Deutschland auf dem Weg nach Argentinien

Es ist so einfach, sich über Mileis Sparkurs zu erregen. Es ist so einfach, zu behaupten, er treibe mit seinem Kurs die Menschen in Armut. Vor allem ist es so einfach, mit dem Blick auf Argentinien das Schicksal Deutschlands aus den Augen zu verlieren und zu übersehen, dass Deutschland sich auf dem gleichen Weg befindet, wenn auch die Ursachen und Umstände nicht zu vergleichen sind, wohl aber die Mentalität.

Wirtschaftlicher Niedergang und wirtschaftlicher Aufschwung hängen an einem einzigen, ausschlaggebenden Parameter, und der heißt „Leistung“.

Sicherlich, es gibt mehr als tausend Einflussfaktoren, die Leistung begünstigen oder erschweren, doch wo schon der Leistungswille fehlt, helfen keine günstigen Einflussfaktoren, und die negativen fallen daneben gar nicht mehr ins Gewicht.

Der Leistungswille als solcher geht aus dem Überlebenswillen hervor, und folgt den Stufen der Maslow’schen Bedürfnispyramide.  

Jedenfalls dann, wenn er gefordert und mit Erfolgserlebnissen belohnt wird.

Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass die Bedürfnispyramide mit der Pyramide der sozialen Schichtung einer Gesellschaft korrespondiert. In unserem Erfahrungsumfeld steht die soziale Schichtung quasi gleichbedeutend neben der materiellen Schichtung, wobei das Materielle in anderen Gesellschaftsformen längst nicht diesen Rang einnimmt. Man denke hier zum Beispiel an Ordensgemeinschaften mit Armutsgelübde.

In unserem Erfahrungsumfeld wird versucht, die Unterschiede in der sozialen Schichtung durch materielle Unterstützung zu kompensieren.

Für die Hartz-IV-Leistungen und das Bürgergeld wird – über das nackte Überleben hinaus – die Notwendigkeit der „sozialen Teilhabe“ zu einem die Höhe der Zahlungen bestimmenden Faktor. Wobei diese niemals ausreichen können, weil die Ansprüche mit den empfangenen Leistungen wachsen.

Nun bringen wir die Bedürfnispyramide mit dem System der Sozialleistungen und der Pyramide der sozialen Schichtung zusammen.

Wo Maslow noch unterscheidet zwischen

Stufe 1 Physiologische Bedürfnisse
(Atemluft, Wasser, Nahrung, Bekleidung, Behausung)

Stufe 2 Sicherheitsbedürfnisse
(Schutz, Stabilität, Ordnung)

Stufe 3 Soziale Bedürfnisse
(Gemeinschaft, Kommunikation, soziale Rolle, Rang in der Gruppe)

Finden wir in der Realität des Sozialstaats nur noch eine Klasse vor, nämlich die Klasse der von der Gesellschaft bis in die Stufe 3 hinein vollständig Alimentierten.

Für die Angehörigen dieser Klasse erübrigt sich jede persönliche Leistungserbringung, um die beiden ersten Stufen der Bedürfnispyramide zu erreichen und sich auf der dritten Stufe ihrer sozialen Kompetenz entsprechend einzurichten.

Das bedeutet, dass diesen Menschen jene Erfolgserlebnisse fremd bleiben, die sich aus eigener Anstrengung zur Bedürfnisdeckung ergeben. Im Gegenteil werden sie häufig erleben, dass der Versuch, aus dem Transferleistungsbezug herauszukommen, sich negativ auf ihre persönlichen Verhältnisse auswirkt, weil staatliche Leistungen wegfallen, weil der Aufwand für die Lebensführung (Werbungskosten) steigt und vor allem die sozialen Bedürfnisse durch den massiven Wegfall frei verfügbarer Zeit nicht mehr wie gewohnt befriedigt werden können.

Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Leistungswille mangels erreichbarer Ziele nicht mehr einstellt.

