
PaD 39 /2024 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 39 2024 PKV abschaffen
Wenn Demoskopen fragen: „Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären?“, ist die Chance, dass die Befragten eine Ahnung davon haben, was Bundestagswahlen sind, und dass sie sich vielleicht schon einmal Gedanken gemacht haben, welche Partei sie derzeit bevorzugen würden, relativ hoch. Mithin dürfte auch das abgefragte Stimmungsbild einigermaßen zutreffend sein.
Wenn Demoskopen jedoch fragen, ob die Private Krankenversicherung abgeschafft werden soll, dann haben 90 % der Befragten kaum eine Ahnung, was die PKV eigentlich ist, stattdessen aber Vorurteile, aus denen man mühelos eine große Neidkampagne stricken könnte. Folgerichtig halten 82 Prozent der gesetzlich Versicherten das duale System der Krankenversicherung für ungerecht und fordern die Abschaffung der PKV.
Eine solche Umfrage ist sachlich betrachtet Blödsinn, was die Frage aufwirft, wer damit wohl welchen Zweck verfolgen mag.
Betrachtet man die Situation der gesetzlichen Krankenkassen, lässt sich die Vermutung nicht so einfach wegdrücken, es würde den Gesundheitspolitikern sehr gut in den Kram passen, die Zahl der Pflichtversicherten und damit die Höhe der Beitragseinnahmen zu steigern. Beides ließe sich erreichen, wenn niemand mehr durch Abschluss einer privaten Krankenversicherung aus der gesetzlichen austreten könnte, weil die PKV abgeschafft und verboten ist.
Steckt also letzten Endes Karl Lauterbach hinter dieser Umfrage? Denkbar ist das, auch wenn es sich dabei um eine sehr kurzsichtige Strategie handeln würde.
Deutschlands Gesundheitswesen, die Haus- und Fachärzte, die Kliniken, die Apotheken und die Pharma-Industrie, die Physio-Therapeuten und Hilfsmittelproduzenten, leben allesamt von den Beitragszahlungen der gesetzlich und privat Krankenversicherten. Setzen wir die Kosten dafür als 100 Prozent an, dann verändern sich diese durch die Abschaffung der PKV nicht.
Was die Ärzte und Kliniken betrifft, ist jedoch festzustellen, dass 90 % gesetzlich versicherte Patienten der Ärzteschaft höchstens 80 % der Einnahmen bringen, während die 10 % der privat versicherten Patienten mindestens 20 % zum Umsatz der Praxen und Kliniken beitragen, weil den Privatpatienten für die gleiche Leistung sehr viel höhere Honorare in Rechnung gestellt werden als gegenüber den Kassen abgerechnet werden könnten.
Die Abschaffung der PKV würde folglich bedeuten, dass Ärzten und Kliniken mindestens 10 % ihrer Einnahmen wegbrechen, was wiederum dazu führen würde, dass die PKV-Beiträge um etwa 5 bis 6 Prozent erhöht werden müssten, soll die Ärzte- und Klinikdichte nicht noch weiter abnehmen.
Dass das deutsche Gesundheitswesen bei schwindelerregenden Kosten immer größere Probleme aufweist, ist eine ganz andere Geschichte, die nicht erst mit den kostenlos mitversorgten Migranten begonnen hat.
Im Oktober 2002 habe ich, unter dem Titel
„Der Patient ist die Lösung“
Vorschläge zum Umbau des deutschen Gesundheitswesens vorgelegt und an rund 50 damalige Verantwortungsträger in gedruckter Form verteilt.
An der dort dargelegten Analyse hat sich bis heute nichts Grundsätzliches geändert:
Das Netz der medizinischen Versorgung in Deutschland ist dicht. Wir treiben einen hohen Aufwand für Vorsorge, Diagnose und Therapie, stellen modernste Geräte und Methoden, hochqualifizierte Ärzte und Wissenschaftler in den Dienst der Menschen und versorgen sie mit erstklassigen Medikamenten.
