Demokratismus

Aus meinem Grübelstübchen

Im ersten Morgengrauen, beim ersten Kaffee und der ersten Zigarette, tanzen die Gedanken noch Samba. Kraut und Rüben. Schillernde Explosionen. Rumms: Demokratismus!

Habe ich das eben neu erfunden?

Google:

Nein. Gibt es schon lange. Ist teils positiv, teils negativ im Gebrauch. Nietzsche meint: „Demokratismus war jeder Zeit die Niedergangs-Form der organisierenden Kraft: ich habe schon in ‚Menschliches, Allzumenschliches‘ die moderne Demokratie samt ihren Halbheiten, wie ‚deutsches Reich‘, als Verfallsform des Staats gekennzeichnet.“

Na also. „…ismus“ ist immer die verdächtige Form, der Auswuchs der positiven Kraft, das Faustische Prinzip, das stets das Gegenteil erschafft. Bekannte Beispiele mit stark verkürzten Erläuterungen:

Kapital

Das Kapital ist gut und wichtig. Ohne Kapital gäbe es weder Eisenbahnen noch Automobilfabriken. Im Prinzip gäbe es ohne Kapital gar nichts, was mehr Anstrengung kostet als eine Sippe mit ihrer Hände Arbeit errichten kann.

Kapitalismus

Kapitalismus entsteht da, wo das Kapital die Herrschaft übernimmt, Oligopole und Monopole schafft und so versucht, sich die Menschheit zu unterwerfen.

Islam

Der Islam als monotheistische Religion mit Heilsversprechen ist gut, um ein islamisches Volk nach einheitlichen Gesetzen und Regeln zu organisieren.

Islamismus

Islamismus entsteht da, wo der Islam die Herrschaft übernimmt und versucht, die gesamte Menschheit gewaltsam zu missionieren und sich zu unterwerfen.

Das lässt sich fortsetzen

nahtlos mit Feodum (Lehen) und Feudalismus,
Kommune  und Kommunismus,
Fasces und Faschismus,

und überall schwingt  beim „…ismus“ das gleiche Motiv mit, nämlich das Streben nach unbeschränkter Herrschaft. Nicht immer und überall gleich die Weltherrschaft, aber überall das Gleiche: Der „…ismus“ duldet keinen Konkurrenten neben sich und fordert, bei Androhung peinlicher Strafen die Unterwerfung.

Wie wäre dann aber der Demokratismus, 125 Jahre nach Nietzsche, heute zu charakterisieren?

Ich finde zwei unterscheidbare, wiewohl eng miteinander verwandte Spielarten des Demokratismus, die in unserer Zeit zu beobachten sind.

 

Der missionarische Demokratismus

Der missionarische Demokratismus, in aller Regel verbündet mit dem Kapitalismus, strebt danach, aller Welt die alleinseligmachende Demokratie aufzuzwingen. Wer sich nicht unterwirft, die Türen nicht dem Kapital und den Waren der Demokratisten öffnet und sich erdreistet, das Wahrzeichen des demokratistischen Kapitalismus „$“ abzulehnen, wird, begleitet von Brunnenbauern und Mädchenschulenerrichtern mit militärischer Gewalt unterworfen. Korea, Vietnam, Afghanistan, der Irak, Libyen, Syrien, der Libanon, der Iran, nicht zu vergessen auch Jugoslawien, können ein Lied davon singen.

Im Visier dieser Spielart des Demokratismus befinden sich seit geraumer Zeit auch Russland und China. 

Demokratie muss verbreitet werden!

 

Der selbstgewiss-konservative Demokratismus

Der Demokratist ist mit der Demokratie zutiefst unzufrieden, weil ihm der ihr innewohnende Trend zu Veränderungen zutiefst zuwider ist.

Einmal demokratisch gewählt und an der Macht, will der selbstgewiss-konservative Demokratist nichts mehr an Veränderungen zulassen, als das, was er selbst noch verändern will. Damit führt er die Demokratie zwar ad absurdum, doch im Demokratismus ist die Vorstellung einer Opposition, die sich nicht freiwillig unterwirft, das übelste aller zu bekämpfenden Übel.

Im Demokratismus des Dritten Reichs hat man schleunigst alle Bewegungen verboten, aufgelöst und ihre Mitglieder eingesperrt, soweit sie nicht freiwillig unter das Dach der NSDAP gekrochen sind. Gegenwehr war 1933 nicht mehr möglich. Zu spät.  Alleinherrschaft gesichert.