Zugleich ist dies ein trauriger Verlust für diese Menschen, sich nicht weiterentwickeln zu können, und ein massiver volkswirtschaftlicher Verlust, weil brachliegendes Leistungsvermögen nicht aktiviert werden kann.

Hinzu kommt, dass sich auch in Deutschland die „Sehnsucht“ nach der „Work-Life-Balance“ epidemisch ausbreitet und die Forderungen nach der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, bzw. nach einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht mehr verstummen wollen, während gleichzeitig der Krankenstand in den Unternehmen ein ungesundes Ausmaß angenommen hat.

Kennen Sie die aktuellen Zahlen über die nicht erwerbstätigen Erwerbsfähigen in Deutschland?

Im August 2024 waren rund 45,9 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig.

§ 8 SGB II

Erwerbsfähigkeit

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthalts-gesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

Wie viele sind das?

2.872.000 Arbeitslose wurden Ende August 2024 in Deutschland gezählt, 176.000 mehr als vor einem Jahr. Ein  großer Teil der vielen nicht Gezählten, findet sich unter den erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern wieder.

5.540.000 Menschen bezogen im August 2024 das so genannte Bürgergeld, darunter waren 4.010.000 Erwerbsfähige.

Die nachstehenden Zahlen sind über den dicken Daumen gerechnet, dürften aber im Großen und Ganzen zutreffend sein:

 

4 Millionen Erwerbstätige mehr, und sei es nur mit durchschnittlich 100 Stunden zum Mindestlohn, führen zu folgenden Veränderungen:

Steigerung Bruttolohn-Summe     60 Milliarden Euro
Entlastung Bundeshaushalt und Sozialkassen     60 Milliarden Euro
Mehreinnahmen Sozialkassen     24 Milliarden Euro
Positiver Effekt gesamt     84 Milliarden Euro
Steigerung Wirtschaftsleistung ~120 Milliarden Euro

 

Allerdings, und das ist der Pferdefuß bei dieser Angelegenheit, wird sich bei den 4 Millionen, die monatlich 100 Stunden zum Mindestlohn arbeiten, keine Veränderung ihrer Kaufkraft ergeben. Ihre Netto-Löhne werden ungefähr ausreichen, um die wegfallenden Leistungen aus dem Bürgergeldbezug zu kompensieren.

Anreiz zur Arbeitsaufnahme: Null.

Für die Wirtschaft insgesamt ergibt sich im Binnenmarkt kein belebender Effekt. Die verfügbare Kaufkraft bleibt gleich. Für die zusätzlich erzeugten Produkte müssen Käufer auf dem Weltmarkt gefunden werden. Da verliert Deutschland allerdings gerade massiv an Wettbewerbsfähigkeit. Nicht die günstigste Situation für Neueinstellungen.

 

Und was macht Berlin?

Der Blick nach Berlin bringt uns nicht weiter. Die zerstrittene Fortschrittskoalition hat schon schier unüberwindliche Schwierigkeiten damit, auch nur den Haushalt für 2025 aufzustellen.

Mit dem Kopf tief im Sand, die Auseinandersetzung mit der Realität strikt verweigernd, kämpfen sie ihren Vier-Fronten-Krieg gegen Klima, Putin, Fakten und rechts – emsig darum bemüht, die Verantwortung für die selbstgemachte Wirtschaftskatastrophe weit von sich zu weisen und jeden vernünftigen Vorschlag zur Besserung der Lage als „einfache, populistische Lösung, die nicht funktionieren kann“ abzutun.

Sprechen wir also über einfache Lösungen.

Man muss verstehen, dass es Menschen gibt, die selbst mit einfachen Lösungen nicht zurechtkommen, wenn diese auch nur einen fingerbreit von jenen Wegen abweichen, denen sie in langjähriger Gewohnheit gefolgt sind, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wer diese Wege einst zu welchem Zweck geplant und eingerichtet hat, und ob die damaligen Voraussetzungen nach wie vor zutreffen.

