Die unilaterale Welt ist tot.
So tot, dass tatsächlich bereits die Zwerge aus Polen, Frankreich, Britannien und Deutschland es wagen, sich zusammenzurotten, in der Ukraine auf dem Tisch zu tanzen und Trump eine (weiße) Nase zu drehen, ohne zu bedenken, dass es der russische Vulkan ist, auf dem sie tanzen, und dass der alle vier jederzeit in die Luft jagen könnte.
Das atomare Abschreckungspotential ist über die Jahre zu einer kaum mehr hinterfragten Konstante im Weltgeschehen geworden, wie ein seit tausenden von Jahren schlafender Vulkan. Dieter Nuhr hat in seiner Satiresendung „Nuhr im Ersten“ am 23. Mai 2025 spöttelnd gefragt, ob die Franzosen ihre Atombomben wohl noch finden werden, und, falls ja, ob da mit Rostumwandler alleine überhaupt noch was zu machen wäre. Die wenigen Geheimnisträger Frankreichs, die diese Frage beantworten könnten, posaunen den tatsächlichen Zustand natürlich nicht laut hinaus, doch die Annahme, dass Nuhr mit seiner Frage direkt ins Schwarze getroffen haben könnte, ist keinesfalls verwegen. Bei den Briten dürfte die gleiche Frage ebenfalls betretenes Schweigen auslösen. Ich vermute, man weiß nicht wirklich, ob die Waffen noch einsatzbereit sind.
Ziemlich sicher ist lediglich, dass sich die Amis um ihre Sprengköpfe und ihre Interkontinentalraketen kümmern. Erst die Tage durfte wieder eine Minuteman III ihre Silo-Röhre verlassen und ohne Sprengkopf ein paar tausend Kilometer weit fliegen. Die Sprengköpfe selbst werden regelmäßig gewartet und erneuert. Wenn also jemand einen atomaren Schutzschirm für „den Westen“ anbieten kann, dann sind es die USA – und nobody else!
Dies im Hinterkopf erhebt sich die Frage, wer denn überhaupt Interesse daran haben könnte, unter diesem Schutzschirm Platz zu finden – und vor allem, aus welchem Grund. Sich einfach nur geborgen und sicher fühlen zu wollen, wäre die eine Begründung, sich ungestraft popelig gegen andere Staaten, insbesondere gegenüber Russland, benehmen zu können, wäre eine andere.
Das ungestraft popelige Benehmen könnte damit zu tun haben, und ich meine das wirklich, dass sich Macron, Starmer, Merz und Tusk fürchterlich langweilen.
Natürlich sind sie den ganzen Tag beschäftigt, Sitzung hier, Ansprache dort, Bankett hier, Interview dort, Treffen mit Industriellen, Treffen mit Landwirten, Treffen mit dem obersten Gericht, Treffen mit Schauspielern, Treffen mit Gewerkschaftern, Kabinettssitzung, Regierungserklärung …
Das ist aber doch nichts, was einen richtigen Mann auslastet. Larifari. Kinkerlitzchen. Echte Entscheidungen treffen? Fehlanzeige. Wirksame Impulse geben? Fehlanzeige. Irgendwie durchlavieren? Brüssel und die eigenen Bürokraten, die eigene Partei und die Opposition, das sind die maximalen Herausforderungen europäischer Staats- und Regierungschefs. Das schaffen sie gerade noch. Zwischen Skylla und Charybdis würden sie hoffnungslos untergehen. Denn:
Wofür sie im Amt sind, das können sie nicht.
Weder den Nutzen des Volkes mehren, wie es im deutschen Amtseid heißt, noch Schaden abwenden. Mann kann doch weder von der EU im Allgemeinen, noch von Deutschland im Besonderen sagen, dass es den Regierungen in den ersten 25 Jahren dieses Jahrhunderts gelungen wäre, den Wohlstand ihrer Völker zu mehren. Der Aufbruch ins neue Jahrtausend, der noch wie verrückt gefeiert wurde, ist doch wirkungslos verpufft – und von da an ging’s bergab und geht immer noch bergab.
Natürlich ist das auf Dauer maximal langweilig.
Krieg ist dagegen richtig aufregend.
Krieg können sie natürlich auch nicht. Woher denn auch. Auch dafür bräuchte es spezifische Erfahrung, spezifisches Wissen, Intelligenz, strategisches Denken und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein für das eigene Land und das eigene Volk. Zumindest aber sollte man in der Lage sein, den Gedanken des Generalstabs intellektuell folgen und sie auch kritisch hinterfragen zu können.
Seit Trump seine zweite Amtszeit angetreten hat, ist die Unterstützung der USA für die Ukraine fast vollständig entfallen. „Es ist euer Krieg“, sagt er den Europäern, und die verharren in der Haltung fortgesetzter Fehleinschätzungen und glauben, mit den Sanktionspaketen 17 und 18 die Wende auf dem Schlachtfeld herbeiführen zu können.
Ich bin überzeugt, die glauben einfach, wenn erst einmal Krieg ist, ergibt sich alles Weitere von alleine und am Ende gewinnen die Guten.
Danach, so glauben sie, hat man dann Gelegenheit für einen fantastischen Wiederaufbau, bei dem Billionen die Besitzer wechseln.