Im Demokratismus der DDR ist es gelungen, gleich zu Beginn alle Parteien unter dem Dach einer Einheitspartei zu organisieren. Neben diesem Gärtlein der rechten Gesinnung hat man vierzig Jahre lang jeden vorwitzig aufkeimenden Grashalm ausgerissen. Alleinherrschaft gesichert.

Der Demokratismus in der BRD steht zwar immer noch am Anfang, wächst aber rasant. Seine Unterwerfungsversuche sind immer noch mehrheitlich subtil, bleiben auf der offiziellen politischen Seite noch auf abgrenzende und ausschließende Worte und Maßnahmen beschränkt, wenngleich auch da das Streben nach einem Parteiverbot immer lauter öffentlich vorgetragen wird. Handgreiflichkeiten aus den Reihen privater demokratistischer Vereinigungen, die in Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffen auf Vertreter der Opposition münden, bilden die andere Seite des Zangengriffs. Dazwischen, in der Mitte, sorgen die Medien für ein gesäubertes Meinungsklima, und wo sich der Widerstand alternative Ventile im Internet sucht, sorgen einengende Gesetze, Meldestellen, Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte dafür, dass denen, die den Demokratismus niederringen wollen, die Lust, wider den Stachel zu löcken, schnell vergeht. Es findet sich ja, außer den hochbezahlten Galionsfiguren, kaum noch ein Strafverteidiger, der sich einer solchen Sache annehmen will. Ein Mörder hat es da schon leichter, juristischen Beistand zu finden. Mord richtet sich ja schließlich nicht gegen die Herrschaft, da braucht man als Täter und Anwalt nicht viel zu befürchten.

Demokratismus?

Eine Verfallsform des Staates, wie schon Nietzsche meinte, oder das Gegenteil, das Aufblühen der Herrschaft der Vernunft, gegen jeden dümmlichen Widerstand eines unbelehrbaren Volkes? Beides ist zweifellos richtig. Es kommt nur darauf an, von welcher Seite aus man es betrachtet.

Hitler, als Kanzler einer Demokratie mit einem funktionierenden Parlament und einer starken Opposition aus Zentrum, SPD und Kommunisten, sowie funktionierender Gewaltenteilung wäre vermutlich ein Übergangskanzler für wenige Jahre geblieben und hätte niemals Polen überfallen. Sein Demokratismus hat ihm nahezu unbeschränkte Macht gewährt.

Ulbricht, als Regierungschef  einer Demokratie mit einem funktionierenden Parlament und funktionierender Gewaltenteilung hätte niemals die Wirtschaft der DDR verstaatlichen und seinen 10-Jahresplänen unterwerfen können. Am Ende hätte die DDR, trotz weit umfangreicherer Demontage der Industrie und anderen Reparationsleistungen, das Wirtschaftswunder der BRD nachvollziehen können. 

Es hätte keine Mauer in Berlin gebraucht, und Urlauber aus der DDR wären wohl auch aus Italien nach drei Wochen wieder nach Hause gekommen. Es war der Demokratismus, der die DDR in der bekannten Form am Leben gehalten hat.

Merkel, Scholz und Merz, mit einem funktionierenden Parlament, einer starken Opposition und funktionierender Gewaltenteilung …

Man wagt es sich gar nicht vorzustellen!

 

Wer aus heutiger Sicht Ulbricht in Schutz nimmt, weil der ja von Moskau an der kurzen Leine geführt wurde und zu eigenständiger Politik gar nicht fähig war, muss allerdings auch Merkel, Scholz und Merz in Schutz nehmen.

Demokratismus kann auch aufgezwungen werden. Ist dies der Fall, sind die vermeintlich Großen doch nur die Marionetten der Herren des missionarischen Demokratismus. Marionetten, die zwar Machtmittel in ihren Händen halten, denen es aber an der Souveränität mangelt, selbst zu entscheiden, wie und wozu sie diese Machtmittel einsetzen.

Es gehört zu den Anfangskapiteln meines Buches „Wie der Phönix aus der Ampel“, auf die Folgen fehlender Souveränität hinzuweisen. Lesen Sie hier ein paar Absätze. Die Einfallstore für den Demokratismus sind darin leicht zu erkennen.


