
PaD 22 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad22 2025 Diplomatie
Merz bei Trump – Fiasko im Vorfeld
Friedrich Merz, der Kanzler der Bundesrepublik, trifft heute Donald Trump, den Präsidenten der USA. Es sei sein Antrittsbesuch, heißt es.
Was seit Dienstag gemunkelt wird und am Mittwoch in der Tagesschau ganz offen ausgeplaudert wurde, ist mir peinlich. Donald Trump, dem dies garantiert auch zugetragen wurde, dürfte sich kringelig gelacht haben.
Was man sich auch immer ausdenkt, um ein Gespräch so zu führen, dass man dabei einen guten Eindruck hinterlässt und womöglich sogar einen kleinen Verhandlungserfolg mit nach Hause nehmen kann, mag vernünftig und zielführend sein oder auch nicht, aber: Man darf das nie und nimmer im Vorfeld öffentlich kommunizieren!
Eine wichtige Rolle spielt dabei ein Niels van Quaquebeke. Friedrich Merz hat den Professor für Führung und Organisationsverhalten als Verhandlungscoach engagiert um sich auf das Gespräch vorzubereiten. Spricht nichts dagegen, sich professionelle Hilfe zu holen, Frau Baerbock hat sich ja auch helfen lassen, um nicht auszusehen wie ein Gespenst, und das war womöglich sogar teurer.
Nun, die strategischen Empfehlungen, die van Quaquebeke Friedrich Merz mit auf den Weg gegeben hat, sind nicht gerade eine Offenbarung. Auf den Punkt gebracht:
Zuhören. Zuhören. Bestätigen. Recht geben. Honig ums Maul schmieren.
Das hat man vor 60 Jahren schon in der Bravo als Tipp von Dr. Sommer für schüchterne Knaben beim Erstkontakt mit der Angehimmelten lesen können.
Ganz im Ernst: Wie würden Sie sich fühlen, wären Sie US-Präsident, und beim Briefing im Oval Office wird ihnen mitgeteilt, der deutsche Bundeskanzler komme, um Ihnen Honig ums Maul zu schmieren?
Na bitte. Das geht ganz und gar nicht.
Noch schlimmer: Für diese Erkenntnis musste weder ein Handy abgehört werden, noch ein Spion im Kanzleramt sein Wesen treiben. Das hat man öffentlich erzählt, wohl um der deutschen Öffentlichkeit zu vermitteln, wie raffiniert Friedrich Merz im fernen Washington auftreten wird, um Donald Trump um den Finger zu wickeln.
Wie bereits erwähnt, ging das schon am Dienstag als Gemunkel durch die Gazetten. Der Oberhammer aber war die Tagesschau vom Mittwoch, 20.00 Uhr.
Da stand ein mitreisender (nicht mitreißender) Reporter auf dem Rollfeld vor der frisch geputzten Kanzlermaschine und erzählte auf Befragen Folgendes:
Wie hat sich der Bundeskanzler denn auf den Besuch bei Trump vorbereitet?
Na, dem Kanzler und der ganzen Delegation ist klar, dass das kein normaler Staatsbesuch, kein normaler Antrittsbesuch wird, sondern in gewisser Weise ne Hochrisikoreise, denn dieser Präsident ist mit den Auftritten im Oval Office offenbar unberechenbar. Man hat sich vor allem den Auftritt mit Präsident Selenski, diesen Eklat sehr genau angeguckt, hat geguckt, welche Dynamik ist da entstanden und wie würde man selber reagieren. Die Schlussfolgerungen sind relativ klar: Donald Trump soll vor allen Dingen reden, man muss ihn loben, man sollte ihm wenig widersprechen, aber der Bundeskanzler wird eben auch versuchen, selbstbewusster aufzutreten, zum Beispiel unterstreichen, dass Deutschland eben auch weil Trump sozusagen so in die Initiative ist, die stärkste konventionelle Armee Europas jetzt aufbauen will. Insgesamt hofft man dass es auch positive Zeichen gibt (…).
Was werden denn inhaltlich die wichtigsten Punkte aus deutscher Sicht sein?
Ja, das Wichtigste ist natürlich dass es vor allem nicht zu irgendnem Eklat kommt, aber ansonsten, ganz auf Platz 1 steht, dass es ein Bekenntnis klar zur NATO gibt, dass Trump an zweiter Stelle möglichst nah als Unterstützer bei der Ukraine bleibt und sich auch in diesem Konflikt weiter auf dieser Seite engagiert und der dritte Punkt ist, dass man konstruktiver beim Thema Zölle wieder in Gespräche kommt.
Hallelujah!
- Da ist unser Bundeskanzler also ins Hochrisiko-Gebiet geflogen. Ebola, marodierende Banden, Murenabgänge, Hurricanes … Werden wir ihn jemals lebend wiedersehen? Bei diesem unberechenbaren Präsidenten im Oval Office? Und wenn nicht? Vize Springseil? Da ginge doch jedem anderen auch die Eloquenz auf Grundeis. Dass er sich überhaupt traut erscheint angesichts der Bedrohung wie ein Wunder.
- Nun gut, Merz hat sich vorgenommen, selbsbewusster aufzutreten. Ob er damit mit seiner Vision von der stärksten konventionellen Armee Europas wirklich Eindruck schinden kann, sei dahingestellt. Noch steht ja nichts davon, außer dem Sondervermögen, und Trump weiß das auch. Aber bitte, probieren kostet ja nichts.
