Die Nase des Menschen ist unantastbar

Quatsch, werden Sie jetzt sagen, auch ohne Mediziner zu sein. Die Nase des Menschen ist antastbar. Unantastbarkeit ist keine Eigenschaft menschlicher Nasen.

Dann ändere ich die Aussage.

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Da bleibt Ihnen der Widerspruch im Halse stecken, oder?

Und warum begehren Sie gegen diesen Satz nicht auf? Sprechen Sie. Sagen Sie es offen heraus.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, weil sie ein abstraktes Konstrukt ist, unsichtbar, unhörbar, weder zu riechen, noch zu schmecken, und folglich auch nicht ertastbar.

 

Ich bitte Sie! So banal kann der wichtigste Satz des Grundgesetzes nicht gemeint sein. So etwas wie eine „Würde des Menschen“ muss es doch geben. Eine von anderen Würden unterscheidbare Würde.

Was halten Sie von diesem Satz:

Die Würde der Eiger Nordwand ist antastbar?

Absurd?

Und wie sieht es damit aus:

Die Würde des Hundes ist antastbar?

Das Tierschutzgesetz sagt über sich selbst:

§1 Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.

Aufgabe: Suchen Sie in diesem Satz die unantastbare Würde des Hundes, der Kuh und der Kakerlake!

Gefunden?

Es sieht so aus, als gäbe es außer der Würde des Menschen keine andere Würde, wobei selbst die Würde des Menschen seltsam ungreifbar bleibt.

Würde?

Wenn man die Würde des Menschen daran festmachen wollte, dass er ein selbstbestimmtes Leben führt und für die Folgen seiner Handlungen die Verantwortung trägt, stünde man vor dem Problem, das genau dies für Kinder und Jugendliche, ohne dass eine genaue Altersgrenze bestimmt werden könnte, mangels Reife nicht zutreffen kann. Sieht man am anderen Ende der Alterspyramide die sich in Pflegeheimen wundliegenden Demenzkranken, müsste man auch diesen eine solche Würde absprechen. Ob sich unter den Jahrgängen, die dazwischen liegen, ausschließlich solche Exemplare anzutreffen lassen, auf welche die genannten Bedingungen vollständig zutreffen, darf ebenfalls in Zweifel gezogen werden. Nein. Das ist nicht die Würde des Menschen.

Wenn aber auch Unmündige, gleich welchen Alters, Träger der Würde des Menschen sind, wenn alle Lügner und Betrüger, alle Geizigen und Hartherzigen, alle Wohltäter und Blutspender, alle Sklaven und Sklaventreiber, alle Ehrenamtler und alle Milliardäre eine gleichermaßen unantastbare Würde haben, was bleibt dann Ehren- und Achtenswertes übrig?

Kann es sein, dass die Würde des Menschen unter allen Würden, die Würdenträger mit sich herumtragen, die geringste ist? So wie ein „Hat teilgenommen“, anstelle von „Hat 100 von 100 Punkten erreicht“ in einem Zeugnis?

Die Würde des Menschen hat, wer äußerlich einem Menschen gleich ist und weder Tier noch Sache ist, unabhängig ob tot oder lebend? Ist es das?

Bedenkt man, dass vor allem die jüngere Rechtsprechung von der Würde des Menschen alles abzuleiten gewillt ist, was immer daraus abgleitet werden will, zum Beispiel auch, dass Straftäter, obwohl sie kein Bleiberecht haben, nicht abgeschoben werden dürfen, wenn ihr Heimatland als unsicher gilt, weil dort unter Umständen ihre Würde verletzt werden könnte, … dann sind wir wieder bei dem Satz: Die Nase des Menschen ist unantastbar.

Wenn irgendwo die Würde des Menschen verletzt werden kann, dann kann sie nicht unantastbar sein, sonst könnte sie nicht verletzt werden.

Es gibt natürlich auch jene These zur Würde des Menschen, die auf der Unterscheidung zwischen Objekt und Subjekt besteht.

Ein Objekt, wie zum Beispiel ein Stein, habe keine Würde, der Mensch als Subjekt schon.

(Denke ich an so manchen Stein, der von meisterlichen Bildhauern von aller überflüssigen Materie befreit wurde, würde ich so mancher Skulptur eine eigene Würde zugestehen und sie für unantastbar erklären wollen.)

