
Minister werden ist nicht schwer,
Minister sein dagegen sehr.
Das ist eine Wahrheit, die sich ebenso wiederholt und bestätigt, wie das von Wilhelm Busch geprägte Originalzitat, nur mit „Vater“, statt „Minister“.
Ein Blick zurück auf Konstitution und Ende der Ampel sollte genügen, um die Erinnerung daran wachzurufen, worauf es bei der Berufung auf ein Ministeramt ankommt, und worauf eben nicht, und wohin diese Prioritätensetzung führt.
Nachdem die Türchen des Adventskalenders nun scheibchenweise geöffnet werden, hinter denen sich das neue Regierungspersonal verbirgt – heute die Auserwählten aus der Union und nach dem Mitgliederentscheid der SPD, im Mai dann auch die der SPD – sollte man sich mit kritischem Naserümpfen und Augenrollen noch zurückhalten.
Der Mensch, so heißt es, wächst an seinen Aufgaben.
Um solches Wachstum erkennen zu können, ist es unumgänglich, sich über die Aufgaben klar zu werden, an denen die künftigen Regierungsmitglieder sich abarbeiten werden.
So ein Bundesminister ist ja ein kleiner König. Er führt sein Ministerium, was gerne auch als „Ressort“ bezeichnet wird, nach eigenem Gutdünken, also irgendwie so, wie er meint, den Koalitionsvertrag interpretieren zu müssen. Das eröffnet weite Spielräume.
Von daher ist heute noch überhaupt nichts abzusehen, außer, dass niemand aus der Kabinettsriege zögern wird, eine eventuell noch fehlende Fachkompetenz durch forsches Drauflosregieren zu kompensieren.
Auch hier gilt wieder: Einfach auf den Anfang der Ampel zurückblicken. Der neue Aufbruch ins Merz-Universum wird kaum anders aussehen.
Dann gilt es, die ersten 100 Tage zu überstehen. Ein Zeitraum, der viel zu kurz ist, um schon etwas wirklich Bedeutsames auf den Weg gebracht zu haben, weshalb das Urteil der Medien über ein wohlgewogenes „immerhin!“ weder im Positiven, noch im Negativen hinausgehen kann.
Danach sind dann auch die Wahlkampfversprechen endgültig vergessen, und wer noch kritisch danach fragen sollte, wird sich, sollte er dort nicht bereits zuhause sein, spätestens dann in der rechten Ecke wiederfinden.
Meine Erwartungen an das Kabinett Merz liegen auf einer Skala von null bis hundert ungefähr bei minus dreißig, und dazu muss ich noch nicht einmal wissen, wen die SPD ins Kabinett entsenden wird.
Deutschland steckt in einer veritablen Wirtschaftskrise, deren Ursachen mit den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags nicht verändert werden.
Die hausgemachte Energiekrise bleibt uns erhalten und wird durch den weiteren Ausbau der so genannten Erneuerbaren nur weiter verschärft. Volkswirtschaftlich betrachtet sind die „Entlastungen“ bei den Strompreisen nur Taschenspielereien. Die Kosten des Energiewende-Experiments ändern sich dadurch nicht, sie werden lediglich verlagert, ohne dadurch unschädlich zu werden. Die Zuverlässigkeit der Stromversorgung wird dadurch nicht gewährleistet.
Die hausgemachte Migrationskrise ändert sich nicht. Der Sockelbetrag von rund 50 Milliarden Euro jährlich wird mit den beschlossenen Maßnahmen nicht sinken sondern bestenfalls langsamer steigen. Die Überlastung der Sozialsysteme und des Wohnungsmarktes bleibt bestehen und wird ebenfalls noch zunehmen.
Wachstum durch Aufrüstung ist ein Irrweg. Rüstung ist eben nicht Investition, von der die Bürger profitieren, sondern Staats-Konsum, der inflationstreibend wirkt, weil das Angebot an Waren und Dienstleistungen für den privaten Bedarf stagniert, während die Geldmenge mit der erhoffen Beschäftigungszunahme wächst.
- Dass es daneben massive Probleme im Schul- und Bildungsbereich gibt,
- dass der dadurch mitverursachte Fachkräftemangel alle Pläne zur schnellen Ertüchtigung der Infrastruktur ausbremsen wird,
- dass die Vielfalt, sowohl der Geschlechter als auch der kulturellen Prägungen, sich als Treiber einer gesellschaftlichen Spaltung entpuppt,
- die ebenso wie die Brandmauer, die um ein gutes Viertel der Wahlberechtigten gezogen wurde, die Herstellung von „echten“ Mehrheiten im Bundestag verhindert und nur noch mühsam und im harten Grundsatzstreit zusammengezimmerte Koalitionen möglich macht,
erleichtert die Mammutaufgabe, dieses Land wirtschaftlich wieder auf die Beine zu bringen, garantiert nicht.
