Das zermürbende Warten auf das AfD-Verbot

Collage: EWK

Wie lange soll das denn noch so weitergehen? AfD in den Umfragen gleichauf mit der Summe aus CDU und CSU, 24 : 24.

Noch eine Woche Koalitionsverhandlungen (Stephan Paetow: Kapitulationsverhandlungen) der Union mit der SPD und es steht 28 : 20 für die AfD.

Dumm nur, dass in dieser ganzen Woche der Bundestag nicht zusammenkommen darf. Union und SPD haben dafür gesorgt , dass die Sitzungswoche ausfällt, damit das Parlament nicht zufällig eine Zufallsentscheidung treffen kann, bevor die Regierung steht. Sonst hätte der Verbotsantrag schon diese Woche in den Bundestag eingebracht und mit vereinten Kräften nach Karlsruhe gesandt werden können.

Vielleicht wollen sie das ja sogar so weitermachen, bis die letzte Milliarde aus dem Schuldentopf unter den Koalitionären verteilt ist. Wer weiß. Bundestagspause bis in den Herbst? Die deutsche Demokratie treibt auf ihre alten Tage wirklich sonderbare Blüten.

Sonderbar ist auch, dass seit dem gelungenen Versuch von Correctiv (mit 2,5 Millionen Euro Steuergeld gefördert), der AfD die Absicht von Massendeportationen von Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund anzudichten, überhaupt nichts mehr gekommen ist, womit man der AfD auf spektakuläre Weise Knüppel zwischen die Beine geworfen hätte.

Nicht einmal für den Wahlkampf hatte irgendwer, ob Grüne, Linke, BSW, FDP, CDU/CSU oder SPD, etwas ausgegraben und als Bombe über die Brandmauer geworfen, das geeignet gewesen wäre, von der Wahl der AfD abzuschrecken.

Ist der Köcher leer? Haben sie nichts mehr, außer der ewigen Litanei von der „in Teilen gesichtert rechtsextremen“ Partei?

Oder steckt alles im hochgeheimen Protokoll des gemeinsamen Brainstormings der Demokraten mit dem Verfassungsschutz, das als Anhang zur Klage die Begründung für das Verfassungsgericht liefern soll und der AfD auf keinen Fall vor dem ersten Verhandlungstag zugänglich gemacht werden darf, weil die sich sonst womöglich darauf vorbereiten würden?

Liebe Demokraten, wenn ihr die AfD tatsächlich abschießen wollt und nicht nur eure Maulhelden nicht unter Kontrolle halten könnt, dann jetzt!

Der Trick mit der Aberkennung des passiven Wahlrechts bei zweimaliger Verurteilung wegen Volksverhetzung, als Plan B für den Fall, dass das Verbot nicht durchgehen sollte, wird nicht funktionieren. Ihr könnt der AfD noch so viele Köpfe abschlagen: Es werden immer nur noch mehr nachwachsen. Da müsstet ihr es schon so weit bringen, dass schon die Mitgliedschaft in der AfD eine Verurteilung wegen Volksverhetzung nach sich zieht, und wenn dieser Verurteilung nicht binnen einer Woche der Parteiaustritt folgt, dann die zweite …

Nein. Wenn ihr euch von der lästigen  und in Teilen gesichert rechtsextremistischen Konkurrenz im Bundestag befreien und deren Sitze und Diäten wieder für euch selbst bekommen wollt, dann führt am Verbotsverfahren kein Weg dabei.

Ihr würdet damit auch Millionen von Wählern endlich wieder ruhig schlafen lassen. Dabei sind das nicht nur die AfD-Wähler, die bangen natürlich sehr und wünschen sich, dass die Warterei ein Ende hat. Es sind aber auch eure Wähler, die bangen Herzens auf die nächsten Wahlen starren und wissen, dass sie zu den Verlierern gehören, wenn die AfD nicht endlich vom Wahlzettel verschwindet. Ganz zu schweigen von der Antifa, deren Mitglieder drauf und dran sind, sich gegen euch zu wenden, um euch eine Lehre zu erteilen, wie das ist, wenn man zögert und zaudert und einfach nicht tut, was getan werden muss.

