„Melanie?“

„MELANIE!!“

„Moment, Moment! Gleich“

„Du nimmst jetzt sofort die Stöpsel aus den Ohren und hörst mir zu!“

„Das ist nicht nett von dir, Sabine. Du weißt doch, dass ich die Heimatklänge brauch, wenn es ein guter Tag werden soll. Grad jetzt, wo die Drachselrieder Dirndlzupfer  die bayerische Hymne …, du weißt schon >Ach Gott, ach Gott, du Land der Bayern, nix zum Lacha, nix zum Feiern …<, also des hätt ich scho noch, z’End hörn wolln!“

„Sprich hochdeutsch mit mir!“

„Was ist denn los, Sabine? Die ganze Nacht warst du schon so abweisend. Magst mi nimmer?“

„Ach, Melanie. Es gibt solche und solche Tage. Und heute, das ist nicht meiner. Ich hab‘ ein ganz ungutes Gefühl im Bauch. Also ich muss noch was essen, damit das besser wird. Ich lass dich jetzt allein. Behalt die Ohren offen, falls das Telefon klingelt. Ich bin gleich wieder da.“

„Um die Zeit hat das Telefon noch nie geklingelt“, dachte sich Melanie Huml an ihrem hilfsweise aufgebauten Schülerschreibtisch im ersten Obergeschoss, und setzt sich die Ohrhörer wieder ein. Mit geschlossenen Augen, leicht im Takt mit den Hüften wiegend, weilte sie in Drachselried bei ihren geliebten Dirndlzupfern. Dass Wilbrecht Wille inzwischen eingetreten war, entging ihr ebenso, wie das Läuten des Telefons. Erst als Wille sich den Hörer gegriffen und sich zum zweiten Mal, mit erhöhter Lautstärke gemeldet hatte: „Planungsbüro Wunsch & Wille! Wilbrecht Wille speaking!“, fuhr sie erschrocken hoch.

„Just a moment please“, sagte Wille in den Hörer und dann zu Melanie: „Stell mir das Gespräch in mein Büro, Mädchen. Aber dalli!“

Ein paar Minuten später kam Sabine mit einer Tüte Croissants zurück, die sie Melanie halboffen vor die Nase hielt.

„Was magst du? Schoko, Vanille, pur? Greif zu.“

„Der Wilbrecht ist schon da. Und er telefoniert. Auf Englisch“, meldete Melanie.

„Aha!“, meinte Sabine Gnadenlos-Hempel und biss so heftig ins Schoko-Croissant dass ihr die Füllung links und rechts die Mundwinkel hinunter lief.

„Wahnsinn!“, kommentierte Melanie. „Schau in den Spiegel! Der Merkel wie aus dem Gesicht geschnitten …“

„Das ist nicht lustig, Melanie. Damit scherzt man nicht“, wollte Sabine entgegnen, doch sie kam nicht mehr dazu. Im hinteren Bereich hatte Wilbrecht Wille die Tür seines Chefbüros mit Wucht zugedonnert und kam, laut „Scheiße! Scheiße! Scheiße!“ brüllend nach vorne zum Empfang.

„Wo steckt der Wunnibald? Holt ihn her, egal wo er ist oder was er gerade macht. Ich geb ihm eine Viertelstunde. Sagt ihm das. Sonst ist er gefeuert. Diesmal wirklich und endgültig!“

„Was ist denn los, Wilbrecht?“, wollte Sabine wissen, doch der wütende Wille zischte nur: „Holt den Wunni! Ihr erfahrt noch früh genug was los ist“, stapfte wieder den Gang entlang und haute die Tür noch einmal mit solcher Wucht ins Schloss, dass ihm ein Trumm der Stuckleiste von der Zimmerdecke voll auf den Kopf fiel.

„Natürlich war Wunnibald Wunsch nirgends zu erreichen. Er ging nicht ans Handy. Seine Freundin erklärte, sie habe ihn seit drei Tagen nicht gesehen. In seinem Stammkaffee, wo er gerne vor dem anstrengenden Bürotag noch einen Latte Macchiato zu sich nahm, meldetet sich nur der Anrufbeantworter und erzählte: „Leider sind wir noch voll im Lockdown. Bitte achten Sie auf die tagesaktuellen Nachrichten zu Inzidenzwerten und MPK-Beschlüssen. Wir sind wieder für Sie da, sobald wir dürfen und Sie noch können.“

„Wo könnte er denn bloß noch sein?“

„Hast du die Nummer von seinem Friseur?“

„Stimmt. Da war was. Und Friseure sind ja im Augenblick als systemrelevant eingestuft.“

Doch auch beim Friseur war nur der Anrufbeantworter am Werke, der beteuerte: „Werte Kunden.  Aufgrund des hohen Andrangs und der coronabedingten Schutzmaßnahmen, nehmen wir Terminanfragen nur noch täglich zwischen 21 und 22 Uhr entgegen. Bitte haben Sie Verständnis für unsere Ausnahmesituation.“

Als hätte er es geahnt, dass ihm seine großzügige Auslegung der Arbeitszeiten doch einmal das Genick brechen könnte, erschien Wunnibald Wunsch drei Minuten vor Ablauf der Frist und begrüßte Melanie und Sabine mit ausgelassener Heiterkeit. „Moin, moin, Mädels! Alles frisch unter der Andrea Doria?“

Doch sein Scherz verfing nicht. „Ist was?“, fragte er besorgt.