Ökonomisch: Irrsinn! Von der militärischen Seite her: Irrsinn. Russland lässt sich nicht mit einem Spaziergang nach Moskau besiegen. Das muss im Grunde nicht weiter ausgeführt werden. Napoleon ist es nicht gelungen. Hitler ist es nicht gelungen.
US-Regierungen, der militärisch-industrielle Komplex, die NATO-Vasallen, haben achtzig Jahre lang nur begrenzte Kriege geführt, deren Ende sie selbst bestimmen konnten, und sei es durch Flucht, wie bei Vietnam und Afghanistan. Sie haben dabei irre Mengen Material verschlissen und zum Ersatz immer neue Waffen entwickelt und in Dienst gestellt. Das Geschäft ist reibungslos gelaufen und die Zahl der gefallenen eigenen Soldaten blieb überschaubar. Auch der Krieg in der Ukraine wurde von den USA in die Wege geleitet und wäre womöglich nach dem afghanischen Muster weiter in die Länge gezogen worden, wäre nicht Donald Trump Präsident geworden, dem das Land und seine Bürger wichtiger sind als die Rüstungsindustrie und das Pentagon. Seine Versuche, diesen Krieg zu einem Ende zu bringen, durchaus mit Vernunft, durchaus mit Verständnis für russische Interessen, sind schlecht für das Geschäft.
Hierin dürfte die Ursache dafür liegen, dass unsere braven Transatlantiker, Tusk, Macron, Starmer und Merz die Rolle übernehmen, die Trump nicht spielen will, nämlich den Krieg weiter in die Länge zu ziehen und in kleinen Schritten zu eskalieren.
Welche Geschichten man den Vieren erzählt hat, wird sich vielleicht nie herausstellen, sicher scheint zu sein, dass hinter dem Rücken von Trump, von wem auch immer, Beistandsgarantien ausgesprochen wurden. Niemand, der noch bei klarem Verstand ist, würde sonst für den Popanz Ukraine in Kauf nehmen, sein Land zum Ziel russischer Hyperschallraketen zu machen, hätte er nicht die Zusage für eine massive Vergeltung und anschließende 100%ige Einmischung der USA in der Tasche. Eine solche Zusage dürfte es nach meiner Einschätzung von Trump aber nicht geben.
Noch ist der auslösende Schuss nicht gefallen. Noch kann alles sang- und klanglos wieder abgeblasen werden.
Doch es zeichnen sich die Umrisse einer Inszenierung ab, die mit einer Provokation der Europäer gegen Russland beginnt, einige dramatische Vergeltungsschläge gegen D, F, GB und PL nach sich zieht, was in den USA eine hektische Debatte über den Kriegseintritt folgen lässt, in deren Verlauf Trump … ?
Musk ist inzwischen weg. Vermutlich hat er selbst die Reißleine gezogen. Der Elan, mit dem er an die Arbeit gegangen ist, hat sich totgelaufen. Die hochgesteckten Einsparziele – die ja durchaus richtig gesetzt waren – ließen sich nicht umsetzen.
Vermutlich ist jedem schon einmal die Geschichte begegnet, in der es um den Wettstreit der Körperteile geht, wer denn wohl der Boss unter ihnen sei. Am Ende war es nicht das Gehirn, nicht das Herz, nicht die Lungen und die Nieren, obwohl alle gute Argumente hatten. Gewonnen hat das Arschloch, denn „das Arschloch verschloss sich, bis alle anderen so zermürbt waren, dass sie das Arschloch freiwillig als ihren Boss anerkannten.
Es ist nicht einfach, Präsident zu werden, aber letztlich braucht es dafür doch nur die Mehrheit der Wählerstimmen. Mit der Mehrheit der Wählerstimmen alleine ist es aber nicht möglich, wirksam zu regieren. Der Erfolg eines Präsidenten (auch eines Bundeskanzlers) hängt einzig davon ab, ob „der Apparat“ gewillt ist, mitzuspielen, und falls ja, wie weit.
Man kann nicht einfach nur das Richtige wollen, man muss auch die Richtigen dafür begeistern, und wenn es mit dem Begeistern nicht klappt, muss man entweder Abstriche machen, oder die Gegenspieler ausschalten. Das ganze DOGE-Programm, war auch der Versuch, die Gegenspieler auszuschalten, doch die Annahme, eine Säuberung ließe sich so einfach mit der Schließung von Ämtern und Behörden und der Kündigung der Angestellten bewirken, hat sich nicht bestätigt.
Das links-woke maskierte Amerika kämpft um seine Pfründen und Privilegien. Es sind aber nicht nur die Demokraten. Das stillschweigende Einvernehmen zwischen Demokraten und Republikanern, das Geschäftsmodell der USA über alle Regierungswechsel hinweg hochzuhalten, das von Trump, der einfach nicht dazugehört, beschädigt wird, lässt eben auch in den Reihen der Republikaner Zweifel daran aufkommen, ob die schöne neue Welt, die Trump versprochen hat, denn wirklich so viel besser sein wird als das Gewohnte.
Bei diesem Aufsatz handelt es sich um einen stark gekürzten Abschnitt aus der heute erschienenen Ausgabe von „EWK – Zur Lage“.
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