Es genügt, die Misere der Sozialsysteme zu betrachten, um festzustellen, wie sehr die Verantwortlichen noch in jenen Verhältnissen hängen geblieben sind, die zu Bismarcks Zeiten herrschten, der die Gefahr der Machtübernahme durch die Sozialisten dadurch bannen wollte, dass der Staat selbst dem einfachen Volk ein Stückchen sozialer Sicherheit gewährte.

Inzwischen haben die die Nachfolger dieser Sozialisten sich des Staates und der Sozialsysteme bemächtigt und sind dabei, beides durch Überlastung an die Wand zu fahren.

Es ist nicht möglich, dauerhaft Millionen von Menschen mit Staatsmitteln auf der Stufe drei der Bedürfnispyramide zu halten, ohne von diesen den ihnen möglichen Beitrag zum Selbsterhalt einzufordern. Es ist erst recht nicht möglich, diese Leistungen neben den Angehörigen des eigenen Staatsvolkes auch noch allen zu gewähren, die um dieser Leistungen willen aus aller Welt nach Deutschland strömen.

Es soll hier aber nicht noch einmal die Debatte darüber geführt werden, ob wir ein reiches Land sind, ob wir Platz haben, ob wir das schaffen, auch wenn wir immer so weiter machen.

Es sollen Lösungen angeboten werden.

Dazu habe ich im Mai dieses Jahres das Buch

Wie der Phönix aus der Ampel
Modell Deutschland 2029

veröffentlicht. Es enthält Aussagen zum Zustand des Landes, Informationen darüber, wie ein Planungsprozess aufgesetzt und gestaltet werden muss, um zu erfolgversprechenden Plänen zu gelangen, und dazu auf rund 150 Seiten relativ tief ausgearbeitete, miteinander verknüpfte Pläne für die Umgestaltung dieses Landes und seiner Volkswirtschaft in allen für einen neuen Aufschwung relevanten Bereichen.

Daraus hier und heute nur zwei Einzelpläne, die darauf abzielen, das vorhandene, aber brachliegende volkswirtschaftliche Leistungsvermögen wieder zu mobilisieren und damit die Rezession zu überwinden.


 

A1-F – Fachkräfte-Qualifizierung

Ziel ist die Mobilisierung weiter Teile der volkswirtschaftlichen Leistungsreserve im Umfang von mindestens zehn Millionen gesunden, bisher nicht erwerbstätigen Personen im erwerbsfähigen Alter.

Ein Teil dieser Zielgruppe ist in mindestens einem Berufsfeld gut, oder zumindest ausreichend qualifiziert, es wird diesen Arbeitssuchenden jedoch aus unterschiedlichsten Gründen kein Job angeboten. Einem anderen Teil fehlt die Basisqualifikation für den Berufseinstieg aus Gründen, die im Schul- und Bildungssystem zu suchen sind.

Für  die Motivation zur Arbeitsaufnahme ist vor allem die Aussicht auf einen dauerhaften, angemessen bezahlten Arbeitsplatz wichtig. Dieses Angebot wird im Schwerpunktplan Wirtschaft kurzfristig geschaffen und ständig erweitert.

→A2-W – Wachstumsförderung (123)
→A2-A – Arbeit und Lohn (133)

Die Qualifikation der potentiell verfügbaren Arbeitskräfte erfolgt zielgerichtet bedarfsorientiert im Eigeninteresse und auf Kosten der die Aus- und Weiterbildung organisierenden Arbeitgeber. Der Anreiz für die Arbeitgeber wird durch gezielte Beschaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hände gesetzt, wie z.B. mit dem unter A1-W beschriebenen Wohnungsbauprogramm. Davon profitieren kann als Unternehmer allerdings nur, wer die notwendige Zahl eigener Mitarbeiter auf die Baustelle bringen kann.