In einer richtigen Demokratie erhalten die Demokraten bei jeder Wahl zwischen 98.9 und 99.8 Prozent der Stimmen. Wollt ihr euch wirklich bei den nächsten Wahlen mit lächerlichen 70 Prozent zufriedengeben?

Was wollt ihr noch abwarten? Ob Friedrich Merz am Ende doch zum Bundeskanzler gewählt wird? Auf den kommt es doch wirklich nicht an. Der Klingbeil wird das kaum schlechter machen als Merz, und auch Frau Esken wäre keine größere Katastrophe. Egal wer Kanzler wird, an den Chancen für das AfD-Verbot ändert das nichts.

Warum also zögert ihr noch? Wovor habt ihr Angst?

Dass das Verbot in Karlsruhe nicht durchgehen könnte und die AfD dadurch noch gestärkt wird? Das wäre doch ein unverzeihlicher Akt des Misstrauens gegenüber Herrn Harbarth, der schon an Rufmord grenzt. Nein. Die Sorge habt ihr nicht.

Dass das Verbot von Karlsruhe ausgesprochen wird und die AfD auf die Straße geht und einen Bürgerkrieg entfacht?

Lächerlich! Die haben doch gar keine Organisation für so was. Springerstiefel und Glatzen, Wehrsportvereine und PEGIDA-Spaziergänger sind doch still und leise weggeputzt worden, das war doch ein Selbstreinigungsprozess, den die Partei durchlaufen hat, um aus der Schmuddelecke herauszukommen. Hat ihnen zwar – ätsch! – überhaupt nichts genutzt, sie aber quasi wehrlos und schon gar nicht angriffsfähig gemacht.

Entwaffnet sind, bzw. werden sie gerade auch. Die Untersuchungen gegen AfD-Mitglieder mit Waffenschein laufen, und wer schon in der in Teilen gesichert rechtsextremen Partei Mitglied ist, der wird es schwer haben, seine waffenrechtliche Zuverlässig- und Unbedenklichkeit glaubhaft darzulegen.

Polizei und Bundeswehr sind auch nicht putschverdächtig.  Auch da gilt schon länger, dass man besser nicht sagt, was man denkt, wenn man das Falsche denkt, und wo nicht gesprochen wird, kommt auch nicht zusammen, was zusammengehört.

Angst vor Trump und Vance?

Nee, ne?

Da wollt ihr doch sogar in der Ukraine weiter dagegen anstinken, wenn Trump die Unterstützung einstellen sollte. Da wird euch doch der Vance mit seinen Sprüchen auf der Sicherheitskonferenz keinen Schrecken eingejagt haben! Außerdem kommt Macron sofort zu Hilfe. Der hat ja den gleichen Ärger mit dem Rassemblement National am Hals, und Le Pen deswegen jetzt die Fessel am Fuß.

Also: Es gibt nichts, was ernsthaft dagegen spräche. Darum bringt dieses unwürdige Katz- und Maus-Spiel jetzt zu Ende.

In vier Jahren ist längst Gras darüber gewachsen.

 

Epilog

Im Entwurf dieses Artikels befand sich an dieser Stelle ein Text-Vorschlag für eine vierte verbotene Strophe. Ein Textvorschlag, der sich selbstverständlich nicht gegen die Nationalhymne, sondern – mit den Mitteln der Nationalhymne – gegen Erscheinungsformen der Politik wenden sollte. Dies hätte man ohne die Verpackung in Melodie und Rhythmus leicht als die Verächtlichmachung von Repräsentanten empfinden können, und das geht gar nicht. Die Kritik solcherart in die Hymne zu verpacken geht allerdings auch nicht, das ist verboten.  Daher entfällt die hier vorgesehene Verwendung der Hymne. Als Ersatz zitiere ich den entsprechenden Paragraphen in seiner am 1.1.2021 in Kraft getretenen Fassung:

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 90a Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

  1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder
  2. die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.