Auszug aus „Wie der Phönix aus der Ampel

Souveränität, Frieden und Wohlstand

Die Schlagworte „Frieden“ und „Wohlstand“ zieren immer wieder die Wahlplakate aller Parteien. Wer jedoch einen Staat aus der Sackgasse heraus und wieder auf einen guten Pfad führen will, benötigt dazu auf allen Ebenen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit, kurz: Souveränität.

In dieser Hinsicht ist es um Deutschland nicht gut bestellt. Die Souveränitätsdefizite, die Deutschland nach den beiden Weltkriegen erlitten hat, sind zwar im Bereich der Selbstbestimmung de jure geheilt, bestehen jedoch de facto nahezu unverändert weiter fort, bzw. wurden durch vertragliche Vereinbarungen ersetzt, die – zum Beispiel im Bereich der EU-Mitgliedschaft – sogar noch weit über den kriegsbedingten Souveränitätsverlust hinausgehen.

Im Zusammenhang mit der EU besonders erwähnenswert ist der Verlust der eigenen Handlungsfähigkeit in Währungsfragen durch die Mitgliedschaft im Euro. Praktisch nie thematisiert wird die in weiten Teilen von ausländischem Kapital fremdbestimmte Situation der deutschen Wirtschaft, die bereits eine bedrohliche volkswirtschaftliche Dimension angenommen hat.

Ein Blick auf die Details kann da sehr erhellend sein.

 

Souveränität
in der globalen Sicherheitsarchitektur

Formal und nach den offiziellen Papieren hat das vereinigte Deutschland mit dem 2 + 4 Vertrag von 1990 seine volle Souveränität zurückerhalten. Seit 34 Jahren verzichten die Siegermächte formal darauf, aus dem Besatzungsrecht noch Ansprüche und Forderungen, bzw. Aufträge und Befehle abzuleiten.

Wer alt genug ist, sich noch zu erinnern, weiß, dass – zumindest in der alten Bundesrepublik – von den immer noch bestehenden Resten des Besatzungsrechts praktisch nichts zu bemerken war. Außer, dass eben Truppen der Siegermächte auf deutschem Boden stationiert waren. Die sowjetischen Truppen wurden nach dem 2 + 4 Vertrag abgezogen. Die USA, die Briten und die Franzosen sind geblieben.

Die Briten unterhalten in Deutschland eine Armee mit 16.000 Mann auf ihren Stützpunkten in Bergen-Hohne, Bad Fallingbostel, Paderborn, Sennelager, Mönchengladbach, Dülmen, Elmpt, Haltern und Wulfen.

Die USA sind mit 35.000 Mann auf 32 Stützpunkten in Deutschland vertreten (vier in Baden-Württemberg, acht in Bayern, zwei in Hessen, acht in NRW, zehn in Rheinland-Pfalz).

Die Franzosen haben ihre Truppen in den 90er Jahren fast vollständig abgezogen. Lediglich in Donaueschingen bestand bis 2014 noch eine französische Garnison. Derzeit sind nur einige Franzosen noch als Teil der deutsch-französischen Brigade in Müllheim im Markgräfler Land stationiert.

Natürlich liegen alldem vertragliche Vereinbarungen zugrunde, die die Bundesrepublik ebenso freiwillig abgeschlossen hat, wie sie in der Lage wäre, sie auch in freier Entscheidung wieder zu kündigen. Dass der Versuch, wenigstens die Nutzung jener Standorte in Deutschland zu kündigen, die im Ernstfall garantiert Ziel russischer Atomraketen sein würden, bisher nicht unternommen wurde, mag daran liegen, dass es im Interesse der deutschen Regierung ist, die Bevölkerung nicht mit dem Fehlschlagen eines solchen Ansinnens zu verunsichern.

Es befinden sich aber nicht nur weiterhin die Nachfolger der einstigen Besatzungstruppen mit einer Stärke von über 50.000 Mann in Deutschland. Deutschland ist auch der NATO beigetreten. Im Vertrauen auf die Bündniszusagen hat Deutschland darauf verzichtet, den grundgesetzlichen Auftrag, Streitkräfte zur Verteidigung aufzustellen, so weit zu erfüllen, dass Verteidigungsfähigkeit wenigstens dann gegeben wäre, wenn alle Dienstposten besetzt, alle Waffensysteme einsatzfähig und Munition für mehr als nur wenige Tage eingelagert wäre.