„Ich sage Wilbrecht Bescheid, dass du jetzt auch da bist. Dann werden wir vermutlich alle erfahren, ob was ist.“

Zwei Minuten später hatten sich Wunni, Melanie und Sabine – und zwar in genau dieser Reihenfolge – im Besprechungszimmer eingefunden. Wieder knallte die Tür als wollte Wilbrecht das ganze Haus zum Einsturz bringen. Dann stürmte er hinein. Ein dünner, noch nicht eingetrockneter Blutfaden lief ihm von der Stirn herunter, wo ihn der scharfkantige Stuck getroffen hatte, doch er schien seine Blessur überhaupt nicht zu bemerken.

„Aus! Alles aus! Wir können einpacken – und ganz Deutschland gleich noch mit. Wenn uns jetzt nichts mehr einfällt …“

„Na komm, Wilbrecht. So schlimm wird es doch wohl nicht sein“, versuchte Wunni seinen Kompagnon aufzumuntern.

„Es ist noch schlimmer! Entgegen aller Verabredungen will die Alte bleiben. Ob das Heroismus ist oder Altersstarrsinn, ich weiß es nicht. Der unsichtbare Mr. Hands hat mich in Kenntnis gesetzt. Sie soll gesagt haben: Das deutsche Volk hat sich meiner bis heute würdig erwiesen. Ich kann die doch jetzt nicht im Stich lassen. Der Hands meint, der Satz käme ihm bekannt vor, wenn auch mit anderem Tenor. Er sagt, sie wollen sich nicht noch einmal verarschen lassen. Die haben jetzt die Schnauze voll. Also seine Hintermänner. Sollen die Germans doch selber sehen, wie sie aus der Scheiße wieder herauskommen. Lauterbach ist jedenfalls abgeblasen. Den wollten sie ja sowieso nur als  seine Art Biden vorschieben, um dann die Euro-Kamala ohne Wahlen nachschieben zu können. Sie konzentrieren sich jetzt voll auf die Ukraine. Jeden Augenblick kann ihr Großmanöver Defender Europe eskalieren. Der Putin will diesmal nicht stillhalten. Auch so ein Fall, wo man zwischen Heroismus und Altersstarrsinn nicht mehr unterscheiden kann!“

Wilbrecht, der währende seiner ganzen Rede unruhig auf und ab gegangen war, zog sich jetzt einen Stuhl heran und ließ sich erschöpft darauf niedersinken. Dann schaute seinen Leuten nacheinander tief in die Augen und seufzte: „Rot-rot-grün ist wohl nicht mehr zu verhindern. Das heißt – Baerbock, Scholz und Wellsow! Falls uns nicht vorher die Chinesen übernehmen.“

Es wurde still im Besprechungszimmer bei Wunsch & Wille im ersten Obergeschoss. Sehr still. Selbst Melanie, die die Tragweite dieser Information nur am betretenen Schweigen, an den langen Gesichtern und Wilbrechts furchterregendem Aussehen zu ermessen vermochte, verkniff sich die neugierige Frage, was daran denn so schlimm sein sollte.

Endlich gab es eine Bewegung. Sabine richtete sich auf, blickte, wie vorher Wilbrecht, nacheinander allen in die Augen und fragte dann mit einem schwer zu deutendem Unterton in der Stimme: „Wie war das eigentlich damals an den Thermopylen? Wie viele Griechen haben den Pass denn gehalten, so lange es ging? Wanderer, kommst du nach Sparta! Das habt ihr doch alle schon einmal gehört. So wahr ich Fräulein Sabine Gnadenlos-Hempel bin: Ich werde kämpfen, und wenn ich dabei untergehen sollte. Denn am Ende haben die Griechen die Perser dann ja doch wieder  zurückgejagt“

Wilbrecht Wille grinste spöttisch. „Und, wie wollen Sie das anstellen, Fräulein Gnadenlos-Hempel? Das ist doch eine Nummer zu groß. Vergiss nicht, Sabine: Wir sind abgeschnitten. Mr. Hands, den ich jetzt einmal unseren Oberbefehlshaber nennen möchte, ist an Deutschland nicht mehr interessiert und an unserer Arbeit schon gar nicht mehr!“

„Wenn Sabine einen Plan hat, dann sollten wir uns den anhören, bevor wir resignieren“, warf Wunnibald ein, und Melanie ergänzte: Jawohl. Sabine soll sagen, was sie vorhat. Dann schlagen wir die Perser in die Flucht, also r2g, meine ich.“

„Da bin ich aber so was von gespannt“, spöttelte Wille weiter, aber schon nicht mehr ganz so herablassend.