Bevor aber die Wirtschaft nicht wieder Tritt fasst, wird das Land im Strudel wachsender Schulden bei steigenden Zinsen die Bodenhaftung verlieren. Dies führt unweigerlich zu Kürzungen bei den staatlichen Leistungen und zu Steuererhöhungen, mit soziale Unruhen als kostspielige Dreingabe.
Es hat in den letzten Wochen vor der Wahl durchaus so ausgesehen, als hätte Friedrich Merz das Rezept für die notwendigen Kurskorrekturen gefunden und würde es als Kanzler umsetzen wollen. Dies hat der Union bei der Bundestagswahl zweifellos geholfen.
Nachdem Merz seine Versprechen gleich nach der Wahl in die Tonne getreten hat, und das, was da noch übrig war, in den Verhandlungen mit Klingbeil und Esken auch noch aufgegeben hat, ist es schlicht egal, welche politische Figur mit welchem Ministerium für ihre Verdienste belohnt wird.
Es könnte sein, dass dies der Grund dafür war, dass Carsten Linnemann erklärte, nicht für ein Ministeramt zur Verfügung zu stehen. Nicht einmal fürs Kanzleramt. Das bekommt jetzt Thorsten Frei. Der hat schon gleich einmal versprochen, eine andere Migrationspolitik durchzusetzen.
Dies allerdings fiele ins Ressort von Alexander Dobrindt, CSU, der im Wahlkampf durchaus wie Merz mit knallharten Forderungen zur Migrationspolitik aufgefallen ist. Nachdem Klingbeil und Esken aber darauf beharren, „Asyl bleib Asyl“ und Merz inzwischen bis zur Zustimmung der europäischen Nachbarn zurückgerudert ist, wird sich das Ergebnis seiner Amtsführung von dem seiner Vorgängerin Nancy Faeser wohl kaum unterscheiden.
Zumal die Kommunikation mit dem europäischen Nachbarn in den Aufgabenbereich von Johann Wadephul im Auswärtigen Amt fällt, dessen Interessenschwerpunkt jedoch eher darin liegt, Deutschland in und mit der NATO kriegstüchtig zu machen. Zeit für Flüchtlingsrücknahmeverhandlungen wird da kaum bleiben, und auch nicht nötig sein, denn die Vereinbarungen gibt es ja längst. Es hält sich nur niemand dran, außer Deutschland vielleicht, aber da ist die Zahl der Fälle so gering, dass es darauf nicht ein bisschen ankommt.
Gespannt bin ich auf Katharina Reiche, die Robert Habeck im Ministerium für Wirtschaft und Energie beerben wird. Als Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) später als Vorstandsvorsitzende des regionalen Energiedienstleisters Westenergie, einer 100%igen EOn-Tochter, hat sie zumindest aus der Höhe ihrer Funktionen etwas Wirtschaftsluft geschnuppert. Dass sie allerdings nicht die Flucht ergriffen, sondern zugesagt hat, als ihr der Vorsitz des nationalen Wasserstoffrates angetragen wurde, lässt bei mir ein gewisses Unbehagen aufkommen.
Ähnlich geht es mir mit Karsten Wildberger, der mit den Problemen der freien Wirtschaft sogar noch vertrauter sein dürfte als Frau Reiche. Er bekommt das Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Leider hat er keine Erfahrung in der Staatsbürokratie, die bisher noch jeden Versuch, einen frischen Wind in den Amtsstuben wehen zu lassen, erfolgreich so lange abwehren konnte, bis er nicht mehr frisch war. Das dürfte der schwierigste Job der ganzen Regierung sein und der frustrierendste zugleich. Ganz ohne eine engagierte Hintermannschaft einfach nicht zu bewältigen, da helfen auch 1000 McKinsey Consultants mit einem Vier-Jahres-Vertrag nur, den Etat des Ministers aufzuzehren.
Patrick Schnieder, Verkehr, Karin Prien, CDU, Familie und Bildung, Nina Warken, CDU, Gesundheit, Dorothee Bär, CSU, Forschung, Technologie und Raumfahrt, und Alois Rainer, CSU Landwirtschaft, kann, bzw. will ich an dieser Stelle nicht gesondert würdigen. Es sind Randthemen; Ministerien, die gerne viel Geld ausgeben, aber davon abhängig sind, dass es der Wirtschaft gutgeht. Das ist momentan nicht der Fall, und deswegen wird sich hier in den vier Jahren bis zur nächsten Wahl nicht viel bewegen.