
PaD 10 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad10 2025 Schuldenkanzler Merz
Staatsschulden in Theorie und Praxis
Symbolträchtig am Faschingsdienstag schnell noch ein Billionenloch aufzureißen, das gehört zu jenen Geschehnissen, die sich ein Kabarettist nicht auszudenken vermag.
Es sieht aus wie die Rache der Narren für das kalendarische Ende ihrer ungesühnt bleibenden Narretei.
„Mögen die, die nach uns kommen, die Suppe auslöffeln. Wir hatten beim Einbrocken unseren Spaß!“
Theorie
In der Theorie wählen sich die Bürger eine Regierung, die dafür sorgen soll, dass ihr Leben besser wird. Zum Beispiel dadurch, dass die Regierung eine gut funktionierende Infrastruktur errichtet und unterhält, wodurch der Wirtschaft Zeit und Kosten erspart werden, was zu höheren Renditen führt, die wiederum zu wachsendem Wohlstand und höheren Steuereinnahmen führen. So erscheint es möglich, die Herstellung dieser Infrastruktur über Kredite zu finanzieren, die dann anschließend aus den höheren Steuereinnahmen getilgt werden können.
Praxis
In der Praxis wählen sich die Bürger jene Regierung, die es vor der Wahl am besten verstanden hat, den Verstand der Wähler auszuschalten. Zum Beispiel dadurch, dass Angst verbreitet wird. Ob nun vor den Russen oder vor einem Virus, vor der Weltüberhitzung oder vor einer neuen Nazi-Diktatur ist dabei ziemlich egal, Hauptsache man verspricht, die einzig richtigen Mittel und Methoden dagegen zu kennen.
Nach der Wahl ist es dann einfach, die Wähler, die das ja wollten, davon zu überzeugen, dass nun hunderte von Milliarden an die Rüstungsindustrie, hunderte Milliarden an die Pharma-Industrie, hunderte Milliarden an die Windmühlen- und Solarzellenindustrie und auch einige Milliarden an die Demokratie-Industrie gezahlt werden müssen, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, aber eins ist sicher: Je mehr ausgegeben wird, desto sicherer bleibt der Russe in Russland, bleiben die Viren im Labor, bleibt die Temperatur unterhalb der Letalitätsgrenze und die AfD unter 50 Prozent. Es gilt: Viel hilft viel! Und das wird dem Bürger vermittelt, damit er begeistert für noch größere Ausgaben votiert.
Natürlich ist das Geld nicht da und auch nicht aus den laufenden Steuereinnahmen zu generieren. Weil die Angst der Menschen, deren Würde unantastbar ist, aber so groß ist, kann verantwortliches Handeln nur darin bestehen, auf die schon bestehenden Schulden noch einmal ordentlich Schulden draufzusatteln.
Es war das Rumpelstilzchen, das der schönen Müllerstochter verraten hat, wie Stroh zu Gold gesponnen werden kann, und es war Mephisto, der dem Kaiser verraten hat, wie die noch im Boden liegenden Schätze als Papiergeld schon verwendet werden können, wenn nur alle daran glauben, das Papier einst gegen Gold und Silber tauschen zu können.
Der Verstand des Menschen reicht an zwei Seiten der Skala nicht aus, um sich die Extreme vorzustellen. Weder können wir wirklich den Begriff der „Unendlichkeit“ erfassen, noch ist es uns möglich, ein wahres „Nichts“ zu denken. Doch mit Hilfe mathematischer Abstraktion, heruntergebrochen auf die doppelte Buchführung der Kaufleute, gelingt es sogar, das absolute Nichts zu spalten. Man ersetzt das Nichts durch die Null, was einfach ist, und entwickelt eine Gleichung, mit der Null auf der einen Seite, und allem, was unter Anwendung der Grundrechenarten Null ergibt, auf der anderen Seite. Das sieht dann zum Beispiel so aus: Null Euro = 1 Milliarde Euro minus 1 Milliarde Euro Das ist das ganze Geheimnis des Kredits: Eine Null, ein nicht existenter Wert, wird zerlegt in ein Guthaben und eine gleich hohe Schuld. Das lässt sich theoretisch bis in die Unendlichkeit fortsetzen. Der Kreditvergabe sind im abstrakten Raum der Zahlen keine Grenzen gesetzt. Warum also sollte ein Staat keine Schulden machen? |
Natürlich ist der Staat in der Theorie auch stets in der Lage, fällige Schulden zu tilgen. Auf die Steuereinnahmen kommt es dabei nicht an. Die reichen ja meistens nicht, um die laufenden Ausgaben zu bestreiten. Der Staat nimmt einfach neue Kredite auf, um die alten bei Fälligkeit abzulösen.
