In the summertime

Ein Song, ach was, ein Ohrwurm. Aufgebaut auf wenigen Akkorden und deren unerbittlicher Wiederholung, bis man’s drauf hat und nicht mehr aus dem Kopf bekommt.

Früher kroch
um diese Zeit
Nessi aus dem Loch,
bereit,
uns von allem abzulenken,
hauptsächlich vom eig’nen Denken.

Nessi ist wohl an Altersschwäche gestorben. Wir haben nur noch ein paar uralte, verwackelte, unterbelichtete schwarz-weiß Fotos.

Ist es nicht komisch, dass ebensolche verwackelten, unterbelichteten schwarz-weiß Aufnahmen – in diesem Sommer als Video – die Welt in Atem halten? Aufnahmen, die nicht vom See im schottischen Hochland, sondern vom Golf von Oman stammen und eine nicht minder geheimnisvolle Bedrohung, eine Art Seeungeheuer des 21. Jahrhunderts zeigen, das sich ausgerechnet zeigt, um sein Wirken zu verbergen?

Ach, die Menschheit braucht halt ihre angstbesetzten Erzählungen. Biblische Riesen, Seeungeheuer, den weißen Wal, den Erdkern absaugende Aliens, den Erbfeind, die Russen – und die blutrünstigen, seit Jahrhunderten unaufhörlich alle Nachbarn mit Krieg überziehenden Perser im Iran, die Iraner in Persien, die Mullahs, die Revolutionsgarden.

Es könnte leicht sein, dass die „Iranische Gefahr“ in diesem Sommer  die andere, die unsichtbare gefühlte Gefahr, von der es nicht einmal verwackelte schwarz-weiß Fotos gibt, den wabernden Klima-Troll, der die Erde im Schwitzkasten hält, auf den zweiten oder dritten Platz der Schlagzeilen-Rangreihe verdrängt. Da fällt selbst der Super-Blackout, der halb Südamerika für eine Weile ins Dunkel der Steinzeit zurückgeworfen hat, weit dahinter zurück, obwohl die Gazetten unisono fragen, ob das in Deutschland wohl auch möglich wäre, und die Antwort, Deutschland hätte ein sehr stabiles Stromnetz, immer gleich mitliefern. Dass diese Information: „stabiles Stromnetz“ aus einem Konversationslexikon von 1975 stammt, wird nicht erwähnt. Wäre unser Stromnetz eine Aktie: An der Börse hieße es, der Strom sei viel zu volatil, um eine sichere Vermögensanlage darauf aufzubauen. Im Durchschnitt ist genug Strom da, die Versorgung gesichert. Aber nur im Schnitt. Früher waren es die Bedarfsschwankungen, auf die sich die Energie-Unternehmen einrichten mussten. Heute überschreiten die Schwankungen beim Stromangebot die Schwankungsbreite des Bedarfs bei Weitem, und mit jedem weiteren konventionellen Kraftwerk, das vom Netz genommen wird, wird die Achterbahnfahrt der Stromerzeugung näher an die physikalischen Grenzen geführt, bis dann das Wägelchen aus den Gleisen springt und die Lichter ausgehen.

Ach was! Doch nicht „In the summertime, when the weather ist hot …“

Hundert Milliarden Euro (100.000.000.000 €) will Frau von der Leyen, gemeinschaftlich mit den Verteidigungsministerinnen Frankreichs und Spaniens ausgeben, um in ca. 21 Jahren ein neues, europäisches Kampfflugzeug in den Himmel, über die Wolken, wo die Freiheit noch grenzenlos ist, zu schicken. Womöglich steht bis dann sogar der Hauptstadtflughafen für Starts und Landungen der neuen Wunderwaffe zur Verfügung, gesetzt den Fall, aus den hundert Milliarden sind bis dann nicht (inflationsbereinigt) 500 Milliarden geworden und das Geld reicht dennoch, um mehr als nur zwei Prototypen herzustellen.

Ach was! Bis dahin zehrt Uschi längst von ihrer Pension und denkt sich: „Have a drink, have a drive, go out and see what you can find…“

Bleiben wir noch kurz beim „Future Combat Air System“ (FCAS). Die Begründung dafür lautet nicht etwa: „Wir müssen die Russen besiegen, oder zurückschlagen, oder wenigstens abschrecken können“, nein, nein. Die Begründung dafür lautet: „Wir müssen der Konkurrenz aus China und den USA Paroli bieten!“ Amüsant, oder?

Hier, im Video der Tagesschau, ganz am Ende.

Ja, da könnte man schon schreiben: „Feindbilder im Wandel“.

Das trifft übrigens auch für Joachim Gauck zu, Sie erinnern sich: Pastor Gauck, der mit der Freiheit, der ganzen Freiheit und nichts als der Freiheit, der Stasi-Unterlagen-Verweser und Ex-Bundespräsident. Was hat er doch gleich gesagt: „Man darf die AfD nicht verteufeln?“ Nein. Das hat er natürlich nicht gesagt. Er hat gesagt:

„Wir müssen zwischen rechts – im Sinne von konservativ – und rechtsextremistisch oder rechtsradikal unterscheiden.“

Außerdem solle die CDU diesem Typus des Konservativen wieder eine Heimat geben. Jedenfalls in the summertime, wenn es heißt:
„We’re not bad people. We’re not dirty, we’re not mean. We love everybody but we do as we please.“

In Görlitz hat die ganz-ganz-große Anti-Gauck-anti-Afd-Koalition mit 55,2 Prozent den Konzerttrompeter mit Migrationshintergrund ins Bürgermeisteramt gehoben. Der Polizeihauptkommissar konnte verhindert werden, weil man sich eben auch hier wieder darauf eingeschossen hat, dass es besser sei, den von Gauck herbeifantasierten Unterschied zwischen rechts – im Sinne von konservativ – und rechtsextremistisch oder rechtsradikal, gar nicht erst feststellen zu wollen. Da ginge nämlich schon wieder ein Feindbild verloren und die Wähler würden orientierungslos womöglich – statt in die eigene – in eine ganz andere Falle tappen.

Es ist schön, die saure Gurkenzeit im Sommerloch 2019 gelassen und mit einem Schmunzeln  betrachten zu können.

Panik-Greta,
Haftminen Pompeo,
Luftkampf-Uschi,
Konservativen-Versteher Gauck,

alle recken die Köpfe aus den Schlagzeilen-Fluten – und über allem dreht sich das Windrad,

es sei denn, es steht.

Sing along with us
Dee dee dee-dee dee
Dah dah dah-dah dah
Yeah we’re hap-happy
Dah dah-dah
Dee-dah-do dee-dah-do dah-do-dah
Dah-do-dah-dah-dah