- Bewundernswert auch, dass sich Merz bemühen wird, und das ist doch wirklich aus deutscher Sicht das Wichtigste, dass es nicht zu „irgendnem“ Eklat kommt. Da geht dem guten Deutschen doch das Herz auf. Nie wieder Eklat! Wer sind wir denn, dass wir eklatarisieren wollten?
- Gleich danach in der nach unten offenen Prioritätenskala, die Ukraine. Dass Trump an der Seite der Ukraine bleibt. Doch. Das ist so wichtig für Deutschland, wo wir doch sonst als Europäer ganz alleine an dieser Seite stünden und Selenski ganz alleine supportieren müssten.
- Zum Schluss die Hoffnung, bei den Zöllen wieder konstruktiver ins Gespräch zu kommen. Aber nur, wenn es nicht zu irgendnem Eklat kommt und Trump bei der Ukraine bleibt. Sonst ist auch das mit den Zöllen egal.
Üblicherweise wird ja im Oval Office viel mit Fähnchen dekoriert. Bin gespannt, ob Trump beim Merzbesuch statt der dreifarbigen gleich die Regenbogenfahne aufstellen lässt. Schließlich ist Trump für uns ein Ausländer, und Ausländer, so die Dresdner Dessauer Stadträtin Ulrike Brösner, könnten sich durch deutsche Nationalfahnen beleidigt fühlen.
Es ist aber nicht die Fahne alleine. Auch der Name des Landes zwischen Frankreich und Polen, Dänemark und Österreich kann, laut ausgesprochen, bereits schwer traumatisierend wirken. Der Trend, hier nur noch mit dem „D-Wort“ zu hantieren, ist ja schon weit fortgeschritten. Unter den Ureinwohnern gibt es zwar immer noch ein Häufchen, es mögen um die 25 Prozent sein, die unnachgiebig an der Bezeichnung ihres(?) Staates festhalten wollen, doch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung kann und will sich damit nicht mehr identifizieren.
Glücklicherweise wurden seither große Fortschritte gemacht. Sogar ordentliche Gerichte haben sich gegen die Verwendung des D-Worts positioniert und Strafen verhängt, wo es in enthusiastisch klingenden Slogans aus alten Zeiten nach heutigen Maßstäben eine unzulässige Überhöhung erfahren hat, obwohl die aus unerfindlichen Gründen immer noch zulässigen Worte der N-Hymne (E+R+F für das …) in leicht abweichender Formulierung sinngemäß das Gleiche zum Ausdruck bringen. Doch das gehört zu jenen vielen Absonderlichkeiten im D-Wort-Staat, an die man sich entweder – im vorauseilenden Gehorsam – ganz schnell gewöhnt, oder aber eben nie.
Donald Trump, dessen Vorfahren selbst dem D-Wort-Staat entflohen sind, weiß das natürlich alles auch, und so hat er, sobald bekannt geworden ist, wie viel Schiss Merz vor ihm hat (die Hochrisikoreise zum Unberechenbaren), an einem Signal des guten Willens gearbeitet. Der D-Wort-Staat soll einen neuen Namen bekommen, wie der Golf von Amerika, dies als Willkommensgeschenk überreicht, dürfte als Eisbrecher in der neuen Ära der Beziehungen ausreichen.
Er hat mehrere Varianten vorbereitet. Welche er heute davon wählen wird, steht noch in den Sternen und hängt vom Gesprächsverlauf ab. Hier die Favoriten Trumps:
Zweistromland
Wunderbar! Da ist alles drin. Von Sonne und Wind kraftvoll bewegt, zwischen Rhein und Elbe gelegen, christlich und muslimisch zugleich. Und Mesopotamien ist weit genug weg, um Verwechslungen zuverlässig vermeiden zu können. Ein schöner Name, vor allem aber frei von ethnischen Anklängen.
Mittenerde
Auch sehr schön. Heimstatt der demokratischen Mitten, nicht ein Quadratmeter Platz für das kleinste bisschen Außen. Zugleich inmitten Europas gelegen, offen für alle Mitten dieser Welt. Ewiggestrige könnten natürlich einwenden, „Mittenerde“ habe einen stark völkischen Einschlag, was stimmt, aber mangels eines völkischen Volkes vollkommen egal ist.
Veganien
Da liegt ja schon die neue Nationalhymne vor: Kein Rind, kein Schwein, kein Huhn, kein Ei, uns Veganiern ist das einerlei.
Antifasien
Hören Sie im Klang dieses Namens auch die unendliche Geschichte mitschwingen, den reinsten Herzens ausgetragenen Kampf um die Rettung der Welt. Das wäre doch in einer Zeit, in der alles den Bach hinuntergeht, wie bei Michael Ende, ein kraftspendender, die Feinde erschreckender Klang.
Trump wird diesen Namen aber voraussichtlich nur im äußersten Notfall vorschlagen. Da steckt ihm viel zu viel Antifa drin. Das mag er nicht so sehr.
Heidireich
Frank hat sein Reich, Öster hat sein Reich, warum soll Heidi nicht auch eines haben. Innek fällt dann weg, ohne dass stattdessen ein Ranitzki dazukommen muss. Außerdem muss man die Reiche nicht zwingend durchnummerieren … „Heidi“ klingt auch viel fröhlicher als „Viertes“.
Feuerland
Umgeben von einem „Ring of Fire“ kann Feuerland nur bestehen, weil es eine Brandmauer besitzt und diese täglich hegt und pflegt.
Ja, wie werden wir wohl heißen, wenn Merz wieder zurück ist?