Allerdings stoßen Politiker, die Verantwortung für Funktion und Finanzierung des Gesundheitswesens übernommen haben, seit geraumer Zeit ganz offensichtlich an die Grenzen der Bezahlbarkeit dieses Systems.
Im Folgenden wird die Frage behandelt, wie die Fehlentwicklungen, die zur „Unbezahlbarkeit“ unseres Gesundheitssystems geführt haben, korrigiert werden können. Die vorgeschlagene Lösung beschreibt ein Gesundheitswesen, das die soziale Sicherheit der Bürger auf einer echten marktwirtschaftlichen Basis so herzustellen vermag, dass sich die staatliche Reglementierung von Leistungen und Preisen erübrigen wird.
Analyse
An der Spitze der Hierarchie unserer Informationen über das Gesundheitswesen steht der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen als eine Kennziffer, die uns in diesen Tagen untrüglich beweist, dass – über alle bisherigen Reformanstrengungen hinaus – neue Maßnahmen zum Umbau des Gesundheitswesens erforderlich sind.
Dass unser Gesundheitswesen im internationalen Vergleich bei relativ hohen Kosten nur ein durchschnittliches Maß an Gesundheit der Bevölkerung hervorbringt, dass eine hohe Versorgungsdichte also keine Gewähr dafür bietet, dass die Qualität der Ergebnisse mit dem betriebenen Aufwand Schritt hält, ist – trotz aller Einsprüche der Interessenvertreter – rein statistisch nicht zu widerlegen.
Weil dies so ist, müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wo die Ursachen dafür liegen, dass im Bereich der medizinischen Leistungen ein stetig wachsendes Angebot – ohne erkennbaren Aufwand für Marketing und Werbung – vom Markt stets mühelos aufgenommen wird. Wir müssen uns weiter fragen, wie es kommt, dass ausgerechnet in diesem Markt, in dem mit dem Erreichen des durchaus definierbaren Zustandes „Volksgesundheit“ eine klare Sättigungsgrenze aufzuzeigen wäre, ein Ende des Bedarfes nicht absehbar erscheint.
Die Antwort ist einfach:
Das deutsche Gesundheitswesen ist kein Markt.
Wir haben es zugelassen, dass ein System entstehen konnte, in dem die unterschiedlichen Interessen von Anbietern und Nachfragern nicht mehr aufeinander treffen. Auch der sogenannte „Wettbewerb der Kassen“ konnte nicht dazu beitragen, marktwirtschaftliche Verhältnisse zu schaffen.
Die sichtbare Konsequenz ist, dass sich Mediziner und Patienten – jeweils in ihrer Gesamtheit betrachtet – in nichts nachstehen, wenn es darum geht, jeweils zum eigenen Nutzen aus dem großen gemeinsamen Topf der Kassen soviel herauszuholen, wie nur irgend möglich.
Die einen tun das, weil sie davon leben, weil es ihr Beruf und ihr Ziel als Unternehmer ist, einen möglichst hohen Gewinn zu erwirtschaften, was wir üblicherweise als legitimes Streben akzeptieren; die anderen tun es, weil sie glauben, es sei ein Zeichen von Dummheit, nicht mindestens das Maß an Leistung zu beanspruchen, das dem Beitrag entspricht, den sie eingezahlt haben und niemand auf der Seite der Leistungserbringer ist ernstlich daran interessiert, diesen Irrglauben auszurotten, ganz im Gegenteil.
Die Kassen, als Angriffspunkt und Ziel aller Begehrlichkeiten, stehen dem Treiben hilflos gegenüber. Wie soll in jedem Einzelfall entschieden werden, was medizinisch notwendig, sinnvoll oder doch zumindest nützlich ist? Wie soll ein Heer von Kontrolleuren gefunden, ausgebildet und bezahlt werden, um jenen Grenzverlauf zu überwachen, an dem zu unterscheiden wäre, ob eine Leistung noch dem gerechtfertigten Anspruch des Patienten auf Heilung dient oder ob sie nur noch dem nicht mehr gerechtfertigten Bestreben des Medizinbetriebes auf Auslastung von Kapazitäten und Gewinnmaximierung zuzuordnen ist?
