Freitag, 29. Januar 2021

Kaffee, Cognac und ein paar Faschingskrapfen machen gute Laune im Besprechungszimmer bei Wunsch & Wille, wo man sich jeden Freitag zusammensetzt, um die Ereignisse der Woche noch einmal in der Gesamtschau zu beleuchten. Wunnibald Wunsch hätte sich vor Lachen fast am letzten Stück seines Krapfens verschluckt, als Sabine noch einmal – gnadenlos authentisch in Mimik und Gestik – die erste Reaktion des Kandidaten nachspielte, bis hin zu dem Punkt, als alles in sich zusammenbrach und er nur noch sagen konnte:

„Nun sagen Sie doch auch mal was.“

„Und weil er so schön drum gebeten hat, was zu sagen, hab ich halt ‚Guten Tag‘ gesagt.“

Jetzt war es an Wilbrecht Wille, der sich vor Lachen auf die Schenkel schlug. „Nun sagen Sie halt auch mal was“, hahaha, „und dann dein trockenes ‚Guten Tag!‘. Was für ein Wahnsinn!“

„Ja“, meinte Sabine, „ich freu schon auf Montag, wenn der wieder antritt, aber jetzt muss ich los, ich hab noch was zu besorgen.“

„Ich fürchte, daraus wird nichts“, widersprach Wille, mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht.

„Wieso? Freitags machen wir doch immer früher Schluss.“

„Sorry, Sabine. Es ist zwar Freitag, aber heute werden wir wohl noch ein bisschen länger zusammensitzen. Ich habe noch eine Überraschung.“

Wunnibald Wunsch passte das  auch nicht. Er hätte eine Gelegenheit gefunden, sich trotz der bayerisch-söderischen Corona-Beschränkungen die Haare schneiden zu lassen, erklärte er.  „Es war überhaupt nicht einfach, den Termin zu bekommen! Und wenn ich nicht erscheine, dann brauche ich mich da nie wieder blicken zu lassen. Ich muss los, spätestens in einer Viertelstunde!“

 

„Sorry, Wunni, sei nicht so eitel! Halt halt einfach den Kopf ein bisschen höher, dann sieht man nämlich sowieso nur noch deine Stirnglatze. Ich brauche euch beide – und in einer Viertelstunde ist da noch nichts erledigt. Aber, um es gleich vorweg zu nehmen, am Montag erhalten wir die nächste Anzahlung.“

„Können wir das nicht morgen besprechen, also ausnahmsweise mal am Samstag?“

„Wäre ich sofort dabei, Sabine. Aber morgen habe ich meinen Friseurtermin …“

Wunnibald Wunsch stieß ein verzweifeltes Lachen aus: „Der ganz und gar uneitle Herr Wille hat also morgen seinen Friseurtermin, und den kann der ganz und gar uneitle Herr Wille natürlich nicht verschieben. OK. Ich bleibe. Aber beim nächsten Mal hab ich einen gut. Und darauf werde ich zurückkommen.“

„Dann bringen wir es hinter uns“, resignierte nun auch Sabine. „Wer, bitte, bringt uns die Anzahlung? Doch nicht etwa …?“

„Doch, Sabine, genau der: Markus der Tatar! Wir haben gestern lange telefoniert. Er hat es nötig – und für uns gilt: Pekunia non olet!
Wenn er rechtzeitig aus München wegkommt, wird die Bavaria One gegen zehn Uhr landen. Er hat dann noch eine Audienz im Kanzleramt und versucht gegen vierzehn Uhr bei uns aufzuschlagen. So incognito wie es ihm möglich ist. Vielleicht kommt er ja in einem seiner alten Veitshöchheimer Faschingskostüme …“

Homer Simpson! Das hat am besten zu ihm gepasst. Auch als Shrek war er nicht schlecht …“

„Reiß dich zusammen, Sabine. Das hört er inzwischen gar nicht mehr gerne. Jetzt ist er ganz Präsident.“

„Ministerpräsident! , meinst du wohl“, warf Wunnibald ein.