Deutschland wird aber in die Pflicht genommen, einen prozentualen Anteil seines BIP für das Militär auszugeben, wobei es anscheinend nur darauf ankommt, den so ermittelten Betrag vollständig auszugeben, aber nicht wofür. Hauptsache, ein angemessener Anteil kommt den Rüstungsunternehmen der USA zugute.

 

Feindstaatenklausel – Friedensvertrag

Was Deutschland bis heute auch noch nicht ernsthaft in Angriff genommen hat, ist die Streichung der Feindstaatenklausel aus der Charta der Vereinten Nationen. Dass die UN-Vollversammlung 1995 eine Resolution verabschiedet hat, in der zum Ausdruck gebracht wird, die Feindstaatenklausel sei obsolet, oder dass die Bundesregierungen stets die Auffassung vertreten haben, seit dem Beitritt der BRD und der DDR zur UNO habe sich das Thema erledigt, ändert nichts daran, dass dort immer noch festgelegt ist, dass von den Unterzeichnerstaaten gegen Deutschland und Japan – auch ohne Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat – Zwangsmittel verhängt werden können, falls sie erneut  eine aggressive Politik verfolgen sollten.

Daraus darf geschlossen werden, dass es nicht darauf ankommt, ob die Feind-Staaten der UNO angehören, auch nicht, ob sie mehrmals einen Sitz im Sicherheitsrat hatten, sondern ausschließlich darauf, dass einer oder mehrere der Unterzeichnerstaaten zu dem Schluss gelangen, Deutschland (oder Japan)  verfolge erneut eine aggressive Politik, um daraufhin unter Gewaltanwendung zu versuchen, dieser Aggressivität entgegenzuwirken.

Es ist unter dieser Prämisse und unter Berücksichtigung der im 2 + 4 Vertrag niedergelegten Friedenspflicht sogar die Frage zu stellen, ob bei einem Angriff auf Deutschland tatsächlich der Beistandsfall der NATO ausgerufen würde.

Was die deutsche Souveränität im Verhältnis zu allen anderen Völkern dieser Welt auszeichnet, ist die Tatsache, dass Deutschland (und Japan) nach den Bestimmungen der UN-Charta ohne Mandat des Sicherheitsrates angegriffen werden dürfen.

Die Frage, ob militärische Aufrüstung nach den Vorgaben der NATO-Führungsmacht USA und die Entsendung von Kriegsschiffen in das Rote Meer oder von Kampfflugzeugen in den Pazifik, wirklich von allen Unterzeichnerstaaten der UN-Chara als friedliebende und nicht etwa als „aggressive Politik“ gewertet werden wird, ob es nicht besser wäre, Zurückhaltung zu üben und ggfs. sogar die Neutralität zu erklären, wird im Abschnitt NATO  (S.186) noch vertieft.

 

Souveränität
innerhalb der Europäischen Union

 Die so genannten Europäischen Verträge, als Ersatz für die geplante Verfassung geschlossen, haben erhebliche Einschnitte in die Souveränität der Mitgliedsstaaten mit sich gebracht. Alleine die Aufzählung der Politikbereiche, in denen die EU die Entscheidungshoheit für sich beansprucht oder sich fallweises Eingreifen vorbehält, ist schon im Inhaltsverzeichnis des diesbezüglichen Wikipedia-Artikels ellenlang:

  4 Politikbereiche

  • 1 Wirtschaftspolitik
  • 2 Zollunion und Binnenmarkt
  • 3 Wettbewerbspolitik
  • 4 Freier Dienstleistungsverkehr
  • 5 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
  • 6 Handelspolitik
  • 7 Agrar- und Fischereipolitik
  • 8 Regionalpolitik
  • 9 Außen- und Sicherheitspolitik
    • 9.1 Gemeinsame Außenpolitik
    • 9.2 Sicherheits- und Verteidigungspolitik
    • 9.3 Europäische Nachbarschaftspolitik
    • 9.4 Entwicklungspolitik
  • 10 Justiz- und Innenpolitik
  • 11 Bildungspolitik und Forschungsförderung
  • 12 Sozial- und Beschäftigungspolitik
  • 13 Verbraucherschutz
  • 14 Umweltpolitik
  • 15 Klima- und Energiepolitik
  • 16 Verkehrs- und Raumfahrtpolitik

In allen diesen Politikbereichen hat das Parlament der Bundesrepublik Hoheitsrechte an die EU übertragen, mit der Folge, dass das Parlament selbst – zumindest mengenmäßig – überwiegend nur noch damit beschäftigt ist, EU-Recht in deutsches Recht zu übertragen.

