Überraschend für mich, hat Donald Trump heute Nacht verkündet, es sei eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran vereinbart. Inzwischen sieht es so aus, als würde die Waffenruhe eingehalten.
Diese Entwicklung zu interpretieren ist nicht einfach. Oder doch?
Auch wenn es zwischenzeitlich noch einmal ganz anders ausgesehen hat und ich nicht mehr daran geglaubt habe, es scheint nun doch auf das hinauszulaufen, was mir am 19. Juni dazu eingfallen war:
| Egon W. Kreutzer, Donnerstag, 19. Juni 2025
GBU 57 – eine sinnlose Option Es wird naiv herumspekuliert, ob Donald Trump, wenn er verkündet, es werde „etwas Großes“ geschehen, auf den Einsatz der größten bunkerbrechenden Bombe der USA, die 13.6 Tonnen schwere GBU 57, hinweisen könnte. Nun, natürlich könnte das sein. Aber was kann damit erreicht werden? Für den weiteren Verlauf des akuten Kriegsgeschehens würde nichts erreicht. Vielleicht ein psychologischer Effekt, aber mehr nicht. Die davon erhoffte Zerstörung der iranischen Anlage zur Urananreicherung könnte gelingen. Vorausgesetzt, die Bombe bleibt nicht doch im Boden stecken, bevor die unterirdischen Anlagen erreicht sind. Über die tatsächliche Eindringtiefe in gewachsenen Fels ist nichts bekannt. 60 Meter tief in den Erdboden, wenn der aus vergleichsweise weichem Material besteht, mögen ja stimmen, aber das sagt noch nichts über die Wirkung auf eine tief im Felsen versteckte Anlage aus. Aber nehmen wir an, die Attacke gelingt und die Zentrifugen sind für alle Zeiten zerstört. Was wäre die Wirkung auf den Krieg? Das spaltbare Material und die Anlagen zu seiner Anreicherung haben nicht die geringste Auswirkung auf Irans Verteidigungsfähigkeit. Das ist der Witz. Wenn es also dazu kommen sollte, dann nicht, um den Krieg zu gewinnen, nicht um den Regimewechsel durchzuziehen, sondern einzig und alleine, um den Vorwand für den Beginn des Krieges aus der Welt zu schaffen und damit auch die Begründung für seine Fortsetzung wegzubomben. Es wäre der ideale Ausstieg. Trump erklärt Netanjahu, das Ziel sei erreicht. Der Iran werde für lange, lange Zeit nicht mehr in der Lage sein, die Bombe zu bauen. Weitere Unterstützung gäbe es nicht. Netanjahu erklärt, das Kriegsziel sei erreicht. Der Iran werde für lange, lange Zeit nicht mehr in der Lage sein, die Bombe zu bauen. Also könne man die Feindseligkeiten einstellen. Chamenei erklärt, der Iran habe nie beabsichtigt, eine Bombe zu bauen, weshalb die Zerstörung der Anlagen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie ein sinnloser und überflüssiger Akt der Zerstörung gewesen sei. Wenn Israel nun aber die Feinseligkeiten einstellen wolle, werden man dem Ende des nicht erklärten Krieges zustimmen, man sei bereit, an einem auf lange Sicht angelegten Friedensvertrag zu arbeiten. Friedrich Merz erklärt, die Welt sei durch das beherzte Eingreifen der USA wieder ein Stück sicherer geworden, er frage sich allerdings, warum dies in Bezug auf die Ukraine nicht ebenso gestaltet werden könnte. |
Nachdem dies alles nun offenbar eingetütet ist, stellt sich die Frage nach dem WARUM.
Entweder, es war von Anfang an alles so geplant.
Dann muss den israelischen Strategen klar gewesen sein, dass sie den Iran nicht im klassischen Sinne besiegern können. Es muss ihnen klargemacht worden sein, dass die USA nicht mit Bodentruppen zu Hilfe kommen würden. Der ganze Krieg hätte tatsächlich nur das Ziel gehabt, mit geringen eigenen Verlusten einen schweren Schlag gegen die iranische Kernenergie-Anlagen und vor allem die Uran-Anreicherung auszuführen, um sich danach in einen Waffenstillstand zurückzuziehen. Selbstverständlich muss sich Trump zu diesem Vorhaben unmissverständlich geäußert haben, wie weit er dieses Vorgehen unterstützen würde, und wie weit nicht. Die Unsicherheit lag dabei im Reagieren des Iran, das nicht vollständig vorhergesehen werden konnte.
Oder es hat sich im Kriegsverlauf so ergeben.
Vielleicht wollte man tatsächlich frühzeitig, also nach Erreichen der Hauptkriegsziele wieder abbrechen. Dies allerdings wurde durch die Gegenwehr Irans nicht so einfach. Vor allem zeigte sich, dass der Iran sehr wohl in der Lage war, israelische Großstädte anzugreifen und die anvisierten Ziele auch zu treffen. Dies könnte Israel dazu gebracht haben, einen Ausgang aus der Situation zu suchen. Inwieweit Israel tatsächlich in Bedrängnis war, wird sich spätestens bei den Friedensverhandlungen darin zeigen, inwieweit Israel bereit sein wird, dem Iran Konzessionen zu machen. Obwohl – meine Meinung – dies wahrscheinlich bereits zwischen Moskau und Washington abgesprochen ist. Die Tatsache, dass der Iran zwar noch Vergeltungsschläge gegen die USA führen durfte, diese jedoch vorher angekündigt waren und letztlich ins Leere gingen, deutet stark darauf hin.
Was nun?
Ich bin vorsichtig optimistisch. Es sieht ganz so aus, als hätten Putin und Trump, vermutlich im Bunde mit Xi, jene Rolle übernommen, die einst der UNO zugedacht war, nämlich weltweite Großkonflikte zu verhindern bzw. einzudämmen und zu beenden. Die UNO war dazu nie in der Lage, die Konstruktion des Sicherheitsrates als konfrontative Manege, in der jeder Spieler das Recht zum Veto hatte, und die fehlende militärische Gewalt in Händen der UNO, ließen dafür praktisch keine Chance.
Die Situation, wie ich sie jetzt einschätze, dass nämlich zwischen den Haupt-Interessenträgern ein Interessenausgleich vorgenommen wird, birgt einige spannende Aspekte. Unter anderem in Bezug auf die Beendigung des Kriegs in der Ukraine. Dieser Konflikt hätte doch, nach dem Muster Iran-Israel schon längst beendet werden können? Nun: Das kleine Israel, dem zwar nachgesagt wird, es bestimme letztlich die US-Politik, hat sich den strategischen Plänen der USA unterordnen müssen. Der Iran, dessen Überleben von der Unterstützung Russlands und Chinas abhängt, hat sich den Moskauer Wünschen gebeugt. Einfache Sache.
In der Ukraine ist Russland selbst Partei. Auf der anderen Seite hat Trump Selenski im Grunde bereits fallen gelassen, doch da sind noch diese Europäer, die vielleicht letztmals versuchen, eigenständige Geopolitik zu betreiben, und anders als Trump und Putin reden Macron, Starmer und Merz eben nicht mit den Russen und lassen sich auch nicht auf die Vorschläge aus Washington ein. Jedenfalls noch nicht. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass in dem Paket über die Beendigung des Iran-Israel-Krieges auch eine Vereinbarung über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Ukraine enthalten war.
Wir werden sehen. Vielleicht schon im Nachgang zum NATO-Gipfel.