Die bisherigen Versuche, den viel beklagten Fachkräftemangel zu beheben, haben sich als untauglich erwiesen.

Die Fachkräfte-Ausbeute aus der Zuwanderung war bei hohen Gesamtkosten eher nur sehr spärlich. Die mit der Gießkanne verteilten Qualifizierungskurse der Arbeitsverwaltung gingen weitgehend am Bedarf vorbei. Die Regelungen aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht, sowie der bei Arbeitsaufnahme eintretende Wegfall der vielfältigen staatlichen Hilfen für Menschen ohne eigenes Einkommen, haben die Motivation zur Arbeitsaufnahme massiv gedämpft. Dies vor allem deshalb, weil gerade die anfangs niedrigen Löhne für Berufseinsteiger keine oder nur geringfügige wirtschaftliche Besserstellung ermöglichen, die mit dem Verzicht auf täglich acht und mehr Stunden Freizeit erkauft werden muss.

Am Anfang jeder Qualifizierungsmaßnahme muss daher die Zusage für den vom Arbeitgeber nach Abschluss der Qualifizierung angebotenen, relativ konkret beschriebenen Arbeitsplatz mit der entsprechenden Gehaltszusage stehen.

Zur Vorbereitung der Qualifikationsoffensive ist Vorarbeit der Statistiker erforderlich, die im ersten Schritt nach regionalen Wirtschaftsgebieten, zweckmäßigerweise auf Ebene der großen Städte und Landkreise alle Bezieher von ALG1, Bürgergeld und weiterer staatlicher Transferleistungen (wie z.B. Wohngeld) erfassen und in diesem Pool diejenigen identifizieren, die zwischen 15 und 60 Jahren alt sind und bei denen kein dauerhafter Hinderungsgrund für eine Erwerbstätigkeit besteht.

Innerhalb dieser Gruppe ist zu unterscheiden nach den bisher erworbenen Qualifikationen, also Schulabschluss, Studium, abgeschlossene Berufsausbildung, ausgeübte Tätigkeiten in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen oder in Selbständigkeit.

Parallel dazu erheben die regionalen Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern die offenen Stellen in den ihnen angeschlossenen Unternehmen in einer vergleichbaren Aufschlüsselung.

Die Zusammenführung dieser Daten kann gemeinsam von den Vertretern der Kammern mit Vertretern der Arbeitsverwaltung vorgenommen werden.

Treffer:

Als Ergebnisse daraus sind einerseits „direkte Treffer“ zu erwarten, die unmittelbar zu einem neuen Arbeitsverhältnis führen, bei dem der Lohnabstand zum Bürgergeld ausreichend zur Arbeitsaufnahme motiviert.

Beinahe Treffer:

Daneben wird sich eine Gruppe von Personen herausbilden, für die Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, wobei jedoch zur vollen Einsatzfähigkeit an diesen Arbeitsplätzen Qualifizierungsmaßnahmen in überschaubarem Umfang erforderlich sind.

Keine Treffer:

Außerdem werden Arbeitsplätze übrig bleiben für die keiner der potentiellen Arbeitnehmer geeignet scheint, sowie Arbeitswillige, zu deren Qualifikation keiner der angebotenen Jobs passt.

 

Wo es Treffer gibt, sollte sich das Weitere in der Mehrzahl der Fälle von selbst ergeben.

Bei den Beinahe-Treffern sind die jeweiligen Arbeitgeber in der Pflicht, die für sie infrage kommenden Bewerber einzuladen, die wiederum  verpflichtet sind, dieser Einladung nachzukommen. Nach dem Bewerbungsgespräch entscheidet der Arbeitgeber, ob er dem Bewerber ein festes Jobangebot, verbunden mit einem Qualifizierungsplan unterbreitet.

