Geschmiedet worden die Koalition soll sein …

PaD 15 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad15 2025 Geschmiedet worden die Koalitions sein soll

Niemand hätte es schöner sagen können als Meister Yoda.

(Meister Yoda ist ein kleiner, grüner, humanoider Außerirdischer, der mächtige Macht besitzt.)

Nur Friedrich Merz kam mit seiner der Verkündung vorangestellten Erklärung, dass vieles nicht drin stünde, im Koalitionsvertrag, womit viele gerechnet hätten, stattdessen aber vieles, womit niemand gerechnet habe, hart an die sibyllinischen Worte des Jedi Großmeisters heran.

Sollten Sie nun immer noch glauben, in diesem Artikel Informationen über die Inhalte des Koaltionsvertrages zu erhalten, rufe ich Ihnen mit Dante zu: „Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.“

Die Erfahrung lehrt,

Ach was. Das muss ich Ihnen nicht erläutern. Sie erinnern sich an den anderen Revoluzzer-Friedrich, der diesen wichtigen Moment für uns zur Warnung festgehalten hat:

Illo (lauter schreiend).
Durch eine Klausel sich salvieren können.
Was Klausel? Hol der Teufel diese Klausel –

Max (wird aufmerksam und sieht in die Schrift).
Was ist denn hier so hoch Gefährliches?
Ihr macht mir Neugier, näher hinzuschaun.

Terzky (bei Seite zu Illo).
Was machst du, Illo? Du verderbest uns!

Tiefenbach (zu Colalto).
Ich merkt‘ es wohl, vor Tische las man’s anders.

Götz
Es kam mir auch so vor.

Isolani                                   Was ficht das mich an?
Wo andre Namen, kann auch meiner stehn.

Tiefenbach
Vor Tisch war ein gewisser Vorbehalt
Und eine Klausel drin von Kaisers Dienst.

 

Es ist – immer noch – vor Tische. Kein Kanzler gewählt, kein Minister ernannt, der Nachhall der Wahlversprechen noch längst nicht verklungen, das Bersten des gebrochenen Wortes in frischer Erinnerung, soll nun ausgerechnet dies‘ Papier, mit der Klausel des Finanzierungsvorbehalts, die Wahrheit und der feste Wille des Quartetts der frohgemut Paktierenden sein?

Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag’ ich nicht zu streben,

(Das war nun nicht mehr Schiller, sondern der andere, nicht Revoluzzer, sondern geheimer Rat.)

Mit Dr. Faust den Inhalten gewitzt misstrauend, waren’s gestern Nachmittag die Äußerlichkeiten der Verkündungs-Show, an denen sich des Bürgers Herz erfreuen konnte.

Angetreten ist man in einer Kulisse, wie sie vor den Wahlen von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ebenso für die Inszenierung so genannter Duelle hätte verwendet werden können, in einer Liegenschaft des Deutschen Bundestages, die als „Paul Löbe Haus“ bezeichnet wird. Dies wiederum ist bezeichnend, weil Paul Löbe ein wahrhaft umtriebiger Akteur der deutschen Geschichte war, der  schon 1891/92 unter dem Pseudonym „Alu Pöbel“ für die sozialdemokratische Breslauer Volkswacht geschrieben hat und später dort zum  Chefredakteur aufgestiegen ist. Seine Artikel brachten ihm mehrmals Verurteilungen zu Gefängnis- und Geldstrafen wegen „Majestätsbeleidigung“ oder „Aufreizung zum Klassenhass“ ein. Damit aber nicht genug. Zwölf Jahre lang kämpfte er als Vorsitzender des „Österreichisch-Deutschen Volksbundes“ für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Vorsicht! Löbe war mit Herz und Seele Sozialdemokrat. Was ihn auch nicht daran hinderte, sich in der Paneuropa Union für die Ideen des Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi einzusetzen, dessen Träume von einer hellbraunen Mischrasse in einem vereinten Europa auch heute noch weitergeträumt werden.