Das Subjekt, philosophisch bezeichnet als: „Das mit Bewusstsein ausgestattete, denkende, erkennende  und handelnde Wesen“, ist eine über die Charakterisierung des Menschen noch hinausgehende Definition, die Aliens ebenso einschließt, wie Gott und die Leitkuh der Elefantenherde, die also allesamt prädestiniert wären, als Subjekt eine Würde zu haben, bliebe solche subjektbezogene Würde nicht dem Menschen vorbehalten.

Diese Sichtweise auf die Würde des Menschen hat maßgeblichen Einfluss auf die Frage gehabt, ob zur Verhinderung eines größeren Unglücks unter vielen Menschen das Leben weniger Menschen beendet werden dürfe. Das Verfassungsgericht hat dazu nein gesagt als es um die Frage ging, ob ein von Terroristen entführtes Passagierflugzeug abgeschossen werden dürfe, um zu verhindern, dass es in eine Menschenansammlung oder auf ein Atomkraftwerk gestürzt wird.

Die Passagiere und Besatzungsmitglieder im Flugzeug würden dadurch ihrer Würde beraubt, weil sie – schon mit dem Beschluss das Flugzeug abzuschießen – zum bloßen Objekt eines fremden Willens degradiert würden.

Nimmt man die oben angeführte Definition als korrekt an, ergibt sich zwangsläufig daraus die Rechtfertigung der Abtreibung, weil dem embryonalen Wesen, um das es geht, vermutlich alle Attribute fehlen, aus deren Zuschreibung sich erst ein Subjekt ergeben kann. Denkt man das weiter und fragt sich, ab wann das Menschenjunge überhaupt Subjekt geworden sein wird, gelangt man an eine fließende Grenze, die als Reife bezeichnet wird und je nach Anspruch an die Reife erst zwanzig oder noch mehr Jahre nach der Geburt erreicht werden kann.

 Man kann in die andere Richtung weiterdenken und dem Ungeborenen das zweifellos in ihm angelegte Potential, Subjekt zu werden, in den Vordergrund stellen und ihm eine Würde zusprechen, die vom Augenblick der Vereinigung von Ei- und Samenzelle an besteht. Was wiederum auch die Drei-Monatsregel für den Schwangerschaftsabbruch obsolet werden ließe.
Ja, es ist ein vertracktes Ding, diese unantastbare Würde.

Richten wir den Fokus auf die aktuellen Debatten um die Würde des Menschen, die sich unter anderem daran entzündet haben, ob die Würde eines Menschen angetastet werde, wenn ihm die Einreise in ein Land verweigert wird, weil die Gesetze dieses Landes keine Bestimmung  enthalten, die Menschen, die nicht politisch verfolgt sind,  die Einreise gestatten würde.

Es sind, unbestritten, Subjekte, die Einlass begehren. Es sind, ebenso unbestritten, Subjekte, die den Einlass verwehren.

Auf welche Weise soll nun die Degradierung  der Subjekte zu bloßen Objekten vonstatten gehen?

Wir haben als Einreisewillige durchweg mit Bewusstsein ausgestattete, erkennende Wesen. Sollten diese nicht erkennen können, dass sie unerwünscht sind, dass sie mit höchster Wahrscheinlichkeit schon an der Grenze abgewiesen werden? Und weil es denkende Wesen sind, sollten sie auf Basis dieser Erkenntnis nicht denkend zu dem Schluss gelangen, dass sie, wenn sie es trotzdem versuchen, mit allerlei Ungemach zu rechnen haben, ohne ihr Ziel je erreichen zu können? Sollte daher – aus Erkennen und Denken heraus – das auf die Einreise gerichtete Handeln gar nicht erst entstehen können? Ist also jedes auf die Einreise in einen Staat, der nicht gewillt ist, Migranten aufzunehmen, gerichtetes Handeln ein Indiz dafür, dass dem „Wesen“ wesentliche Attribute zum Dasein als Subjekt fehlen? Und sollten diese Attribute vorhanden sein, beweist das nicht nur, dass jemand, der sich bewusst erkennend, denkend und handelnd in eine Situation begibt, die mit der Zurückweisung enden wird, durch diese Zurückweisung seiner Würde nicht beraubt werden kann, weil er nicht zum Objekt gemacht wird, sondern die Zurückweisung selbst zu verantworten hat, weil er sich wider besseres Wissen aus freier Entscheidung selbst in diese Situation gebracht hat?