Nimmt der Bewerber an, erhält er vom ersten Tag an das volle für den vorgesehenen Arbeitsplatz vereinbarte Gehalt. Die Hälfte davon wird dem Arbeitgeber von der Arbeitsverwaltung für die ersten sechs Monate erstattet. Bei diesem Zuschuss handelt es sich um eine staatliche Investition in die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft, die Mittel dafür werden über den Plan →A3-I – Investitions-Finanzierung (176) bereitgestellt.

Die Kosten der vorgesehenen Qualifizierungsmaßnahmen, ob betriebsintern oder von externen Dienstleistern durchgeführt, trägt der Arbeitgeber.

Nimmt der Bewerber den angebotenen Job ohne nachvollziehbare, schwerwiegende Gründe zu nennen, nicht an, wird der Bürgergeldbezug  für drei Monate gesperrt, im Wiederholungsfall für 12 Monate.

Soweit sich auf der Arbeitgeberseite für Bewerber kein Jobangebot finden lässt, ist nach Möglichkeiten zu suchen, Unternehmen in der Region anzusiedeln, die nach Bewerbern mit dieser Qualifikation suchen. Die Regionen sollten sich und ihre potentiellen Arbeitskräfte für alle potentiellen Arbeitgeber zugänglich im Internet präsentieren. 

Hierzu können auch Mittel und Support aus dem Plan →A1-I  – Importsubstitution (87) in Anspruch genommen werden.

Daneben wird sich zwischen den Regionen ein Austausch über nicht befriedigte Angebote, bzw. Nachfrage ergeben.

Das Fachkräftequalifizierungsprogramm ist als permanent arbeitende Einrichtung vorgesehen. Die Erfassung von Arbeitsplätzen und potentiell einsetzbaren Arbeitskräften soll mindestens zwei Mal jährlich stattfinden.

Dieses Programm wird ergänzt durch Komponenten aus Teil →A1-S – Sozialleistungsbezug (106).

Es wird seine erste Bewährungsprobe beim Anlaufen des Wohnungsbauprogramms zu bestehen haben, weil die Kapazitäten der Bauwirtschaft derzeit nicht mehr ausreichen, um ohne zusätzliche Arbeitskräfte das steil anziehende Bauvolumen bewältigen zu können.

In der Folge werden aus dem Importsubstitutionsprogramm weitere große Impulse zur Qualifizierung von Arbeitskräften für neu, bzw. wieder in Deutschland anzusiedelnde Branchen zu erwarten sein.

Außerdem soll dieses Programm, das zunächst nur auf Transferleistungsempfänger gerichtet ist, in der Folgewirkung auch auf Personen ausstrahlen, die außerhalb dieses Kreises keiner Beschäftigung nachgehen, denn das Qualifizierungsprogramm wird helfen, das Lohnniveau anzuheben und die Arbeitsaufnahme auch für bislang nicht Arbeitsuchende grundsätzlich lukrativer zu machen.

 

A1-S – Sozialleistungsbezug

Sozialleistungen des Staates sind von den Leistungen der Sozialversicherungen strikt zu unterscheiden. Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung beruhen auf den durch Beitragszahlungen individuell erworbenen Ansprüchen, auch dann, wenn die Leistungen zum Teil durch staatliche Zuschüsse finanziert werden.

Bei Bürgergeld, Wohngeld, Heizkostenzuschüssen, Kindergeld, BAföG, usw., handelt es sich um Leistungen, bei denen der Anspruch auf Leistung per Gesetz direkt an die Staatskasse gerichtet ist, ohne dass dafür individuelle Vorleistungen/Versicherungsbeiträge erbracht werden müssten.

Diese Leistungen sind durch Artikel 20 GG begründet, der auf hohem Abstraktionsniveau bestimmt, dass Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist. Die konkrete Ausgestaltung der Sozialleistungen wurde von 1949 bis heute im Gesetzgebungsprozess des Deutschen Bundestages vorgenommen. Die stete Ausweitung der Anspruchsgründe, die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten und die Erhöhung der Leistungsbeträge haben nicht nur zu einer erheblichen Belastung der Staatskasse und damit der Steuerzahler geführt, das Bestreben, soziale Gerechtigkeit dadurch herzustellen, dass die Leistungsbezieher grundsätzlich am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können müssten, hat eine neue Form der Ungerechtigkeit hervorgebracht.