Während der Weimarer Republik gehörte Löbe dem politischen Wehrverband „Reichsbanner Schwarz Rot Gold“ an. „Wehrverband“ definiert die Wikipedia an dieser Stelle so:

„… ein militärähnlich organisierter, uniformierter Verband von freiwilligen Mitgliedern, die nicht (oder nur vorübergehend) kaserniert, nicht besoldet und offiziell nicht bewaffnet sind und ihren Dienst an Abenden oder Wochenenden leisten. Historisch verfügten einige Wehrverbände allerdings im Geheimen über Waffen. Meist hat ein Wehrverband auch eine politische Zielsetzung.“

Dieser Verein existiert übrgigens immer noch und hat etwa 800 aktive Mitglieder. Zu klären wäre, welche Rolle das Reichsbanner heutzutage in Bezug auf die Antifa spielt.

Nun, in diesem Paul Löbe Haus hatte man ein Podium mit vier Stehpulten hergerichtet, an denen sich die vier Akteure positionierten, und dies wie folgt:

Vom Fernsehsessel aus gesehen ganz rechts außen Saskia Esken, ganz links außen Markus Söder, und in der demokratischen Mitte, halbrechts Lars Klingbeil, halblinks Friedrich Merz. Ganz, ganz links, zumeist im Off, eine Ansagerin, die ansagte, wer jeweils reden sollte.

Auftritt einer Combo im Paul Löbe Haus – Symbolbild

Die Stimmung entsprach der einer spontanen Party nach dem Schluss der letzten schriftliche Abi-Prüfung. Klingbeil, der Primus, locker, aber keineswegs ausgelassen, in Gedanken schon vor neuen Herausforderungen im Hörsaal stehend, Merz, der mit der größten Prüfungsangst, erlöst, befreit, sogar zu kleinen Scherzen fähig, Söder,  der – unvorbereitet wie immer – angetreten war und sich nun ausrechnete, gerade noch durchgekommen zu sein, gab – aufgekratzt wie selten – sogar umstrittene Bauernregeln zum Besten: „Die Liebe vergeht, der Hektar besteht“, um sein Verhältnis zum Koalitionspartner zu umschreiben. Nur Saskia Esken, die stets Bemühte, stand in sich gekehrt daneben, wie eine, die wusste, dass der Notendurchschnitt für den Numerus Clausus im herbeigesehnten Studienfach nicht ausreichen wird und wirkte neben den großen Männern noch kleiner als es ihre Körpergröße hätte vermuten lassen.

Es kann kaum noch bezweifelt werden, dass die Koalition so zustande kommen wird. So viel mitreißende, befreite Zuversicht kann auch ein SPD-Mitgliedervotum nicht mehr in Scherben hauen. Es ist sogar wahrscheinlicher als all die Tage zuvor, dass die beiden Fraktionen Herrn Merz geschlossen zum Bundeskanzler wählen werden.

Doch die Veranstaltung im Paul Löbe Haus hat auch erkennen lassen, dass es der lange unterschätzte Lars Klingbeil sein wird, der künftig die Richtlinien der Politik bestimmen und alle wichtigen Fäden ziehen wird. Der Mann ist ehrgeizig und fleißig. Er wird Merz und Söder immer einen halben Schritt voraus sein, schon alleine, weil er seine Parteifreundin sehr viel leichter ignorieren kann, als Merz den Fraktionsgenossen aus Bayern. Vor allem aber auch, weil er sich den Koalitionspartnern jederzeit verweigern kann, wenn ihm die Weichenstellungen nicht passen. Mit dem Finanzministerium in der Hand der SPD lässt sich da sogar ziemlich subtil agieren – und sollte die Koaltion scheitern, dann wird es Merz gewesen sein, der gescheitert ist, nicht Lars Klingbeil.

Klingbeil hat im Machtpoker gewonnen. Söder wird die alte Rolle der FDP als Zünglein an der Waage übernehmen und in manchem Zweifelsfall Klingbeil gegen Merz zur Seite stehen.

Die Weichen sind auf „Weiter so!“ gestellt. Von der konservativen Mehrheit der Wähler gewünschte Änderungen wird es nur da geben, wo sich in der Ampel die Grünen gegen die SPD durchsetzen konnten.

Ansonsten, liebe Leser, werden wir uns überraschen lassen müssen.