„Entschuldigen Sie bitte“, wendet da der gut integrierte Bürger mit Migrationshintergrund ein, „was Sie da schildern, das entspricht doch nicht den Tatsachen. Erkennende Wesen können sich der Erkenntnis nicht verweigern, dass Deutschland auf dieser Welt das einwanderungsfreundlichste Einwanderungsland ist, das man sich vorstellen kann. In unserer Heimat ist bekannt, und jeder, der es hierher geschafft hat, teilt das den noch Zurückgebliebenen mit, dass einzig der Weg das Problem ist. Das Ziel, also Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Geld  zur freien Verfügung, medizinische Versorgung sowieso, und alles ohne jegliche eigene Anstrengung, fällt doch jedem in den Schoß, der nur dieses eine, einzige Zauberwort zu sagen in der Lage ist. Der Weg ist teuer. Aber diese Investition lohnt sich. Der Weg ist gefährlich, aber die Chancen, die sich auftun, übersteigen das Risiko doch um ein Vielfaches. Dumm wäre, wer noch jung und einigermaßen gesund ist, und die Einladung, nach Deutschland zu kommen, nicht annähme. Zumal er, einmal dort angekommen, Eltern, Brüder, Schwestern, Onkel, Tanten und Cousins, auch Ehefrauen und Kinder jederzeit gefahrlos nachholen kann.“

Wir alle wissen, dass der gut integrierte Bürger mit Migrationshintergrund die Wahrheit sagt.

Ohne dass ihre Menschenwürde angetastet würde, ziehen sie freiwillig wochen- und monatelang durch halb Afrika, seeuntaugliche Boote erkennend, besteigen sie diese, weil ihr vorausschauendes Denken die Rettung aus der unvermeidlichen Seenot bereits antizipiert. Freiwillig lassen sie sich aus der Seenot retten, freiwillig durchlaufen sie Auffanglager in Italien, Griechenland, Frankreich und Spanien, freiwillig ziehen sie weiter …

Die Altmeister der migrationsphilosophischen Fakultäten sehen in diesem Prozedere die optimale Form der Wahrung der Menschenwürde. Den vorher geäußerten Gedanken, dass nämlich erkennende, denkende und bewusst handelnde Menschen, die Abweisung an der Grenze ebenso freiwillig – wenn auch für andere denkenden Menschen „sinnlos“ – auf sich nehmen, weisen sie mit mancherlei Argumenten zurück, die sich in einer einzigen Aussage auf den Punkt bringen lassen, nämlich: „Nur in Deutschland ist die Würde des Menschen sicher.“

Es ist schon für sich alleine ein vertracktes Konstrukt, diese Würde des Menschen. Wenn sie aber erst noch von einer Ideologie vereinnahmt wird, die sie jeweils dreht und wendet, wie es gerade vorteilhaft erscheint, dann wünscht man sich etwa Einfacheres, eine leichter begreif- und handhabbare, weniger in jedem Einzelfall auslegungsbedürftige  Formel als Grundlage des Werte- und Rechtsgebäudes.

Dieser Wunsch wird schnell dringlich, wenn der Fokus von der Würde des Migranten zur Würde der schon länger hier Lebenden wechselt.

Könnte es sein, dass die mit Bewusstsein ausgestatteten, erkennenden, denkenden und handelnden Wesen der Aufnahmegesellschaft sich in der spiegelbildlich umgekehrten Lage befinden? Dass also ihre Würde verletzt wird, dass sie zu bloßen Objekten eines fremden Willens degradiert werden, schon alleine dadurch, dass man ihren Kindern die Turnhallen wegnimmt? 

Ich wähle hier bewusst nur eine der kleinsten und eher leicht zu verschmerzenden Einschränkungen und Beeinträchtigungen, nur um zu verdeutlichen, wie weit die unantastbare Würde der Migranten ausgreift und – wegen Unmöglichkeit der weiteren Wahrnehmung – zu einem Verzicht führt, der keiner ist, weil Verzicht Freiwilligkeit voraussetzen würde.

