Wo es Arbeit gibt – und wo nicht

Hamburg ist Spitzenreiter. 

Hamburg hat die höchste Erwerbstätigenquote und das höchste BIP pro Erwerbstätigem. Hamburg ist somit das Bundesland mit dem höchsten Beitrag zum BIP pro Einwohner.

Wer hätte das gedacht?

Und wer hätte gedacht, dass Bremen bei dieser Betrachtung nach Bayern auf dem dritten Platz liegt?

Ich muss noch kurz schildern, wie ich auf die Idee gekommen bin, diese Kennzahl zu ermitteln:

Die Tagesschau hat beim Statistischen Bundesamt Daten zur Erwerbstätigkeit nach Bundesländern gefunden. Schön und gut.

Aus dem riesigen Datenhaufen der Statistiker hat die Tagesschau für ihre treuen Kunden allerdings nur wenig herausgepickt, nämlich die Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen pro Bundesland:

  • „Deutliche Zuwächse bei der Zahl der Erwerbstätigen gab es außer in Hamburg noch in Hessen mit plus 0,5 Prozent. Dort arbeiteten im vergangenen Jahr 3,61 Millionen Menschen. …“

Dies allerdings ohne das Bezugsjahr anzugeben, was die Aussage in meinen Augen völlig wertlos macht.

Daneben die absoluten Zahlen der Beschäftigten im Jahr 2024:

  • „Am wenigsten Erwerbstätige gab es 2024 nach absoluten Zahlen derweil in den Bundesländern Bremen (445.000), Saarland (521.000), Mecklenburg-Vorpommern (752.000) und Sachsen-Anhalt (989.000).“

Auch diese Aussagen sind wertlos. Es gibt halt nun mal kleine und große Bundesländer, und in einem Land mit 704.881 Einwohnern können nun mal nicht 2 Millionen Erwerbstätige existieren.

Die interessanteren Aussagen, die sich aus diesen Zahlen ableiten und in Kennzahlen ausdrücken lassen, finden sich bei der Tagesschau nicht.

Also habe ich ein bisschen recherchiert und gerechnet.

Die Erwerbstätigenquote pro Bundesland

Man setze einfach die Zahl der Erwerbstätigen und die Zahl der Einwohner – beides Stand 2024 – zueinander ins Verhältnis. Bundesweit ergibt sich eine Quote von 55 %. Von 100 Einwohnern gehen also 55 einer irgendwie gearteten Erwerbstätigkeit nach. Vom Stahlkocher bis zum Hundefrisör, vom Beauftragten für Irgendwas in Berlin bis zum Kartoffelbauern in Niedersachsen.

Gewinner ist hier ganz eindeutig Hamburg. 72,9 Prozent der Einwohner sind erwerbstätig. Schlusslicht ist Brandenburg, wo nur 44,8 Prozent einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Hier die komplette Tabelle:

Erwerbstätige Einwohner Quote
Hamburg       1.358.500,00       1.862.505,00 72,9%
Bremen            445.200,00            704.881,00 63,2%
Berlin       2.197.400,00       3.685.265,00 59,6%
Bayern       7.869.900,00    13.248.928,00 59,4%
Hessen       3.613.700,00       6.280.793,00 57,5%
BW       6.415.000,00    11.245.898,00 57,0%
NRW       9.824.500,00    18.034.450,00 54,5%
Niedersachsen       4.237.300,00       8.004.489,00 52,9%
Saar            520.800,00       1.012.141,00 51,5%
Sachsen       2.064.500,00       4.042.422,00 51,1%
Schleswig-H.       1.476.900,00       2.959.517,00 49,9%
Rheinl.-Pfalz       2.059.900,00       4.129.569,00 49,9%
Thüringen       1.015.400,00       2.100.277,00 48,3%
Mecklenb.-Vorp.            752.200,00       1.573.597,00 47,8%
Sachsen-Anhalt            989.100,00       2.135.597,00 46,3%
Brandenburg       1.146.700,00       2.556.747,00 44,8%
   45.987.000,00    83.577.076,00 55,0%

 

 

 

 

 

 

Die Frage nach den Ursachen dieser Unterschiede kann ich auf Basis dieser Zahlen natürlich nicht beantworten. Es kommen verschiedene Einflussfaktoren in Frage. Es kann  natürlich – und das liegt nahe – am großen oder kleinen Arbeitsangebot liegen, dem natürlich auf der anderen Seite hohe oder niedrige Arbeitslosigkeit gegenüberstehen. Es kann in einem Bundesland bezogen auf die Gesamtbevölkerung mehr Rentner und/oder mehr Kinder und Jugendliche geben als in einem anderen Bundesland. Selbst der Anteil erwerbstätiger und nicht erwerbstätiger Migranten im Bürgergeldbezug kann sich hier auswirken.

Betrachtet man sich allerdings den krassen Gegensatz zwischen den in der Tabelle rot eingefärbten Bundesländern und den grün eingefärbten, bleibt da als Hauptgrund eigentlich nur das Arbeitsangebot als Ursache übrig, was in Bezug auf die vier Schlusslichter, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg auch als Indiz dafür gesehen werden kann, dass die Einheitlichkeit der Lebensumstände in den neuen Bundesländern auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung noch nicht erreicht werden konnte.