Wir lesen in den Medien immer nur von der Netto-Kreditaufnahme also von der Zunahme der Gesamtverschuldung durch zusätzliche (Neu-) Verschuldung. Das ist ein relativ überschaubarer Betrag, der die Bürger nicht gar so sehr aufregt.
Die Brutto-Kreditaufnahme liegt weit höher.
So verzeichnete Deutschland 2023 eine Netto-Kreditaufnahme in Höhe von nur 27,2 Milliarden Euro, während der Bund insgesamt 404,1 Milliarden an Krediten aufnehmen musste, weil 377 Milliarden Euro (die Differenz) an fälligen Krediten durch neue Schulden abgelöst werden mussten.
So geht Staatsverschuldung wirklich.
Mit jeder Ablösung alter Kredite durch neue Kredite kann sich der Zinssatz ändern. Tendenziell ist es so, dass eine steigende Gesamtverschuldung auch zu steigenden Zinsen führt. Dies könnte man auch als die Ausnutzung einer Notlage bezeichnen. Grundsätzlich unterscheiden sich die großen Gläubiger da in keiner Weise vom kleinen Wucherer auf dem Kiez. Wer das Geld am dringendsten braucht zahlt die höchsten Zinsen.
Deutschland hat es da immer noch gut. Die Bonität des Bundes wird von den Rating-Agenturen sehr hoch eingeschätzt. Dennoch waren im Bundeshaushalt 2023 Ausgaben für Zinsen in Höhe von 37,6 Milliarden Euro vorgesehen. Das bedeutet, dass aus den Steuereinnahmen gerade einmal 10,4 Milliarden Euro für die Zinslasten aufgebracht werden konnten, während die Netto-Kreditaufnahme von 27,2 Milliarden vollständig eingesetzt wurde, um fällige Zinsen mit neuen Schulden zu bezahlen.
Dies ist ein Alarmsignal.
Wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, fällige Tilgungsraten zu bezahlen, aber die Zinsen immer noch pünktlich abdrückt, versetzt das die Gläubiger nicht unbedingt in Aufregung. Das Geld „arbeitet“. Mehr wollen und brauchen sie nicht.
Wenn die Gläubiger aber auch ihre Zinseinnahmen durch weitere Kredite refinanzieren sollen, kommen sie irgendwann auf die Idee, dass sie sich letztlich nur selbst betrügen und dem schlechten Geld ständig noch gutes hinterher werfen. Auf das Jahr 2023 bezogen wurden eben statt der vereinbarten 2,28 Prozent nur 0,63 Prozent Zinsen bezahlt. Die Differenz haben sich die Gläubiger selbst von der linken in die rechte Tasche gelogen.
Schuldenkanzler Merz
Es wäre durchaus möglich gewesen, im Bundeshaushalt für 2025 ein Einsparungspotential von rund 100 Milliarden Euro an Ausgaben zu identifizieren, ohne dass den Staatsbürgern dadurch ein Schaden entstanden wäre, hätte man nur den Mut gefunden, die Prioritäten entsprechend der aktuellen Lage neu zu setzen.
Friedrich Merz hat im Wahlkampf suggeriert, die Milliardenausgaben, die dem Staat aus der illegalen Migration erwachsen, ebenso zu reduzieren, wie die Leistungen der Entwicklungshilfe, zudem das Bürgergeld für Nichtbürger und für erwerbsfähige, aber nicht erwerbstätige Bürger zu kürzen. Das hätte schon für kräftige Entlastungen gereicht und die Notwendigkeit, den Zinsaufwand per Netto-Kreditaufnahme zu decken, verschwinden lassen.
Ein paar Tage nach der Wahl ist davon nichts mehr zu erkennen. Stattdessen strebt Merz eine unbegrenzte Schuldenermächtigung für Aufrüstung an und eine weitere Schuldenermächtigung mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro im Rahmen eines Sondervermögens „Infrastruktur“, das im Wesentlichen wahrscheinlich der Kriegstüchtigkeit von Straßen, Brücken und Schienen für den großen Aufmarsch dienen soll.
Die SPD hat dazu bereits ihr Ja-Wort gegeben. Noch im März soll es Sondersitzungen des abgewählten Bundestages geben, in denen mit Stimmen von Grünen und FDP der neuen Regierung unter Merz der Blankoscheck über rund eine Billion ausgestellt werden soll. Es darf gerne auch ein bisschen mehr sein, denn die Rüstungsausgaben ab 1% BIP sind überhaupt nicht mehr gedeckelt.
