Zukunfts-Koalition, Klimaregierung oder Respekt vor der Zukunft?

Die Ergebnisse stehen fest. Die Wahlbeteiligung war ungefähr so hoch wie beim letzten Mal. Das Schlimmste ist uns im Bund erspart geblieben.

Wie gestern Abend in den Wahlsendungen schön herausgearbeitet wurde, sind Grüne und FDP nun auf Gedeih und Verderb aneinander gefesselt. Es muss eine gemeinsame Entscheidung zwischen Lindner und Habeck geben, mit wem regiert werden soll. Ganz frei ist diese Entscheidung allerdings nicht, denn als dritte Lösung der Koalitionsbildungsaufgabe steht immer noch die GroKo wie der berühmte Elefant im Raum, den gestern Abend aber niemand sehen wollte.

Die Koalitionsverhandler werden also mit Schmerzgrenzen und roten Linien zu kämpfen haben, die einerseits zwischen FDP und SPD, andererseits zwischen Union und Grünen auf die politische Landkarte gemalt sind, während sich zwischen FDP und Grünen immer noch Gebirge von Gegensätzen  auftürmen, die nicht überwunden, sondern nur umgangen werden können.

Beschließen Lindner und Habeck, den Versuch zu unternehmen, dem jeweils anderen in einer Koalition die Durchsetzung der Schwerpunkte der Programme zu ermöglichen und eventuelle Kompromisse dazu nur selbstverantwortlich gegenüber der potentiellen Kanzlerpartei einzugehen – und so hörten sich die beiden gestern Abend an – dann würde der Schwarze Peter ganz klar bei Scholz oder Laschet liegen, während das Streitpotential zwischen grün und gelb bis zum Tag der Vereidigung der Regierung fast auf null eingedampft werden könnte.

Meine Einschätzung geht dahin, dass sich eben nicht Grüne und Liberale den Kanzler aussuchen, sondern dass sich Scholz und Laschet in der Situation befinden, abwägen zu müssen, ob die Ampel oder Jamaica bessere Chancen bietet, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen und die Interessen des eigenen Klientels zu vertreten, als dies mit der Fortsetzung der GroKo möglich wäre.

Meine Einschätzung geht weiter dahin, dass die Grünfärbung der GroKo – und darin vor allem die Grünfärbung der Union – zu einem guten Teil nur taktischen Erwägungen geschuldet war, um die Stimmen jener Wähler abzugreifen, welche sich zwar Maßnahmen zum Klimschutz wünschen, aber doch bitte mit Maß und Ziel und nicht so radikal, wie sie die Grünen selbst fordern. Diese Stimmen wären verloren gegangen, hätte sich die Union klar gegen Kohleausstieg und Verbrennerverbot positioniert und die SPD sich nicht mit Hurra den grünen Maximalforderungen angeschlossen.

Die größte Gefahr für das Zustandekommen einer Dreier-Koalition geht wohl von Annalena Baerbock und dem radikalen Flügel der Grünen aus. Wenn es nicht gelingt, den Einfluss dieser Radikalfundamentalisten noch vor Beginn der Koalitionsverhandlungen zu begrenzen, werden sich weder Scholz noch Laschet dem Diktat der Grünen beugen.

Wann immer sich Laschet und Scholz darüber klar werden, dass die Ursache für die Qualen, die ihre beiden Parteien in der GroKo erleiden mussten, nun endgültig weg ist aus der Politik, wenn sie sich klar machen, dass man ohne die spontanen Eingebungen und alternativlosen Entscheidungen Merkels auch wieder vernünftig miteinander reden können wird, wenn sie sich eingestehen, dass sie sich von der kindlichen Panikmache der Grünen eigentlich nicht zu energie- und finanzpolitischen Abenteuern treiben lassen wollen, dann öffnet sich das Tor zur neuen GroKo, mit Scholz als Kanzler und Laschet als Wirtschaftsminister wie von alleine.

Es wird also darauf hinauslaufen, dass eine Dreier-Koalition mit desillusionierten Grünen und Morgenluft witternder FDP sich der Richtlinienkompetenz eines schwarzen oder roten Kanzlers unterordnet, oder dass sich eine neue GroKo unter SPD-Führung an die Arbeit machen wird.

Was es definitiv nicht geben wird, ist die von den Grünen geforderte Klima-Regierung.