So hoffen die Kassen auf die Politik. Doch die Mittel der Politik bleiben, solange am System selbst nichts verändert wird, begrenzt. Ihre ausschließlich restriktiven Instrumente lassen immer wieder das böse Wort von der Zwei-Klassen-Medizin auftauchen und am Ende erschöpfen sie sich in Positiv-Listen und Negativ-Listen, in Deckelungen und Fallpauschalen, in der Verkündung von Leistungseinschränkungen und der Durchsetzung höherer Eigenbeteiligung.
Dass sich in den letzten 22 Jahren an dieser Situation grundsätzlich nichts geändert hat, liegt nicht an den privaten Krankenkassen.
Es liegt an den Macken, die „Unseredemokratie“ nun einmal mit sich bringt.
In Bezug auf die Versorgung mit medizinischen Leistungen heißt die Macke:
Entmündigung der Patienten durch die regierenden Parteien.
Man muss die Patienten entmündigen, um den Anschein von Gerechtigkeit und Gleichbehandlung aufrecht zu erhalten, der wiederum unentbehrlich ist, um alle paar Jahre an der Urne punkten zu können. Man muss die Patienten aber auch entmündigen, um „Gesundheit“ als Leistung der Regierung verkaufen zu können. Man muss die Patienten entmündigen, um die Widerlegung von staatlich gestützten Mythen über Wirksamkeit und Unwirksamkeit von Therapien verhindern zu können, indem alternative Wege verboten und, wo sie trotzdem eingesetzt werden, massiv diskreditiert werden.
Das Argument für die Entmündigung findet sich unschwer da, wo die Behandlung von Krankheiten und Verletzungen Kosten verursacht, die vom normalen Pflichtversicherten niemals aufgebracht werden können:
- Wenn die Versichertengemeinschaft aus dem gemeinsamen Topf für solche kostspieligen Risiken aufkommt,
- dann muss die Versichertengemeinschaft auch entscheiden können, welche therapeutischen Mittel und Verfahren eingesetzt werden dürfen.
Allerdings wissen wir nur allzu gut, dass darüber keineswegs die Versichertengemeinschaft entscheidet, sondern ein – verdammt noch mal! – vollkommen versicherungsfremdes Ministerium, das im Gesundheitswesen lediglich eine volkswirtschaftliche Größe sieht, bei der die Wirtschaft durch Krankenkassenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern belastet wird, während der medizinisch-pharmakologische Komplex seinen Beitrag zum BIP eben aus dieser Belastung bezieht, was am Ende dazu führt, dass zur Entlastung der Wirtschaft und zur Förderung des Gesundheitssektors, Zuschüsse aus dem allgemeinen Steueraufkommen und aus Mitteln der Neuverschuldung geleistet werden müssen. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Eiertanz, in dessen Verlauf die Gewichte permanent so verschoben werden müssen, dass die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung nur dadurch gelingt, dass regelmäßig der Übergang von einem instabilen Zustand in den anderen so rechtzeitig gesucht wird, dass der Zusammenbruch des Systems immer gerade noch verhindert werden kann.
Der große „Zauberlehrling“ Lauterbach ist gerade wieder einmal dabei, einen solchen Wechsel einzuleiten, dem weite Teile der stationären Versorgung zum Opfer fallen müssen, um die Ansprüche der anderen Partizipanten des Gesundheitswesens so lange zu sichern, bis Kassen- oder Problemlage den nächsten Wechsel erzwingen. Es wird deutlich, dass Krankenkassenleistungen primär dem Wohl des medizinisch-pharmakologischen Komplexes dienen, während der Patient als Verfügungsmasse der Politik immer nur die Versorgung erhält, die gerade im Angebot ist.
Lauterbach hat recht, wenn er sagt, das deutsche Gesundheitswesen sei teuer, aber nicht besonders effektiv.
Er hat nicht recht, wenn er glaubt, Kostensenkung durch massenhafte Schließung von Kliniken würde die Effektivität des Gesundheitswesens steigern. Der Heilungsprozess der Patienten wird durch die Schließung von Krankenhäusern weder verbessert noch beschleunigt. Er bleibt bestenfalls unbeeinträchtigt.