Diejenigen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, genießen inzwischen in etwa den gleichen „Wohlstand“, wie jene, die sich ihr (relativ niedriges) Einkommen durch Arbeit erwerben: Gerechtigkeit hergestellt?

Doch wer arbeitet, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, verliert damit in ganz erheblichem Maße freie, selbstbestimmt nutzbare Zeit und finanziert die „Freizeit“ der anderen durch seine Steuern mit: Ungerechtigkeit perfekt?

Der dümmliche Spruch, in den unteren Einkommensklassen würden ja, wegen der hohen Freibeträge, sowieso keine Steuern bezahlt, täuscht nur darüber hinweg, dass der höchste Anteil des Steueraufkommens über Verbrauchssteuern generiert wird – und daran zahlen alle mit.

Weil es nicht möglich ist, den Berufstätigen zusätzliche Freizeit zu gewähren, der Tag hat nun mal nur 24 Stunden, und die Arbeitsmenge pro Person nicht beliebig verringert werden kann, es sei denn, die Zahl der Berufstätigen könnte im erforderlichen Umfang erhöht werden, ist „Gerechtigkeit“ nur auf einem Weg wieder herzustellen, nämlich mit der Verringerung der Freizeit der ohne triftigen Grund nicht berufstätigen Erwerbsfähigen.

Betroffen ist die gleiche Bevölkerungsgruppe, die auch mit dem Programm →A1-F – Fachkräfte-Qualifizierung (81) angesprochen wird.

Allerdings  ergibt sich aus den Erwägungen zum Sozialleistungsbezug die zusätzliche Notwendigkeit, auch jenen Personen, die nicht in Qualifizierungsmaßnahmen gelangen oder trotz  Qualifizierung keinen Job finden, eine Präsenzpflicht im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung aufzuerlegen.

Die Präsenzpflicht umfasst sowohl die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen als auch (temporäre) Arbeitsangebote in etwa in dem Tätigkeits-Spektrum, das vom ehemaligen Zivildienst abgedeckt wurde. Die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten ist verpflichtend, die Annahme der Arbeitsangebote ist freiwillig, vergütet wird die Differenz zwischen dem regulären Stundenverdienst in diesen Tätigkeiten und dem fiktiven Stundenlohn, der sich aus den bezogenen Sozialleistungen bei einer 40-Stunden-Woche ergibt.

Für die Maßnahmen aus den neuen Regelungen für den Sozialleistungsbezug und die Maßnahmen aus dem Fachkräftequalifizierungsprogramm wird ein gemeinsamer Realisierungsplan erarbeitet.

Hierzu ist die erforderliche regionale Organisationsstruktur aufzubauen, es sind die notwendigen materiellen Voraussetzungen für die Präsenzpflicht (vor allem die erforderlichen Räumlichkeiten) zu schaffen und die dort anzubietenden Arbeitsmöglichkeiten auszuweisen.

Zum Aufbau der Organisation und zur Herstellung der materiellen Voraussetzungen sollen nach Möglichkeit bereits Arbeitsangebote für Präsenzpflichtige genutzt werden.


 

Ja. Das erfordert ein Umdenken.

Aber bevor wir uns über mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung den Kopf zerbrechen (Präsenzpflicht? Das geht doch überhaupt nicht!), sollten wir die Frage stellen, ob diese Pläne, für sich betrachtet, hilfreich wären, um unsere Situation als Nation zu verbessern. Wird das bejaht, dann wird es auch gelingen, die Schwierigkeiten zu überwinden.

 

 

 

 

Das ganze Buch gibt es hier
als Printausgabe und als E-Book
zu kaufen.