„Du wirst es erleben, Wunni. Der Markus ist nämlich dein Patient.“

„Mein Gott! Muss das sein? Und was will er? Kanzler werden?“

Wilbrecht grinste genüsslich. „Will er nicht. Will er ganz und gar nicht. Sagt er jedenfalls.“

„Und was dann?“

„Ganz einfach, Sabine, und hör gut zu, Wunni: Er will von seinen Corona-Maßnahmen runter kommen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren.“

„Da ist ja wohl nicht mehr viel zu verlieren. Der ist doch im Wochentakt das personifizierte Gegenteil seiner selbst!“

„Ja. Und das dämmert ihm allmählich. Er will nicht als Drehofer der Zweite in die Geschichtsbücher eingehen. Für den Dreh, den er jetzt vorhat, will er daher erstmals auch Argumente vortragen können. Da fällt ihm aber nichts ein, außer seinen ureigensten Motiven, aber die will er schön für sich behalten. Sonst wird das vielleicht doch nichts, mit der Kanzlerkandidatur. Stimmung sollen wir ihm außerdem machen lassen. Vorbereitend und geschickt eskalierend. Seinen Slogan hat er sich schon selbst ausgedacht: ‚Mit Söder und der CSU gibt es ab dem 14. Februar keine Verlängerung mehr. Sonst will ich Meier heißen!‘, das geht natürlich gar nicht.“

„Richtig! Das mit dem Meier ist doch geklaut. Schreckt der denn vor gar nichts zurück?“

„Vermutlich hat der in der Schule nie was über den Reichsmarschall mit der großen Klappe gehört, Wunni. Aber das mit dem Meier wirst du ihm schonend ausreden müssen, und sollte er sich dann auf Müller oder Aiwanger versteifen, dann auch das. ‚Will ich heißen‘ geht überhaupt nicht mehr.“

„Halt, halt, halt!“, rief Sabine dazwischen. „Wenn der Homer Simpson also um vierzehn Uhr am Montag hier auftaucht, dann trifft er doch direkt auf meinen Patienten. Wie soll das denn gehen?“

„Die werden schon nicht gleichzeitig vor der Tür stehen. Du verfrachtest den Kandidaten, der nicht Kanzler werden will, ganz flott ins Besprechungszimmer, und Wunni nimmt den Markus mit in sein Büro. Kann eigentlich überhaupt nichts schiefgehen. Ich pendle zwischen beiden hin und her sorge dafür, dass es keine Überraschungen gibt.“

Von da an dauerte es noch fast drei Stunden, bis man sich auf die optimale Anti-Lockdown-Strategie für den bayerischen Ministerpräsidenten geeinigt und eine Vielzahl von Telefonaten geführt hatte. Die Zeit bis zum Valentinstag war zwar verdammt kurz, aber noch am Montag nach dem Coaching würde am Flughafen, vor Söders Rückflug nach München und vor der startbereiten Bavaria One, ein erstes Interview mit dem Bayerischen Rundfunk stattfinden, in dem ein nachdenklicher Söder mit staatsmännischer Attitüde (Wunni würde das wohl vor dem Spiegel mit ihm üben müssen) erkennen ließ, dass es neue Erkenntnisse zu beachten gäbe. Der BR würde das Interview in der „Rundschau“ in voller Länge zeigen, die Tagesschau-Redaktion hatte zugesagt, einen Zusammenschnitt von mindesten 2:30 auszustrahlen. Am Dienstag die Reaktion in den Zeitschriften, insgesamt eine gute Mischung aus Skepsis, Spannung und Zuversicht. Die BILD hatte zugesichert, sich so zu positionieren, dass Söder, wenn er wollte, von heute auf morgen die Führung der Querdenker übernehmen könnte, obwohl natürlich klar war, dass er das nicht wollen sollte. Aber die CSU zum Sammelbecken der Querdenker zu entwickeln, das war ein schöner Nebeneffekt, den wieder einmal Fräulein Gnadenlos-Hempel zur Strategie beigetragen hatte.

Wie es weitergeht, erfahren Sie am Montag. Gleiche Stelle, gleiche Welle.

Zur Fortsetzung

Der schnellste Weg zur jeweils neuesten Folge von Wunsch & Wille geht übrigens so:

 

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