Damit ist aber nicht nur die Souveränität des Staates ausgehöhlt, sondern vor allem auch die sogenannte Volkssouveränität, weil der Wähler  mit seiner Wahl zum Deutschen Bundestag nur noch sehr begrenzten Einfluss auf die für Deutschland wirksame Gesetzgebung ausüben darf, während seine Stimme bei der Wahl zum EU-Parlament, dem sowieso nur sehr eingeschränkte Kompetenzen eingeräumt sind, selbst bei Gleichwertigkeit der Wählerstimmen aller Mitgliedsländer (die Kleinen bekommen einen großen Bonus!) nicht in dem Maße zählt, wie sie bei einer nationalen Wahl zählen würde.

Dass sich bei alledem die Annahme ausbreitet, es habe ja alles keinen Sinn; die da oben machen sowieso was sie wollen, ist nicht verwunderlich.

Dass es aber zugleich so schwer fällt, zu erkennen, dass diese Sinnlosigkeit, die sich aus der Hilflosigkeit der Bürger erklärt, Einfluss auf die Richtung der Politik zu nehmen, letztlich in Lethargie und Resignation umschlagen muss, vor allem dann, wenn die Möglichkeiten zur freien Entfaltung durch eine immerwährende Flut von Gesetzen und Verordnungen immer unerreichbarer erscheinen, wird wohl nicht daran liegen, dass den Verantwortlichen das intellektuelle Rüstzeug fehlt, sondern daran, dass es sich um Absicht und um billigend in Kauf genommene Effekte handelt.

Die Bürger sehen darin keinen Sinn mehr,
eher Widersinniges,
und schalten ab.

 

Souveränität
in Währungs- und Finanzpolitik

Voraussetzung für die so genannte Wiedervereinigung war die von den Briten und Franzosen geforderte Aufgabe der D-Mark und die Einführung der Einheitswährung Euro. Für eine Exportnation wie Deutschland ist eine souveräne Währungs- und Finanzpolitik ein Erfolgsmerkmal, das in seiner Wirkung dem Zugang zu billiger Energie kaum nachsteht.

Wer den Wechselkurs seiner Währung selbst  beeinflussen kann, dem steht eine große Spielwiese offen, um sich sowohl im Import- als auch im Exportgeschäft Vorteile zu schaffen, so wie es auch leichter gelingen kann, Kapital und damit Investitionen anzulocken und zugleich eigene Auslandsinvestitionen günstig zu tätigen.

Mit der Einheitswährung Euro, die schnell zur Weichwährung wurde, konnten Italien und Frankreich recht gut leben, Griechenland wäre fast daran zerbrochen, und Deutschland war gezwungen, seine Exporte unter Wert abzugeben und seine Importe zu teuer zu bezahlen.

Sämtliche Implikationen die aus dem Euro für Deutschland erwachsen, hier auszubreiten, kann nicht Gegenstand dieses Buches sein. Der Hinweis darauf, dass auch der Euro eine Einschränkung der Souveränität darstellt, darf aber nicht fehlen.

 

Souveränität
unter dem Dach der UN-Organisationen

Deutschland hat, ohne Not, den „vollkommen unverbindlichen“ UN-Migrationspakt unterschrieben, um sich strikt daran zu halten und jeglicher Kritik an der fortdauernden, ungeregelten Zuwanderung mit Hinweis auf diese Verpflichtungen zu begegnen. Deutschland wird wahrscheinlich auch den WHO-Gesundheitsvertrag unterzeichnen und damit Teile der Gesundheitspolitik in die Hände einer Organisation legen, die von den Interessen einiger weniger superreicher Philanthropen stark beeinflusst wird.