Den Patienten aus seiner Unmündigkeit zu befreien, bedeutet allerdings auch, ihn stärker in die Veranwortung für die eigene Gesundheit und die Kosten ihrer Erhaltung bzw. Wiederherstellung zu nehmen.
Die Unternehmen der PKV fördern diesen Ansatz bereits ein Stück weit mit einer Doppelstrategie, indem
- die meisten Tarife mit einem Selbstbehalt ausgestattet sind. Das bedeutet, dass grundsätzlich ein bestimmter Betrag pro Jahr, vom Versicherten selbst zu tragen ist, bevor die Versicherung die darüber hinausgehenden Kosten erstattet, und
- die meisten Tarife bei Leistungsfreiheit eine Beitragsrückerstattung von ein, zwei oder mehr Monatsbeiträgen gewähren.
Der Versicherte wird daher Geldleistungen der Versicherung nur dann fordern, wenn seine Gesundheitskosten sowohl den Selbstbehalt als auch die erwartete Beitragsrückerstattung übersteigen. Das senkt nicht nur die Versicherungsleistungen und den Verwaltungsaufwand der Versicherungen, es führt auch zu einer grundsätzlich anderen Einstellung des Patienten, der nicht mehr einfach alles in Anspruch nimmt, was der gesetzlich Versicherte in Anspruch nimmt, weil „die Kasse“ es ja bezahlt, sondern von sich aus darauf achtet, seine Gesamtkosten gering zu halten, indem er für „Kleinigkeiten“ selbst aufkommt, statt die Versichertengemeinschaft zu belasten. Übersteigen seine Behandlungskosten den Selbstbehalt und die BRE, nimmt er allerdings selbstverständlich die besseren bzw. erweiterten Leistungen des Gesundheitswesens in Anspruch und seine Kasse bezahlt dies in der Regel auch anstandslos.
Man könnte dieses Prinzip allerdings noch ein Stück weiter ausbauen und es zugleich auch auf die bisher gesetzlich Versicherten übertragen. Dabei geht es nicht um die Abschaffung der „Zweiklassen-Medizin“, die sich in der Unterscheidung nach „Kasse“ und „Privat“ schon immer zeigt, sondern eher um eine noch feinere, in der freien Entscheidung der Patienten liegende Ausdifferenzierung.
Dazu hier noch eine Kurzfassung des 2002 vorgelegten Konzepts „Der Patient ist die Lösung“:
Die entscheidende Frage lautet:
Wozu dient dieses absolut marode, ständig in Finanzproblemen steckende System der gesetzlichen Krankenversicherung eigentlich noch, wenn es noch nicht einmal in der Lage ist, über den Tag hinaus zu definieren, was denn diese „medizinische Grundversorgung“ sei, die zu bezahlen es angeblich angetreten ist?
Nun, wir ahnen irgendwie, dass unser Gesundheitswesen sofort und nachhaltig zusammenbräche, würde man die gesetzliche Krankenkasse ersatzlos abschaffen. Schließlich trägt sie die Bürde der „Volksgesundheit“, während die privaten Kassen sich überwiegend die Rosinen, die „guten Risiken“ herauspicken.
Wir ahnen damit auch, dass der Wechsel zur privaten Kasse nichts anderes ist, als ein Stück Entsolidarisierung auf dem Weg zur Ellenbogen- und Spaßgesellschaft, das der Staat, wäre er stark genug, verbieten müßte, um der gesetzlichen Kasse ihren Auftrag zu erleichtern; um ihr genau die beitragsstarken, gesunden Mitglieder zu erhalten, die in einer Art Generationenvertrag, wie bei der Rentenversicherung, jetzt für die Krankheitskosten der Älteren aufkommen, mit der Gewissheit, eine nachwachsende Generation würde einst auch ihre Krankheitskosten im Alter übernehmen.
