
Man wird ja alt und vergesslich, doch glaube ich mich zu erinnern, dass der Markus vor den Wahlen, mein Gott, die sind ja auch schon wieder so lange her, also dass der Söder da verbal den Eindruck erweckte, er – und die CSU – hätten unter Nutzung des eigenen Verstandes eine gewisse neuerliche Hinneigung zur Kernkraft entwickelt. Wollte er uns nicht weismachen, dass mit ihm und der CSU auch die CDU sich dafür einsetzen werde, die wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzbaren Kernkraftwerke noch einmal ans Netz zu bringen und sogar den Bau neuer Kernkraftwerke ins Auge zu fassen, weil und wegen Zuverlässigkeit und billig und trassenneutral, und überhaupt sicher und besser selber Atomstrom produzieren als teuer Atomstrom importieren?
Das galt vor der Wahl im Umfeld der bayerischen Staatskanzlei als Vernunft, und bei der Mehrheit der Abgeordneten im Maximilianeum ebenfalls, und die schrille Katha war da von sonoren bayerischen Stimmen der Vernunft glatt bis zur Unhörbarkeit überstimmt.
Vielleicht ist mir das in Erinnerung geblieben, weil diese aus der CSU aufwachsende, partielle Manifestation von Vernunft mit meiner energiewirtschaftlichen Vernunft in Resonanz geraten war, und ich mir überlegte, ob ich, wenn es das Original nicht gäbe, also schon verboten wäre, sogar der CSU mein Kreuzlein hätte widmen können.
Wie gesagt, ich hatte es fast vergessen, doch nun lese ich, und ich muss zugeben, es hat mich erschüttert und verwirrt, dass der Franke in der Staatskanzlei, kaum dass er für ein paar Tage intensiv Berliner Luft geschnuppert hatte, den Weg zu einer anderen, mir völlig fremden Vernunft gefunden hat.
Bei Tichy wird dies wie folgt kolportiert:
Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen
stellte sich heraus,
dass es keine Kernkraft in Deutschland geben wird.
Es habe dafür keine politische Mehrheit mehr gegeben,
so Söder.
So ein Schmarrn!
Will uns Söder sagen, dass er erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen genauer hingesehen, und festgestellt hat:
„Ach Goddla, ach Goddla! Kernkraft gibts in Deutschland nimmer. Wer hätt’n des gedacht? Ich ned.“
Nix hat sich erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen herausgestellt!
Wenn Söder sich als Verhandler nicht von seiner vor den Wahlen gewonnenen Vernunft verabschiedet, sondern sich für die Vernunft ins Zeug gelegt hätte, wie man das von einem kämpferischen bayerischen Löwen hätte erwarten dürfen, dann gäbe es entweder immer noch keinen Koalitionsvertrag oder die Wiederbelebung der Kernkraft stünde drin.
Und dann der Schmarrn mit der „politischen“ Mehrheit, die es dafür nicht mehr gegeben habe.
Hat es die denn vorher gegeben?
Das ist natürlich die falsche Frage, die sich aus der verfälschenden „nicht mehr“ Aussage Söders ergibt, wenn man sich auf den Schmarrn einlässt.
Die richtigen Fragen beginnen so:
- Wodurch unterscheidet sich Söders „politische Mehrheit“ von der „demokratischen Mehrheit“ oder überhaupt von der Mehrheit?
- Wie kommt Söder dazu, die „Politik“, die ja alle Angelegenheiten des Gemeinwesens betrifft, auf die Schnittmenge dessen zusammenzustreichen, was zwei koalitionssuchende Parteien mit ihren Partialinteressen auf den Tisch legen?
Ein Blick in den neuen Bundestag offenbart, dass es dort eine von den Bürgern hineingewählte Mehrheit für die Kernkraft in Deutschland gibt.
Wenn es nun in einer Teilmenge dieses Bundestages, nämlich in der angestrebten Koalition aus Union und SPD keine Zustimmung für die Kernkraft gibt, weil sich die SPD als kleinerer Partner verweigert, hätte die Union als der größere Partner dieser Koalition immer noch ihre Mehrheit einsetzen können, um der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen.
Hat sie aber nicht.
Ich verstehe das nicht.
Es gibt für die Zukunft unseres Landes kein wichtigeres Thema als die Wiederherstellung der sicheren und preiswerten Energieversorgung.
Das meine ich ernst.
Dass dies mit dem weiteren Ausbau der so genannten Erneuerbaren nicht gelingen kann, sondern dass das Fiasko mit jedem weiteren Windrad und jedem weiteren Solarpaneel nur noch schlimmer wird, wird jeder Techniker, jeder Kaufmann und jeder Wissenschaftler unterschreiben, der nicht direkt oder indirekt vom weiteren Beschreiten des Irrwegs profitiert.
Esau hat sich sein Erbrecht für ein Linsengericht abschwatzen lassen.
Wofür sich Söder seine energiepolitische Vernunft hat wegverhandeln lassen, ist nicht bekannt. Es sterben ja nicht nur die Kernkraftwerke. Im Sterberegister ist inzwischen auch das Kraftwerk Mehrum aufgenommmen.
Ich kann im Koalitionsvertrag jedenfalls nichts, aber auch gar nichts erkennen, was es – im Interesse Deutschlands, oder wenigstens Bayerns – wert gewesen wäre.
Der Klingbeil wird es wissen.
Zum Dessert:
Wiener Melange mit weil, Seil und Beil
Der Basti in Wien bot viel Kurz-weil,
Mit manchem Spagat auf dem Hochseil,
doch tat er abstürzen,
die Amtszeit verkürzen
und aus wars mit Kurz und der Kurzweil.
Der Lars in Berlin scheut das Hochseil,
übt nächtens mit Sturzhelm am Hüpfseil,
ob er sich verheddert
und selbst sich zerschmettert,
das fragt sich die BILD schon im Sportteil.
Das Beil ist der Axt kleine Schwester,
ein Kling ist kein Klang du mein Bester,
daraus lässt sich erschließen
und das ist zum Schießen
Das Klingbeil gibt’s nicht im Orchester.