Macron erfindet sich neu als Palästinenserfreund

Monsieur Emmanuel weilte jüngst staatsbesuchend in Ägypten. Back home, pardon: retour, kündigte er an, spätestens im Juni Palästina offiziell als Staat anzuerkennen.

Der Kuss der Sphinx wird es wohl nicht gewesen sein, was Macron zu diesem Entschluss bewegte. Aber was dann?

Nun, die Idee spukt wohl schon länger in seinem Kopf herum. Schon im April letzten Jahres ließ er wissen, dass es für Frankreich kein Tabu sei, Palästina anzuerkennen.

Aber dieser frühe Hinweis erklärt leider auch noch nichts.

Welches Interesse hat Macron an der größten Bauschutt-Deponie der Welt?

Wo ist der Nutzen für Frankreich erkennbar?

Ist die Absicht mit der EU abgestimmt?

Sagen wir mal: Die EU ist in Bezug auf die staatliche Integrität der Ukraine sehr viel einiger als in Bezug auf die Anerkennung Palästinas. Das allgemeine Credo lautet zwar „Zwei-Staaten-Lösung“, aber der Weg dahin, so wenig er überhaupt erkennbar ist, ist nach wie vor umstritten.

Für Frankreich gilt: Die Anerkennung kostet nichts und wird auch kaum irgendwelche materiellen Folgen haben. Nur weil Frankreich einen Staat anerkennt, heißt das ja nicht, dass Truppen entsandt werden, um den Staat von der Besatzungsmacht zu befreien, und solange Frankreich keine Truppen mit dieser Absicht entsendet, wird auch Netanjahu keine Feindseligkeiten gegen Frankreich vom Zaun brechen. Ein bisschen Protest muss natürlich sein, schon um das Revier nachhaltig zu markieren, aber sonst …?

Dies so eingeordnet, wird klar, dass es sich auch nicht um Antisemitismus handelt, noch nicht einmal um Kritik am Staat Israel und seinen Repräsentanten, sondern um einen gegen Donald Trump gerichteten Vorstoß völkerrechtlicher Natur, denn Trump befürwortet ja den Plan, den langen Strand des Gaza Streifens der touristischen Nutzung zuzuführen und dazu das Hinterland mit futuristischen Hotelneubauten zu bepflastern. Was aber voraussetzt, dass es einen Staat Palästina, der dort Hoheitsrechte ausüben könnte, nicht gibt.

Mit jedem Staat, der den 1988 ausgerufenen Staat Palästina anerkennt, wächst jedoch das Recht von Menschen, die sich als Palästinenser identifizieren, dort zu siedeln und eine staatliche Ordnung zu errichten, wie gleichzeitig auch die Verpflichtung Israels wächst, seinen Anspruch auf dieses Gebiet aufzugeben, samt sämtlicher Siedlungen, die inzwischen dort errichtet wurden, und sein Militär abzuziehen.

Mag sein, dass dies eine Strategie sein könnte, die irgendwann einmal aufgeht, wenn Netanjahu, und dessen Nachfolger und dessen Nachfolger Geschichte sind. Für den Augenblick ist Macrons Ankündigung nichts als der Versuch, irgendwie noch im Gespräch zu bleiben, als einer, der sich nicht scheut, auch heiße Eisen, wenn schon nicht anzufassen, so doch zumindest zu thematisieren.

Ob es genügt, von der Verurteilung der Konkurrentin auf das Präsidentenamt abzulenken, darf bezweifelt werden. Ob es gelingt, vom schwierigen Verhältnis Macrons zur französischen Regierung und von der schwierigen wirtschaftlichen Situation Frankreichs abzulenken, ist ebenfalls fragwürdig.

Aber er tut jedenfalls etwas, um auf sich aufmerksam zu machen.

Ich würde das als Vorstufe einer Tendenz zu echtem politischem Handeln bezeichnen.