Dem Staat fehlt diese Kraft und so bemüht er sich, die im Hauen und Stechen um die Beitragsmilliarden immer wieder aufbrechenden Versorgungslücken zu bemänteln und mit immer neuen kostendämpfenden Maßnahmen möglichst lange aus den Personalkosten der Wirtschaft herauszuhalten.
Jede marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeit, die das Auftreten zusätzlichen Angebotes bei gesättigtem Markt verhindern sollte, ist im Gesundheitswesen soweit außer Kraft gesetzt, dass wir eher den Staatsbankrott erleben, als das Ende der Begehrlichkeiten der Heiler und ihrer Helfer, denen es bisher noch immer gelungen ist, jede echte Reform im Keim zu ersticken und sich damit den Zugriff auf den Topf der Sozialkassen zu erhalten. Trotz aller schon erfolgten Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen ist doch bis heute kein Arzt darauf angewiesen, mit der Qualität seiner Leistung, seinem besonderen Service oder seinem besonders günstigen Preis um Patienten zu werben, weil er immer noch gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse und/oder gegenüber der Privaten Kasse nach einer pauschalen Honorartafel zugreifen kann. Und immer wenn der Zustrom der Mittel in den Topf nicht mehr ausreicht, um das Produkt aus Menge und Begehrlichkeit derer, die sich daraus bedienen, zu befriedigen, steht die Beitragserhöhung ja dann doch als letzter Ausweg offen.
Ist es also überhaupt möglich, das Gesundheitswesen gegen den Widerstand dieser mächtigen, tief in der Struktur der Republik und im Unterbewusstsein der Bevölkerung verankerten Interessengruppe nach marktwirtschaftlichen Gesetzen neu zu organisieren und damit einen Automatismus herzustellen, der die volkswirtschaftlichen Gesamtaufwendungen sinnvoll und wirksam begrenzt?
Wenn, dann wohl nur auf dem Wege, dass die Nachfrage-Macht des Patienten über Preis-/Leistungstransparenz und weitgehende Selbstbestimmung bei der Mittelverwendung überhaupt erkennbar und soweit gestärkt wird, dass ein Wettbewerb um sichere Diagnosen und wirksame Therapie in Gang kommen kann, der sich in nichts von dem Wettbewerb unterscheidet, wie er zwischen Kaufhäusern oder zwischen Bauunternehmen herrscht der absolut wirksam über den Preis und die Qualität ausgetragen wird.
Was halten Sie von folgendem Szenario:
Jeder einzelne Bürger wird per Gesetz Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse und zahlt einen geringen monatlichen Grundbeitrag. Das Gesamtaufkommen dieser Zahlungen sollte sich im Rahmen dessen bewegen, was bisher als „Arbeitgeberanteil“ in das Gesundheitswesen eingeflossen ist und auch weiterhin im Wesentlichen von den „Arbeitgebern“ aufgebracht werden.
Die so eingebrachten Mittel dienen ausschließlich der Abdeckung der Verwaltungskosten der Krankenversicherung, der Finanzierung von bestimmten Pflicht-Vorsorge-Untersuchungen, zu denen jeder Bürger regelmäßig aufgerufen wird und der Abdeckung von Einzelrisiken, die nicht über das im Folgenden beschriebene „Darlehensmodell“ refinanziert werden können.
Darlehensmodell
Die Inanspruchnahme frei gewählter medizinischer Leistung und auch die Inanspruchnahme von Notfallmedizin, Heil- und Hilfsmitteln, Kuren und anderen Rehabilitationsmaßnahmen wird dem Kassenmitglied (solange keine aus dem Versicherungsverlauf entstandenen Restriktionen dagegenstehen und der Leistungserbringer ausreichend qualifiziert ist) voll erstattet.
Der Erstattungsbetrag wird technisch als „Darlehen“ an den Patienten behandelt, das in tragbaren monatlichen Raten über einen Zuschlag zum Grundbeitrag eingehoben wird, bis dieses Darlehen, bei marktüblichem Zins, getilgt ist.
Das Kassenmitglied kann außerdem jederzeit Sondertilgungen leisten, oder Leistungen – ohne Einschaltung der Kasse – direkt bezahlen.
