Der gute Onkel Gauck

Inspiriert von Boris Reitschusters Streifzug durch die „Parteiprogramme in einfacher Sprache„, habe ich mich gefragt, ob ich wohl, wenn ich mich anstrenge und komplizierte Schachtelsätze vermeide, auch einen Text in einfacher Sprache verfassen könnte. Erleichtert wird das natürlich, wenn man sich ein möglichst einfaches Thema sucht, und so kam ich, nach kurzem Nachdenken auf die Idee, unseren einstigen und elften, noch dazu semiprofanen und parteilosen Oberhirten auszuwählen, der sich in den letzten Tagen irgendwie auch einer einfachen Sprache bediente.

Für Hinweise auf noch vorhandene Vereinfachungspotentiale bin ich dankbar.

Der gute Onkel Gauck

Herr Joachim Gauck ist Rentner. Das hat er selbst gesagt.
Rentner ist jemand, der für sein Geld nicht mehr arbeiten muss.
Wer für sein Geld nicht arbeiten muss, hat es gut.
Er muss nämlich nicht mehr so aufpassen, was er sagt. Das hat er selbst gesagt.

Herr Joachim Gauck ist einer von den Guten. Das sieht man ihm an.
Er hat eine nette, knubbelige Nase. Er hat lustige Äuglein und volles Haar.
Das hat er nicht selbst gesagt, weil man es sehen kann.

 

Herr Joachim Gauck spricht gerne in einfacher Sprache.
Das hat er als Pastor gelernt. Pastor ist jemand, der den Leuten sagen kann, was der liebe Gott will. Dazu muss man lange in der Bibel lesen. Dann kennt man die Wahrheit.
Jetzt ist Herr Joachim Gauck kein Pastor mehr. Aber die einfache Sprache kann er noch. Also sagt er den Leuten auch immer noch die Wahrheit.

In der einfachen Sprache wird auch das Denken einfach. Die einfache Sprache teilt die Menschen immer nur in zwei Gruppen. Das steht auch in der Bibel so. Da gibt es die Guten und die Bösen. Der liebe Gott und der Herr Gauck haben die Guten lieb.

Herr Gauck weiß, welche Menschen gut sind. Das sind nämlich die Bildungswilligen. Das hat er selbst gesagt.
„Bildungswillige“ ist ein schweres Wort. „Willige“ kommt von „Wollen“. Wo viele das Gleiche wollen, gibt es eine Koalition der Willigen.
„Koalition“ ist auch ein schweres Wort. Es bedeutet, dass welche miteinander etwas wollen, zum Beispiel ein anderes Land überfallen.

Wenn „Willige“ Bildung wollen, entsteht daraus kein Krieg, sondern Bildung.
„Bildung“ ist ein schweres Wort. Das muss aber nicht erklärt werden, weil Bildungswillige die Bildung ja erst wollen, aber noch nicht haben.
Ob es genügt, dass sie wollen, ist nicht gesagt. Meistens kommt nur Wissen heraus, oft sogar nur Halbwissen oder noch weniger.

Herr Gauck weiß auch, welche Menschen böse sind. Das sind nämlich die Bekloppten. Das hat er selbst gesagt.
„Bekloppte“ ist ein schweres Wort. Es hat nichts mit Fußball zu tun, auch wenn es so klingt.
„Kloppen“ heißt „hauen“. Draufhauen, auf etwas, was sich nicht wehrt.

  • Früher gab es Teppichklopfer, damit wurde auf den Teppich gehauen. Dann ist der Dreck herausgefallen.
  • Heute hauen Männer in schwarzen Uniformen gerne mit Stöcken auf die Bösen. Das nennt man „kloppen“. Wenn dabei nicht gleich der Dreck herausfällgt, kloppen sie noch ein bisschen mehr.
  • Nach dem Kloppen sind die Bösen die Bekloppten.

Herr Joachim Gauck findet es schrecklich, dass es nicht nur Willige, sondern auch Bekloppte gibt. Das hat er selbst gesagt.
Das kann er so sagen, weil er einfach denkt und einfach spricht und für sein Geld nicht arbeiten muss.

Es ist aber nicht genug Geld da. Deswegen müssen viele arbeiten und darauf achten, was sie sagen.
Die Männer in den schwarzen Uniformen müssen arbeiten und ganz sehr darauf achten, was sie sagen.
Für ihre Arbeit brauchen die Männer in den schwarzen Uniformen die Bösen zum Bekloppen.

Herr Gauck findet es schrecklich, dass es so viele Bekloppte gibt. Warum er es schrecklich findet, hat er nicht gesagt.
Es hat etwas mit Geld zu tun. Und das geht so:

  • Damit es Bekloppte gibt, braucht es Männer in schwarzen Uniformen zum Bekloppen.
  • Wenn die Regierung niemanden mehr bekloppen lässt, werden die Männer in den schwarzen Uniformen arbeitslos.
  • Arbeitslose bekommen auch noch Geld, aber viel, viel weniger als Herr Joachim Gauck.
  • Deswegen bleibt dann Geld übrig.
  • Übriges Geld kann man immer gut gebrauchen.
  • Wer das übrige Geld bekommt, hat Herr Gauck aber nicht gesagt.

Zitat Joachim Gauck, anlässlich einer Tagung für Lehrer in Rostock:

„Dann ist ja auch schrecklich, dass wir in einem Land leben, in dem nicht nur Bildungswillige leben, sondern auch hinreichende Zahlen von Bekloppten. Also Entschuldigung: Das darf ich mal so locker formulieren, ich bin ja jetzt Rentner und muss nicht mehr auf jedes Wort achten.“

Frage:

Was sind hinreichende Zahlen von Bekloppten?
Klar ist, die hinreichenden Zahlen waren einst Eigentum (vermutlich geistiges Eigentum) der Bekloppten. Nun leben diese Zahlen in einem Land, in dem nicht nur Bildungswillige leben. Was tun diese Zahlen dort? Was reichen sie hin und wohin reichen sie es?

Es sind nicht Zahlen, sondern  es ist die Zahl, nicht von Bekloppten, sondern der Bekloppten, und wenn die Zahl hinreichend ist, dann dann fehlt die Aussage, wofür oder wozu, also „hinreichend, um“.

Ich finde es schrecklich, in einem Land zu leben, dessen ehemaliger Staatspräsident – unter Verweis auf seinen vermeintlich entschuldigenden Rentnerstatus – solche inhaltlich und sprachlich unerträglichen Sätze von sich geben zu dürfen glaubt.