Auch das ist übrigens ein (fieser) Kniff, der im regulären Haushalt eine neue Geldquelle im Umfang von rund 50 Milliarden Euro sprudeln lässt. Die bisher der NATO zugesagten 2 % vom BIP hätten schließlich aus dem regulären Haushalt kommen sollen. Jetzt bleibt da nur ein Prozent, und was darüber ist, darf – ohne die Schuldenbremse zu verletzen, ein Witz! – mit neuen Schulden bis an die Hutkrempe finanziert werden.
So kann Friedrich Merz, der noch gar nicht im Amt angekommen ist, bereits zum größten Schuldenkanzler seit Beginn der Aufzeichnungen ausgerufen werden. Womöglich ist der Sauerländer sogar stolz darauf.
Ausblick
Nehmen wir das schlimmstmögliche Szenario an. Der Mini-GroKo gelingt es, vier Jahre im Amt zu bleiben und in dieser Zeit aus der Rüstungsermächtigung 500 Milliarden Euro auszugeben und die 500 Milliarden des Sondervermögens Infrastruktur ebenfalls.
(Warum sollten sie auch der AfD, die danach den Kanzler stellen wird, von dem ganzen schönen Geld etwas übriglassen?)
Da sich in diesem Zeitraum die Deindustrialisierung außerhalb der Rüstungsbranche fortsetzen wird und die Energiekosten nicht sinken werden, weil sich die Regierung selbst dann weigert, russisches Pipeline-Gas ins Land zu lassen, wenn die Amis North-Stream 2 kaufen, instandsetzen und bereit sind, den Gashahn für Deutschland zu öffnen, ist ein Wachstum der Steuereinnahmen per Saldo nicht zu erwarten. Die Ausgaben für Migration und Soziales werden auch nicht sinken.
Es muss daher angenommen werden, dass der reguläre Bundeshaushalt in dieser Zeit weiterhin alljährlich um die zulässigen 0,35 % BIP überzogen wird. Dann stehen wir nach vier Jahren mit rund 2,7 Billionen Euro Bundesschulden (ohne Länder, Kommunen und Sozialversicherung) in der Kreide.
Der mittlere Zinssatz für deutsche Staatsanleihen dürfte dann bei etwa 3,5 % angekommen sein, womit die Zinslast im Haushalt an der 100 Milliarden Grenze kratzen oder sie bereits übersprungen haben wird.
Da zumindest ein Teil der zusätzlichen Staatsausgaben in die deutsche Wirtschaft gespült wird, die damit aber nichts produziert, was für den Konsum geeignet ist, trifft die Nachfrage aus dem Beschäftigungszuwachs auf einen leergeräumten Markt. Es wäre ein Wunder, wenn daraus nicht ein nachhaltiger Anstieg der Inflation resultieren sollte.
Nun glauben viele, der Jurist Merz habe die Wirtschaftsweisheit mit Löffeln gefressen, was ihn schließlich befähigte, für die deutsche Dependance von BlackRock als Aufsichtsrat zu fungieren.
Dazu nur so viel: Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Aufsichtsräten. Einmal sind das Personen, mit denen sich die Unternehmen schmücken, weil sie ein großes persönliches Renommee mitbringen, das auf das Unternehmensimage abfärben soll, zum anderen sind es Personen, die sich gegen kleines Geld gerne mit dem Aufsichtsratstitel eines bekannten Unternehmens schmücken, weil sie sonst nicht viel vorzuweisen haben.
Beiden ist gemeinsam, dass sie vom operativen Geschäft des Unternehmens keine Ahnung zu haben brauchen und meist auch nicht haben.
Die Annahme, Friedrich Merz habe bei BlackRock den Umgang mit Geld gelernt, würde ich zumindest als leichtsinnig betrachten.
Um den Aberwitz der Situation noch zu steigern, hat Donald Trump beschlossen, zwischen Russland und der Ukraine Frieden zu stiften. Er hat den wie immer dreist fordernden Bittsteller Selenski vor den laufenden Kameras der Welt aus dem Weißen Haus geworfen und tags darauf sämtliche Waffenlieferungen, die noch nicht in der Ukraine angekommen waren, gestoppt. Trump kann das.
Selenski ist hoffnungsfroh nach London geflogen, wo er sich von den versammelten EU-Größen die Kompensation für die nun fehlenden US-Hilfen versprochen hat. Die mussten jedoch gestehen: Wir können das nicht.
Selenski hat die leeren Taschen seiner Freunde und Verbündeten gesehen, ist nach Hause gegangen – und im Geiste nach Canossa – und hat einen Entschuldigungsbrief an Trump aufgesetzt und versprochen, nun doch auch den Frieden und das Mineralienabkommen zu wollen.
