
Unsere jüngst aus dem Amt geschiedene Außenministerin hat wieder einmal einen ihrer unvergänglichen Sätze aufgesagt. Kaum jemand, an dem die von Spöttern lancierte Vermutung vorübergegangen ist, sie habe dabei von unserer „nackten Regierung“ gesprochen.
Nur, weil sie an „new“ so etwas wie ein „t“ oder „d“ angehängt hat.
Bis heute kam niemand auf die Idee, dies als durchaus plausible Wortneuschöpfung zu erkennen, nicht einmal die versammelten künstlichen Intelligenzen.
Gut, das ist zu entschuldigen, zugleich aber auch ein Hinweis auf die zunehmende Verblödung, die Wolfgang Herles in seinem heutigen Kommentar mit spitzer Feder aufgespießt hat.
Dabei läge eine ganz einfache physiologische Erklärung am nächsten, nämlich das Annalena-typische „Schluss-t„, wie bei ihrem geradezu legendären „ebent„, was aber im Grunde gar nicht gesprochen wird, sondern sich ergibt, wenn man sich dem Sprechvorgang in analytischer Betrachtung der Sprechwerkzeuge zuwendet. Buchstabe für Buchstabe, Klangbild für Klangbild:
e: Mund auf –
b: Mund geschlossen –
e: Mund auf –
n: Mund halb geschlossen, Zunge am vorderen Gaumen
t: unwillkürlicher Schnalzlaut am Wortende beim energischen Lösen der Zunge vom Gaumen
Diese Erklärunge wäre hier allerdings ein vermeidbarer Fehlschluss.
„New“ endet nicht mit „n“, die Zunge liegt nicht am Gaumen, sondern deutlich hinter der unteren Zahnreihe, der Mund ist wie zum Kuss gespitzt, da kommt kein unwillkürlicher Schnalzlaut zustande. Garantiert nicht.
Die Verlängergung von „new“ mit einem „d“ oder „t“ war also Absicht. Aber welche?
Ausgeschlossen werden kann auf alle Fälle die weitverbreitete Missdeutung, die Frau, die demnächst der UN-Generalversammlung vorsitzen will, habe in Erinnerung an des Kaisers neue Kleider jenes Kind sein wollen, das erkennt: „Der Bundeskanzler ist ja nackt!“
Selbst wenn sie diesen Eindruck haben sollte, was nach den ersten Tagen seiner Regentschaft und unter Berücksichtigung von Annalenas grün-linker Prägung eher nicht verwunderlich wäre: Annalena Baerbock ist Diplomatin genug, um einen solchen Fauxpas geschickt zu umschiffen, was immer ihre deutschen Wähler von ihr denken mögen.
Nein. Das war es nicht. Wäre auch zu einfach gewesen.
Wie also kam es dazu?
Da laufen zwei Erzählstränge zusammen, von denen der einfachere so geht:
Muttersprachler benutzen ihre Sprache einfach ohne nachzudenken, sobald sie wissen, was sie sagen wollen.
Fremdsprachler, die eine neue Sprache noch nicht in letzter Perfektion beherrschen, haben es da schwerer. Sie denken sich einen Satz zunächst in der Muttersprache aus, übersetzen ihn dann probehalber im Kopf in die Fremdsprache, und wenn dies gelungen ist, übersetzen sie den fremdsprachlichen Satz zur Kontrolle des Ergebnisses zurück in die Muttersprache, und da passiert es dann:
Wir haben eine neue Regierung
We have a new Government.
Wir haben ein/eine neu Regierung.
„Neu Regierung“, das klingt falsch und wird wohl auch auf Englisch falsch sein. So kann man das folglich nicht sagen.
Der kompliziertere, auf das gleiche Ergebnis und die Lösung hinführende Erzählstrang geht so:
So, wie im Deutschen bestimmte Verben von der Grund- in die Vergangenheitsform plötzlich mit einem „t“ am Ende dastehen (lieben, geliebt; wechseln, gewechselt; erneuern, erneuert), ist es ja auch im Englischen. Da heißt es „change and changed“, „love and loved“, und warum dann nicht auch
„new und newed“?
We have a newed Government.
Das klingt richtig und meint: Wir haben eine erneuert gewordene Regierung.
Damit stimmt doch alles.
Wenn man noch dazu bedenkt, dass dieses Ergebnis erzeugt wurde, ohne dass der dahinterstehende komplexe Denkprozess auch nur eine Millisekunde Verzögerung im Sprachfluss hervorgerufen hat, kann man nicht anders als Heidi Reichinnek zuzustimmen, die schließlich erkannt hat, was andere zu erkennen verweigern oder dazu einfach nicht in der Lage sind, dass Annalena Baerbock nämlich „unfassbar intelligent“ sei. Immerhin quittierte das Publikum der re:publica, wo diese Aussage gefallen ist, Reichinneks Erkenntnis mit tosendem Applaus.
Das wäre es eigentlich gewesen.
Bliebe da nicht jene nagende, narzisstische Frage:
Was würde Heidi Reichinnek wohl über meine Intelligenz zu sagen wissen, wo es mir doch gelungen ist, die wohl kryptischste Aussage einer bereits als unfassbar eingestuften Intelligenz zu entschlüsseln?
Nun, Reichinnek konnte schon Baerbocks Intelligenz nicht fassen. Da frage lieber erst gar nicht nach.