Für einen neutralen und unbefangenen Beobachter könnte leicht der Eindruck entstehen, dass die deutsche Politik nicht den Mut aufbringt, eigene Entscheidungen zu fällen und dafür die Verantwortung zu tragen, außer der Entscheidung, immer mehr Vollmachten zu vergeben und sich damit der Verantwortung zu entziehen. Dies insbesondere auch, wenn die Entwicklung Deutschlands in Bezug auf Wirtschaft und Kultur, auf Wissenschaft und Wohlstand über die Jahre nachvollzogen wird, weil dabei festzustellen ist, dass der Verzicht auf Souveränität in vielen Bereichen zumindest nicht geholfen hat, die Entwicklung Deutschlands zum Schlusslicht unter den Industrienationen zu verhindern.

Dass der Souveränitätsverzicht ganz im Gegenteil dafür ursächlich gewesen sein könnte, ist eine Vermutung, für deren Berechtigung dieses Buch noch Indizien liefern wird.

 

Souveränität
der Volkswirtschaft

Deutschland ist ein reiches Land. Deutschland ist nach den USA und China die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Deutschland ist Exportweltmeister.

Sprüche. Deutschland ist, wenn man das Vermögen der Bevölkerung betrachtet, die Geldanlagen und den Immobilienbesitz, im Vergleich zu vielen EU-Mitgliedern gar nicht reich. Die Rangreihe des Reichtums[3] in der EU beginnt mit Luxemburg und einem Medianvermögen von über 700.000 Euro pro Haushalt. In Malta, Irland, Belgien und Zypern sind es um die 300.000 Euro. Erst auf Platz 15 findet sich Deutschland, mit 106.000 Euro und damit nur etwa der Hälfte des „Reichtums“ der Niederländer, Spanier und Franzosen.

Deutschland ist auch nicht mehr drittgrößte Volkswirtschaft[4], sondern nur noch viertgrößte. Das demografisch längst wegen Überalterung totgesagte Japan hat Deutschland überholt. Von „Exportweltmeister“[5] kann auch nicht mehr die Rede sein. China und die USA sind da weit davongezogen. Von der „starken deutschen Wirtschaft“ zu sprechen, ist bestenfalls noch eine Halbwahrheit, und wo erkannt wird, dass die deutsche Wirtschaft Unterstützung braucht, da handelt es sich bei vielen Maßnahmen zur Förderung der deutschen Wirtschaft in Wahrheit um die Sicherung ausländischer Kapitalinteressen.

Eigentumsverhältnisse

Was ist denn noch deutsch, in Deutschland? Dass sich die 40 im DAX gelisteten Aktiengesellschaften zu mehr als fünfzig Prozent im Besitz ausländischer Anleger befinden, ist weithin bekannt. Das bedeutet aber nicht nur, dass mehr als fünfzig Prozent der in Deutschland von deutschen Beschäftigten erarbeiteten Gewinne als „leistungslose“ Einkommen ins Ausland abfließen, nicht nur, dass die abgeflossenen Gelder die Liquidität im hiesigen Wirtschaftsraum schmälern, was letztlich durch zusätzliche Neuverschuldung kompensiert werden muss, sondern vor allem auch, dass ausländische Aktionäre in den Hauptversammlungen  der vermeintlich noch deutschen Unternehmen sowohl über die Entlastung des Vorstands  entscheiden als auch die Aufsichtsräte einsetzen, und über diese beiden offiziellen Wege, wie auch über inoffizielle Kontakte, den Kurs dieser Unternehmen vollständig bestimmen können.

Es geht im DAX um die wichtigsten Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland, die alleine ein Umsatzvolumen von nahezu der Hälfte des BIP auf sich vereinen, wobei allerdings berücksichtigt werden muss, dass diese Umsätze zu erheblichen Teilen im Ausland anfallen und dass auch in erheblichem Umfang im Ausland produziert wird.

