aufreißt, so weit es geht, und die Umleitungsschilder so aufstellt, daß jede Fahrt entweder in Wolfratshausen oder aber an der Bayrischen Staatskanzlei endet. Das Autobahnkreuz München Nord ist völlig unerreichbar und weil Ude kein Geld mehr im Stadtsäckel hat, werden die rot-grünen Gräben wohl über den 22. September hinaus die letzte Widerstandslinie vor dem Bundestag im Reichstag markieren.