Nun ist Erwerbstätigkeit hier aber nicht gleich Erwerbstätigkeit dort. Es kommt darauf an, was unter dem Strich dabei herauskommt. Betrachten wir also das BIP pro Erwerbstätigem.

Und, siehe da, auch hier liegt Hamburg wieder unangefochten an der Spitze. Viele Erwerbstätige bei hohem BIP pro Erwerbstätigem, das ist der in Deutschland erreichte Höchstwert in der Freisetzung der Leistungsfähigkeit der Bevölkerung. Auch daraus werde ich noch eine Kennzahl bilden. Aber sehen Sie sich zunächst die nachstehende Tabelle an:

Erwerbstätige Einwohner Quote BIP
Mio.€
BIP/Erwerbst.
Tsd.€
Hamburg       1.358.500,00       1.862.505,00 72,9% 161856             119,14
Hessen       3.613.700,00       6.280.793,00 57,5% 368298             101,92
Baden-Württ.       6.415.000,00    11.245.898,00 57,0% 650225             101,36
Bayern       7.869.900,00    13.248.928,00 59,4% 791603             100,59
Berlin       2.197.400,00       3.685.265,00 59,6% 207058                94,23
Bremen            445.200,00            704.881,00 63,2% 41357                92,90
Niedersachs.       4.237.300,00       8.004.489,00 52,9% 381267                89,98
Rhein.-Pf.       2.059.900,00       4.129.569,00 49,9% 184043                89,35
NRW       9.824.500,00    18.034.450,00 54,5% 871867                88,74
Schleswig-H.       1.476.900,00       2.959.517,00 49,9% 126829                85,88
Brandenburg       1.146.700,00       2.556.747,00 44,8% 97540                85,06
Saarland            520.800,00       1.012.141,00 51,5% 42589                81,78
Mecklenb-Vorp.            752.200,00       1.573.597,00 47,8% 61245                81,42
Sachsen-A.            989.100,00       2.135.597,00 46,3% 79421                80,30
Sachsen       2.064.500,00       4.042.422,00 51,1% 161910                78,43
Thüringen       1.015.400,00       2.100.277,00 48,3% 78150                76,96
   45.987.000,00    83.577.076,00 55,0% 4305258                93,62

Aus der Spitzengruppe ist nur Bremen ganz knapp herausgefallen. Spannender wird es beim Mittelfeld. NRW und Niedersachsen konnten ihre Plätze erhalten, aber das Saarland und Sachsen sind in das Verliererfeld abgerutscht. In diesen beiden Ländern wurde zwar die durchschnittliche Erwerbsquote nur knapp unterschritten, das BIP pro Erwerbstätigen ist allerdings deutlich niedriger ausgefallen.

Der Schluss, eine hohe Erwerbstätigkeitsquote ziehe automatisch auch das BIP pro Erwerbstätigem nach oben, trifft offenbar nur da zu, wo die Erwerbstätigkeit deutlich über dem Durschnitt liegt. Vom Durschschnitt an abwärts geht es auch mit dem BIP abwärts.

Aber, ich hatte Ihnen noch eine Kennzahl versprochen. Ich nenne Sie „Leistungsgrad der Bevölkerung“. Sie ergibt sich aus der Multiplikation von Erwerbsquote und BIP pro Erwerbstätigem, und diese wiederum bezogen auf das durchschnittliche BIP pro Erwerbstätigem aller Bundesländer.

Klingt kompliziert, ist aber einfach.

Hätte Deutschland eine Erwerbsquote von 100% (was natürlich unerreichbar ist), dann läge der hier gemessene Leistungsgrad dann exakt bei 1,0 wenn ein Bundesland den Bundesdurchschnitt des BIP pro Erwerbstätigem erreicht.

Niedrigere Erwerbsquoten und/oder niedrigeres BIP senken diesen Wert, ein höheres BIP lässt ihn steigen. Und so sieht das aus:

Quote BIP/Erwerbst. Leistungsgrad
Hamburg 72,9%             119,14                   0,93
Bayern 59,4%             100,59                   0,64
Bremen 63,2%                92,90                   0,63
Hessen 57,5%             101,92                   0,63
Baden-Württ. 57,0%             101,36                   0,62
Berlin 59,6%                94,23                   0,60
NRW 54,5%                88,74                   0,52
Niedersachs. 52,9%                89,98                   0,51
Rhein.-Pf. 49,9%                89,35                   0,48
Schleswig-H. 49,9%                85,88                   0,46
Saarland 51,5%                81,78                   0,45
Sachsen 51,1%                78,43                   0,43
Mecklenb-Vorp. 47,8%                81,42                   0,42
Brandenburg 44,8%                85,06                   0,41
Thüringen 48,3%                76,96                   0,40
Sachsen-A. 46,3%                80,30                   0,40
                         –
55,0%                93,62                51,51

Hamburg ist absolute Spitze.

Weit abgeschlagen, aber immer noch über dem Durchschnitt finden sich Bayern, Bremen, Hessen, Baden-Württemberg und Berlin.

NRW, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz schaffen gerade noch die Hälfte des Leistungsgrades von Hamburg.

Alle anderen schaffen weniger als die Hälfte, und das Schlusslicht Sachsen-Anhalt kommt gerade noch auf 43 Prozent der Hamburger Leistung.

 

 

 

Interaktive Karte der deutschen Bundesländer (Excel-Upload)

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