Die Entweltmeisterung

Dem Weltfrieden einen großen Schritt näher

Allen anderen zeigen zu wollen, wo der Hammer hängt, das ist doch alles, worum es geht, seit sportliche Wettbewerbe als „Zwischenkriegsspektakel ohne Blutvergießen“ erfunden wurden. Nun gut, bei den Boxern und den Fechtern, also noch echt urwüchsigen Kampfsportarten, ist die Abstammung noch zu erkennen. Aber beim Soccer, also dem, was hierzulande als „Fußball“ bezeichnet wird, wo es nur noch um schnelleres Rennen und regelkonformstes Rempeln, Zupfen und Grätschen geht, muss nur selten jemand von den Santitätern verwundet vom Feld getragen werden.

Dennoch: Der Versuch, zu siegen, sich also selbst als besser oder gar als Beste darzustellen, ist ein archaischer Trieb, den es gilt, der Menschheit auszutreiben, will sie denn in Zukunft friedlich zusammenleben.

Insofern hat auch in dieser Disziplin Deutschland, wie schon so oft und immer wieder, die stolze Rolle des Vorreiters kooperativen Verhaltens übernommen. Erst die Fußballherrren, die unter weitgehendem Verzicht auf das Singen der Nationalhymne bereits zeigten, dass Deutschland sich nicht mehr über andere Nationen erheben will, und demütig vorbildlich von Vorrundenaus zu Vorrundenaus eilten, und nun haben auch die Frauen, denen die Machos das nie zugetraut hätten, diese Männerdomäne erobert und den Rückflug von Hintenunten angetreten.

Doch schon droht wieder Ungemach. Es sind ja nicht nur die Deutschen, die den ernsthaften Wettstreit verweigern und Friede-Freude-Eierkuchen auf den Platz bringen. Italien, Brasilien, selbst Neuseeland in der Mitgastgeberrolle, sind schon draußen. 

Das ist der Fluch des bösen Hintergedankens bei der vorgespielten guten Tat.

Vorreiter beim Verzicht auf Ehrungen und Titel sein zu wollen, das ist ja schon wieder ein Wettstreit, ein besser und schneller Schlechter-sein-Wollen als alle anderen, und, verdammt noch mal, ist es den deutschen Frauen wenigstens gelungen, mit den wenigsten Punkten aus der Vorrunde auszuscheiden? Nein. Nicht einmal das.

Aber ist das schon Versagen, oder ist es wieder der Versuch, nicht aus der Masse herauszustechen, sondern eben nur unbeanstandbar mittelmäßig Schlechtes zu zeigen?

Man kann es drehen und wenden wie immer man will, wenn am Ende die mittelmäßigste Vorrundenaussteiger-Mannschaft feststeht, ist auch das ja schon wieder ein Titel, der doch gerade vermieden werden sollte.

Wer sich überhaupt auf einen Wettkampf einlässt, der hat doch sein Ziel, die große allgemeine und bedingungslose Gleichheit aller Menschen vorzuleben, zwangsläufig bereits verfehlt.

Hier sollte sich der DFB beim Rückzug aus dem Internationalen Wettbewerb ein Beispiel an der deutschen Industrie nehmen. Noch vor Jahren – verblendet, und mit der Krone des Exportweltmeisters geschmückt – darauf aus, Kapital aus aller Welt anzuziehen, ist der Gesinnungswandel dort schon viel weiter. Täglich schrumpfen Zahl und Menge jener Produkte, die noch in Deutschland hergestellt werden, also einst mit der Goldmedaille des „Made of Germany“ auf dem Weltmarkt ihre Triumphe feierten. Doch damit nicht genug, angetrieben von den Verheißungen einer Zukunft des nichtshabenden Glücklichseins, sind auch Gastronomie, Handwerk, Handel und Dienstleistungen auf dem Rückzug, der auch vor der Landwirtschaft nicht halt macht, der es mit Flächenstilllegungen und Düngerverzicht gelingt, mit der allgemeinen Entwicklung Schritt zu halten. Plötzlich erkennen alle, dass dieses Rennen nach Erfolg und Wachstum nirgends hinführt, dass es tatsächlich möglich ist, was der Wirtschaftsweise Habeck vorgeschlagen hat, einfach das Produzieren einzustellen, das Unternehmen in aller Ruhe abzuwickeln, statt in altgewohnter Hektik  schon Insolvenz anzumelden, sobald die Umsätze auf null gesunken sind.

Es sind alles höchst erfreuliche, den woken Geist in vorbildlicher Weise repräsentierende Ereignisse, deren Zeuge wir werden dürfen.

Nur in der politischen Klasse hat der Gedanke, den sie selbst so medienmächtig verbreitet, den Weg von den Sprechwerkzeugen ins Gehirn offenbar noch nicht gefunden.

Wann werden Habeck, Lindner, Scholz und die Parteien, deren Ideen sie zu vollstrecken angetreten sind, denn endlich begreifen, dass jeglicher Versuch, in irgendeiner Disziplin weltweit Vorreiter zu sein, und sei es auch nur auf dem Weg in die Deindustrialisierung, in die CO2-Neutralität, in die Energie- und Wärme- und Mobilitätswende, nur zeigt, dass man immer noch nicht davon lassen kann, sich krass diskriminierend über jene zu erheben, die nicht so eifrig mittun, weil sie bereits begriffen haben, wie schädlich es für den Weltfrieden ist, wenn sich eine Nation über alle anderen erheben will. 

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen?“

Ist es das?

Jene Hybris, vor der die Alten, die das Ende dieser Fiktion schon einmal erleben mussten, mit der Erkenntis: „Der Schoß ist fruchtbar noch …“, immer gewarnt haben? Doch selbst wenn: Die Gefahr ist gebannt. Das ganze Land hat die Zeichen der Zeit bereits erkannt. Habeck, Lindner und Scholz werden sich dem nicht mehr lange verschließen können.

Unser großer Dank gebührt daher – nach den Männern – nun auch den Fußballfrauen, die uns auf dem richtigen Weg in wegweisender, beglückender deutscher Erfolglosigkeit vorangehend, zeigen, dass es auch anders gehen kann.