Doch die DAX-Konzerne bilden nur die Spitze des Eisbergs. Auch viele Unternehmen, die nicht im DAX gelistet sind, Familienunternehmen mit guten deutschen Namen, GmbHs aller Branchen, befinden sich inzwischen in den Händen ausländischer  Eigner, die auch hier, im so genannten Mittelstand, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die wichtigen geschäftspolitischen Entscheidungen verantworten. Betrachtet man nur jene Unternehmen in mehrheitlich ausländischem Besitz, die in einem einzigen Monat, nämlich im März 2024, in Deutschland Stellenabbau verkündet haben, ergibt sich eine stattliche Liste:

Elektrolux, Haushaltsgeräte –              Schweden
Hoeller, Elektrolysegeräte –        GB (RollsRoyce)
Vodafone, Kommunikation –                           GB
OPEL, Automobile –      IT (Fiat) / FR (Peugeot,)
SKF (einst Kugelfischer) –                   Schweden
TDK Electronics, Speichermedien –            Japan
Unilever, Nahrungsmittel –                 NL und GB
Rosenthal, Porzellan –                               Italien
Windhager, Heizungen –                     Österreich
Ploucquet, Textilveredelung –                     Afrika
Cherry, Tastaturen –                                     USA
Kühne + Nagel, Logistik –                       Schweiz
Carpenter, Kunststoffprodukte –                   USA
Osram, Licht –                                              USA

Wohlgemerkt: Es handelt sich nur um jene Unternehmen in ausländischem Besitz, die innerhalb des Monats März 2024 in Deutschland durch die Ankündigung von Stellenabbau auffällig geworden sind. Den Rückschluss auf die Gesamtzahl in Deutschland ansässiger Unternehmen, die tatsächlich vom Ausland kontrolliert werden, darf jeder selbst ziehen. Nur so viel: Es sind sehr viel mehr als sich der brave Michel träumen lässt.

Damit stellt sich unweigerlich die Frage, ob Deutschland als langjähriger Exportweltmeister tatsächlich auf eigene Rechnung für die halbe Welt produziert hat, oder ob Deutschland im Grunde nur als eine Art „Kolonie“  von ausländischem Kapital genutzt wurde, um aus dem „Made in Germany“ Profite zu ziehen.

Die Antwort lautet: Ja und nein. Nein galt weitgehend bis zur Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen aus Unternehmensbeteiligungen, die von der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder beschlossen wurde. Bis dahin war von der „Deutschland AG“ die Rede, von vielfältigen Verflechtungen unter deutschen Unternehmen, deren Auflösung durch Verkauf zum „wahren Wert“ durch gigantische Steuerforderungen bei Auflösung „Stiller Reserven“ weitgehend verhindert wurde. Lieber behielt man die unterbewerteten Beteiligungen in den Büchern, als den Fiskus am Verkaufserlös zu beteiligen.

Nachdem dieses Hindernis mit der Unternehmenssteuerreform 2008 aus dem Weg geräumt war, konnten die in den stillen Reserven steckenden Gewinne endlich realisiert werden. Zum Teil wurden sie ausgeschüttet, zum Teil zur Erhöhung des Eigenkapitals eingesetzt. Dass man sich dabei unter deutschen Unternehmen nicht gegenseitig die Beteiligung abkaufen würde, lag in der Logik der Sache. Es macht wenig Sinn, den hohen Erlös aus dem Verkauf einer eigenen Beteiligung mit dem Kauf einer anderen Beteiligung gleich wieder auf den Kopf zu hauen. Das Signal war ausschließlich an das ausländische Kapital gerichtet, das nach interessanten Anlagemöglichkeiten suchte.

Verschont von diesem Ausverkauf blieben dabei hauptsächlich jene Branchen, die – mehr oder weniger regional aufgestellt – ganz überwiegend für den Bedarf des Binnenmarktes produzierten. Landwirtschaftliche Familienbetriebe, regional tätige Handwerker, Betriebe des Fach-Einzelhandels und ortsgebundene Dienstleister.

 

Rohstoff- und Energieversorgung

Natürlich ist unter dem Aspekt der Souveränität der Volkswirtschaft auch der Bedarf an Rohstoffen und Energieträgern zu betrachten, die von Deutschland zur Aufrechterhaltung der Produktion und zur Versorgung der Bevölkerung importiert werden müssen. Hier gab es so lange keine Probleme, wie die zugrunde liegenden Handelsverträge als Vereinbarungen zum beiderseitigen Nutzen, als Win-Win-Situationen betrachtet wurden.

Erst als diese Verträge aus außen- und bündnispolitischen Gründen ohne  reale Grundlage als todbringende Abhängigkeiten angesehen und mutwillig aufgekündigt wurden, hat Deutschland auch auf diesem Gebiet ein gravierendes Problem, das sich unter der herrschenden Kriegsdoktrin nicht befriedigend lösen lässt.

Ende des Buchauszuges