Selenski ist damit zweifellos von der großen Bühne abgetreten. Alles was zur Ukraine noch zu regeln ist, werden Trump und Putin untereinander ausmachen. Das ist so, weil die Ukraine in der Neuaufteilung der Welt und der Einflussgebiete nur noch ein Puzzle-Teilchen unter vielen ist. Frau Nuland mag es sich leichter vorgestellt haben, sich die Ukraine im Handstreich unter den Nagel zu reißen. Nun sind aus den 5 Milliarden Dollar, die sie damals in die Hand genommen hat, 350 Milliarden Dollar geworden, die sich die Bidens dieses Abenteuer kosten ließen, und die Hälfte davon scheint irgendwie verschwunden zu sein. Selenski jedenfalls jammert, bei ihm sei davon nichts angekommen. Armer Volodymyr! Haben sie dich beschissen, deine Freunde?
Wie ein Gespenst aus der Vergangenheit taucht nun jene Figur mit großen Aufrüstungsgelüsten auf, der es schon gelungen ist, die Bundeswehrpanzer mit schwangerengerechten Sitzmöbeln auszustatten und die Bundeswehr traditionsbefreit auf links zu bügeln. Frau von der Leyen will ein EU-Aufrüstungsprogramm im Umfang von 800 Milliarden Euro auflegen, wobei zu befürchten ist, dass sich ihre verteidigungspolitische Sachkunde seit sie den Schreibtisch der deutschen Verteidigungsministerin geräumt hat, nicht maßgeblich verbessert hat.
Sie hängt vermutlich immer noch dem Irrglauben an, über die Aufnahme von Gemeinschaftsschulden die europäische Integration beschleunigen zu können.
Dabei zeigt sich inzwischen, dass die EU am gleichen Konstruktionsfehler krankt, wie die NATO. Beide verfügen (noch) über einen Hauptzahlmeister, der sich mit dieser Rolle zufrieden gibt und von den übrigen Mitgliedsstaaten nur minimale Beiträge einfordert.
Das hat bei der NATO siebzig Jahre gehalten, bis den USA klargeworden ist, dass diese NATO den eigenen Interessen, die sich vom Atlantik weg und dem Pazifik zugewandt haben, nicht mehr dienlich ist. Nun ist das Geschrei groß und den militärischen Leichtgewichten Frankreich und Großbritannien geht der kleine Atombombenarsch auf Grundeis.
Eine gute Gelegenheit, der Bevölkerung zu verklickern, dass massive Aufrüstung angesagt ist. Blut, Schweiß und Tränen. Der Russe kommt!
Das muss beim EU-Zahlmeister Deutschland noch lange halten, und deswegen muss es neue EU-Gemeinschaftsschulden geben und eine gemeinsame Armee, und Deutschland wird eingespannt, um die finanzielle Hauptlast zu tragen. Wie wollen die Kartoffeln aus dieser Rolle wieder herauskommen. So muss es sein – anders geht das doch gar nicht.
Als einsamer Rufer in der Wüste mag ich anmerken, dass es sehr wohl anders ginge.
Deutschland könnte – immer noch – seinen Führungsanspruch in der EU anmelden, statt einfach nur Ursula von der Leyen in Brüssel vor sich hin wursteln zu lassen. Dazu müsste ein Kanzler im Rat auftreten, der seine, unsere, Interessen klar und unmissverständlich vertritt und zur Not mit dem Entzug von Geld droht, sollten die Nutznießer sich querstellen wollen.
Deutschland könnte, nach einer ernsthaft durchgeführten Bedrohungsanalyse zu dem Schluss kommen, es sei einfacher und billiger, sich selbst und alleine gegen alle realistisch anzunehmenden Bedrohungen zu verteidigen, statt sich in einer Europäischen Zwangs-Verteidigungsgemeinschaft noch mehr zum Zahlmeister zu machen. Dabei spricht nichts dagegen, sich bei den Rüstungsvorhaben für die Hauptwaffensysteme abzustimmen und gemeinsame Entwicklungs- und Produktionsvorhaben anzugehen. Aber wie viele der neuen Panzer, Flugzeuge und Raketen die Bundeswehr braucht, und wo die stationiert werden, und gegen wen sie ggfs. einzusetzen sein werden, das bestimmt Deutschland alleine, und da redet kein Pole und kein Balte drein.
Und sollte eines verrückten Tages Spanien Russland den Krieg erklären, dann steht Deutschland nicht als Aufmarschgebiet zur Verfügung und der deutsche Luftraum ist für beide Seiten gesperrt.
Verrückter Gedanke?
Nicht verrückter als die Idee, Russland könnte Spanien überfallen.
Alles andere ist Propaganda.
Vollkommen durchschaubare Propaganda.