„Also, dann hört mir mal zu. Ihr könnt von mir nicht erwarten, dass ich ein paar Minuten, seit du, Wilbrecht, uns die Schreckensbotschaft überbracht hast, schon einen Plan habe. Aber ich habe eine Idee. Wenn euch die Idee gefällt und durchführbar erscheint, dann machen wir zusammen einen Plan daraus. Mein Gott! Wir sind doch in Wahrheit gar nicht diese desinteressierten, opportunistischen Arschlöcher, die sich wie die Nutten anbieten, um mal diesem, mal jenem den Weg frei  zu machen, nur weil wir damit Kohle machen. Ich kenne euch doch alle. Eure Wurstigkeit kommt doch nur daher, dass ihr längst aufgegeben habt, wirklich für etwas zu kämpfen, wo ihr voll dahinter stehen könnt. Ja, ich weiß, das ist nicht einfach, und der Erfolg ist keineswegs garantiert. Aber wie sagte Berthold Brecht: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Was sagst du dazu, Logikgenie Wunni? Was sagst du dazu, Oberstratege  Wilbrecht? Wollen wir uns gleich geschlagen geben, oder uns doch noch einmal, wenigstens einmal, für eine gute Sache, für unsere, ureigenste Sache in die Schlacht werfen? Hugh! Ich habe gesprochen.“

„Ich bin dabei! Ich bin dabei!“, jubelte Melanie, „und wenn ich mir zum Bogenschießen wie die Amazonen die Brust amputieren lassen müsste. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Das ist es. Und der Brecht, der Datschiburger, war schließlich auch ein Bayer.“

„Gut“, meinte Wilbrecht, „das war jetzt ein flammender Appell. Kommt die Idee auch noch?“

„Ja“, sagte Sabine mit fester Stimme, „die Idee kommt auch noch. Wie lange sitzen wir hier jetzt schon im ersten Obergeschoss zusammen? Sind es zehn Jahre? Oder schon zwölf? Wie viele Kontakte haben wir in diesen Jahren zu wichtigen, ja herausragenden Persönlichkeiten geknüpft? Wie vielen haben wir geholfen? Wie viele erinnern sich an uns, weil wir sie untergebuttert haben? Da draußen gibt es mehr als tausend Leute, die alle wissen, was wir können, wenn wir wollen. Wenn wir die zusammenschmieden! Und die haben alle auch ihre Netzwerke! Keins davon ist groß genug, um alleine bestehen zu können. Das sehen wir an der Werte-Union, das sehen wir an der sächsichen und thüringischen CDU, das sehen wir selbst in deinem geliebten Bayern, Melanie, wo die CSU vom Berliner GroKo-Sumpf an die Wand gedrückt wird. Aber wenn wir die zusammenbringen. Das sind ja nicht nur die Politiker, da gibt es große und kleine Unternehmer, da sind Künstler, die sich noch ein eigenständiges Denken bewahrt haben, da sind Pfarrer und Priester, die von Marx und seinem Nachfolger Bätzing und von Bedford-Strohm die Schnauze voll haben.

Denen müssen wir klar machen, dass und wie es gehen kann, das Land vor den Grünen und Roten zu retten. Für die müssen wir eine Organisations-Struktur schaffen, bis sie eines Tages wie aus dem Nichts aufstehen, wie ein Mann, und den Deutschen wieder Hoffnung geben. Es gibt ein Buch, das habe ich letztes Jahr gekauft, weil mich der Titel angesprochen hat. Dachte, trockene Lektüre. Verfassungszeug halt, aber muss man ja wissen, in unserem Job. Ich habe euch nichts davon erzählt, weil es kein Fachbuch war, sondern ein Roman, ein Thriller. Doch da steht alles drin, was wir brauchen, und wie wir es anstellen können.“

„Welches Buch meinst du, Sabine? Kann es sein, du meinst ‚Andere Abhilfe‘?“

Mensch Wunni, hast du das auch gelesen? Und findest du es auch so gut?“

„Klar. Ich habe alles, was der Kreutzer geschrieben hat, gelesen. Ganz neu ist jetzt erschienen ‚Wollt ihr das totale Grün?‘.  Und auch das passt voll zu dem,  was du gerade gesagt hast. Ja Sabine, auf mich kannst du zählen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Das ist nicht mein Ding. Auf in den Kampf!“

„O.K., dann bin ich auch dabei. Wo bekommt man die Bücher denn?“

„Die kann man im Buchhandel bestellen. Bei Amazon und vielen anderen Versandhändlern gibt es sie. Einfach nach dem Titel googeln. Aber am besten bestellt man direkt bei BoD in Norderstedt. Da hat der Autor am meisten davon, weil er die ganze Marge für sich hat – und das hat er sich verdient.“

 

 

 

 

 

 

 

 

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