Die Versicherungsmathematiker werden schnell ausgerechnet haben, wie hoch der monatliche Mindestbeitrag für jeden einzelnen Bürger zu bemessen sei, damit aus ihm eine Reihe von Pflicht-Vorsorge-Untersuchungen bezahlt werden können und die Risiken abgedeckt werden, die darin bestehen, dass einzelne Patienten nicht in der Lage sein werden, ihre Darlehen (vollständig) zurückzuzahlen, weil der medizinische Aufwand so hoch, oder die restliche Lebenserwartung so kurz ist.
Die Politik wird festzulegen haben, wie sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Beamte und öffentliche Arbeitgeber, Kinder, Rentner, nicht berufstätige Ehefrauen und diesen gleichgestellte Partner aus gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, Sozialhilfe-Empfänger usw. in diesem System an den Start begeben und unter welchen Voraussetzungen der Staat bei Beitrags- und ggfs. auch Tilgungsleistungen unterstützend eingreift.
Was wären die Folgen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung – von der Pflichtversicherung der Armen und Kinderreichen, die sie heute ist – zum allgemeinen Versicherungs- und Kreditverein umgebaut würde?
Richtig: Die Ärzte müssten von einigen standesrechtlichen Schutzvorschriften befreit werden, also z.B. für ihre Leistungen und Preise werben dürfen, weil der Patient in seinem ureigensten Interesse, darauf angewiesen wäre, sichere Diagnosen, wirksame Prophylaxe und im Fall der Fälle eine gute (schnell wirkende, keine Folgeschäden) Therapie zu einem günstigen Preis vergleichend nachzufragen, wobei ihn Verbraucher- respektive Patientenberatungsstellen mit Empfehlungen und mit Warnungen vor schwarzen Schafen unterstützen könnten.
Außerdem: Niemand hätte mehr ein Interesse daran, von der Kasse etwas „herausholen“ zu wollen, denn alles was er bekäme, wäre der zweckgebundene, in Raten zurückzuzahlende Kredit für eine bereits erfolgte Leistung, wobei die Leistung auch eine reine Geldleistung (Krankengeld) sein kann.
Besondere Regelungen sind für Langzeit-Patienten und insbesondere alte Menschen zu treffen, bei denen die vollständige Tilgungsleistung von vornherein gefährdet scheint.
An dieser Stelle wird eine leistungsbegrenzende Formel zu finden sein, die für den Patienten den Anreiz bietet, immer noch eine gute oder besondere Behandlung nachzufragen, die mit der garantierten Erstattung für eine medizinisch korrekte Grundversorgung auskommt. Diese leistungsbegrenzende Formel muss es aber genauso ermöglichen, freiwillig aus eigenen Mitteln eine entsprechende Zuzahlung zu leisten, denn nicht jeder Alte und nicht jeder Langzeitkranke ist mittellos.
Genau das ist übrigens dann der Bereich, in dem ich eine Berechtigung sähe, für die Private Krankenkasse, als Zusatzversicherung. Genau für solche Fälle kann die Private Krankenversicherung dann in die Leistung gehen, nachdem dafür über viele Jahre die entsprechenden Vorsorge-Beiträge angesammelt wurden.
Der Vorschlag wird auf erbitterten Widerstand derer stoßen, die ihre bislang sichere Pfründe schwinden sehen, weil sie sich davor fürchten müssen, ihre überflüssige, überteuerte oder gar schädliche Leistung im Wettbewerb einem immer aufgeklärteren Patienten anbieten zu müssen und für den medizinisch nicht so versierten Patienten könnte der unabhängige Sachverständige zum wichtigen Partner werden, so ähnlich wie er sich bei der Unfallreparatur von Kraftfahrzeugen längst bewährt hat.
Ist es nicht ein vertiefendes Nachdenken wert, wenn es im ersten Ansatz so aussieht, als könne durch eine einfache Änderung des Versicherungsprinzips (gezielt Abzahlen, statt ziellos Ansparen) eine Marktmacht auf der Nachfrageseite geschaffen und damit ein Problem nachhaltig gelöst werden?