Nun ist das Turnen in Turnhallen, die von der Gemeinschaft mit den Mitteln der Gemeinschaft zu diesem Zweck errichtet wurde, nicht der Wesenskern der unantastbaren Würde, doch im von der Migration, bzw. vom Migrationsmanagement erzwungenen Nutzungsverbot der Turnhallen liegt  ein  erster Anflug der Degradierung des Subjekts zum Objekt staatlicher Herrschaft.

Nur ein bisschen angetastet ist aber auch angetastet. Ein Blick auf den Wohnungsmarkt verstärkt das Gefühl, des Angetastet-Werdens der eigenen Würde. Ein Blick in die Staatskasse, die sich, wie auch die Kassen der Sozialversicherungen, aus den Verdiensteinkommen der schon länger hier Lebenden speist, und ein weiterer Blick auf die verrottende Infrastruktur lassen keinen Zweifel mehr daran aufkommen, dass die von einer von den Demoskopen ermittelten Mehrheit abgelehnte – im Wortsinn „grenzenlose“ – Migration zu den maßgeblichen Ursachen gehört.

Einen Wirtschaftsmigranten nicht aufzunehmen, ihn also zu hindern, am so genannten Wohlstand in Deutschland zu partizipieren, soll die Würde des Menschen verletzen. Den eingesessenen Staatsbürger daran zu hindern, am selbst erarbeiteten Wohlstand im möglichen Maße zu partizipieren soll aber die Würde des Menschen nicht verletzen? Wird da mit gleichem Maß gemessen? Sind die Menschen vor dem Gesetz doch nicht gleich?

„Halt, halt!“, empört sich da der gewählte Volksvertreter, „der Verzicht der schon länger hier Lebenden ist ein freiwilliger Verzicht, bewusst, erkennend, denkend und an der Wahlurne handelnd, ist dieser Verzicht gerichtfest dokumentiert. Unsere Demokratie bewahrt uns schließlich vor dem Verlust der Menschenwürde, in dem die Minderheit freiwillig den Willen der Mehrheit akzeptiert und sich dem nicht widersetzt. Wer also Merkel gewählt hat, wer die GroKo gewählt hat, wer die Ampel gewählt hat, hat die unkontrollierte, grenzenlose Migration gewählt und damit seine Zustimmung zu allem erteilt, was im Gefolge der Migration unvermeidlich war und ist. Und wer in Treue fest zum Grundgesetz steht, in dem unsere Demokratie verankert ist, der wird den Willen der Mehrheit akzeptieren. Wer das nicht verstehen will, steht außerhalb der Verfassung, und wenn sich Parteien als Opposition gerieren und die Migration eindämmen, beenden oder gar rückgängig machen wollen, dann haben sie ihre demokratische Legitimation verloren und sollten verboten werden, bevor sich der Ungeist noch weiter verbreiten kann.“

 

Lieschen Müller denkt sich schuldbewusst: „Ja. Ja, die Merkel habe ich gewählt, und die Grünen dann auch. Aber das habe ich doch nicht gewollt. Schon gar nicht die Messerstechereien und Gruppenvergewaltigungen. Aber was soll ich jetzt noch machen. Wahrscheinlich ist es besser, den Mund zu halten. Man darf ja nicht den Falschen in die Hände spielen. Am Ende bin dann wieder ich ganz alleine schuld, so wie Tante Lieschen, Gott hab sie selig, schon damals. Die hat auch frohgemut gewählt, aber gewollt hat sie das nicht, und ist dann doch ausgebombt worden. Ach ja. Was soll ich denn mit der Würde des Menschen? Meine Ruhe will ich, zufrieden will ich sein und zufrieden gelassen will ich werden. Besser nichts sehen, nichts hören und schon gar nichts sagen – da bleibt die Würde am ehesten unangetastet. Ein Likörchen gönn ich mir noch, und dann ab ins Bett …“

 

Würde, würde, Springpferdhürde.
Hätte, hätte, Fahrradkette.
Müsste, müsste, Heldenbüste.
Sollte, sollte, Staatsrevolte.

Könnte, könnte – kann grad nicht.