Es wird gemunkelt, das Verteidigungsministerium plane die Beschaffung von 1000 Kampfpanzern Leopard und 2500 Radpanzern Boxer für die Bundeswehr, weil die NATO darum gebeten hat, entsprechende Kräfte aufzustellen. Kosten sollen die rund 120.000 Tonnen selbstfahrender Panzerstahl samt Bewaffnung rund 25 Milliarden Euro. Da fragt man nicht nach dem Preis pro Kilogramm, auch nicht nach der Lieferzeit und auch nicht, wo die Panzerfahrer und Panzerkommandanten und die Richtschützen und Ladeschützen herkommen sollen. Das findet sich schon.
Die schwer zu beantwortende Frage lautet doch: Was wollen die Vier-Stern-Generäle am Kartentisch mit dieser Panzerarmada anfangen?
Ich würde mir heute keinen Panzer mehr kaufen, um Panzerschlachten zu inszenieren. Um angreifende feindliche Panzer zu knacken, benutzt man heutzutage Drohnen. Die sind billig, treffsicher und unbemannt. Der angreifende Panzer ist in Bewegung, also leicht zu orten und – einmal entdeckt – relativ leicht zu treffen, wenn man über ausreichend viele Drohnen verfügt. Da helfen auch provisorisch angebrachte Drohnenschutznetze nicht viel.
Andererseits: Würde „der Russe“ denn überhaupt zuerst mit Panzern und Infanterie angreifen?
Wage ich zu bezweiflen.
Hätte ich den Auftrag, einen Schlachtplan zu entwickeln, um die EU und GB in einem Blitzkrieg zu erobern, würde ich denen erst einmal das Licht ausknipsen. Das europäische Stromnetz kann mit ein paar gezielten Schlägen auf große Umspannwerke und frequenzhaltende Kraftwerke vollständig und nachhaltig außer Dienst gestellt werden. Das daraus binnen Stunden entstehende Chaos wird die zivilen Katastrophenschutzkräfte vollständig binden. Das Militär wird sich zwar mit Notstromaggregaten halbwegs am Leben halten können, doch dürften bei flächendeckendem Stromausfall zumindest schon Teile der Kommunikations- und Befehlskanäle lahmgelegt sein.
Die Reaktion auf einen solchen Angriff wäre pure Hilflosigkeit.
Es ist ja kein Gegner vor Ort, auf den man die Panzerbrigaden hetzen könnte. Man bräuchte jetzt Raketen, die tief nach Russland eindringen können. Sehr viele Raketen, denn Russland ist groß, und die russische Raketenabwehr wartet nur darauf, möglichst viele davon abzufangen.
So ein Gegenschlag wäre allerdings der Auslöser für die nächste Angriffswelle. Wichtige militärische Ziele. Flugplätze, Kriegsschiffe, Truppenansammlungen, Munitionsdepots, Befestigungsanlagen. Noch immer bewegt sich nicht auch nur ein russischer Soldat in Richtung Westen.
Was nun? Die Panzer losschicken?
Vermutlich glauben die Generäle immer noch daran, dass es ganz anders kommen wird. Weil nämlich die russischen Strategen zwangsläufig immer noch auf die Suwalki-Lücke fixiert sein müssen, wie die westlichen Generäle auch, und folglich gar nicht anders können, als dort mit 500 Panzern Richtung Westen durchbrechen zu wollen. Da muss man doch bloß 1000 Westpanzer an die Lücke stellen, und schon ist der ganze Westen gerettet.
Oder?
Sollte jemand Argumente für die Beschaffung von 1000 Kampfpanzern und 2500 Radpanzern für die Bundeswehr vortragen können, bitte ich um Nachricht.
Andererseits kann die Bundeswehr ja auch ganz anders, nämlich improvisieren.
Holzstecken als Gewehrersatz im Manöver und „Peng, Peng!“ rufen, um den Schuss zu simulieren, das hatten wir ja schon.
Neu ist, dass die Bundeswehr mit bis zu 700 Soldaten an der EU-Operation „Aspides“ teilnimmt, um die Schifffahrt im Roten Meer vor den Angriffen der Huthis zu schützen.
Um so richtig gut schützen zu können, muss man natürlich wissen, was da los ist. Dazu ist ein bisschen Überblick nicht schlecht – aber woher nehmen, und nicht stehlen?
Die Bundeswehr ist zwar irgendwie „Anteilseigner“ der in Europa stationierten AWACS Aufklärungsflugzeuge, aber da hat die NATO die Hand drauf und wollte wohl keines davon hergeben. Von den „fliegenden Augen“ der Bundesmarine, den P-3C Orion, war wohl auch keines für diesen Einsatz loszueisen, und die Breguet Atlantik hat die Bundesmarine bereits vor 15 Jahren ausgemustert. Eine richtige große Aufklärungsdrohne, die auch tagelang in der Luft bleiben könnte, hat die Bundeswehr auch nicht – und so war guter Rat teuer.
Das Ergebnis – wie der Spiegel zu berichten weiß: Die Bundeswehr chartert ein privates Aufklärungsflugzeug. So Aufklärungsflugzeuge stehen ja auf jedem kleinen Regionalflugplatz haufenweise herum. Oder?
Nee. Tun die nicht.
Irgendwie scheint es aber gelungen zu sein, ein Charterflugzeug zu finden, an welches das MSP-Gerät (Multi-Sensor-Plattform) unten angeklebt werden konnte, vielleicht mit doppelseitigem Klebeband, und drinnen in der Passagierkabine vier Arbeitsplätze für fliegende Luftraumbeobachter einzurichten.
Piloten, die den Typ hätten fliegen dürfen, hatte die Bundeswehr offenbar auch nicht, so dass sich im Cockpit zivile Piloten tummeln dürfen.
Dieses Flugzeug, das in Dschibuti stationiert ist, hat sich im Rahmen eines Einsatzfluges wohl – selbstverständlich ganz, ganz vorsichtig – einer chinesichen Fregatte angenähert. Macht man nicht. Ist bäh. Und wurde im Gegenzug von der chinesischen Fregatte mit einem ganz und gar freundlichen chinesischen Laserstrahl begrüßt. So eine Art Zielübung. Macht man nicht. Ist bäh! Daraufhin wurde der laufende Beobachtungsflug abgebrochen. Ob es die vier Soldaten in der Kabine waren, die dies beschlossen haben, oder die zivilen Piloten, oder der Einsatzleiter am Funkgerät der Marine in Kiel, wurde nicht übermittelt.
Aber der chinesische Botschafter wurde vom Auswärtigen Amt einbestellt und durfte den geharnischten Protest entgegennehmen. Vermutlich lächelnd.
Nein, nein.
Ich glaube nicht, dass man hier mit 1000 Kampfpanzern möglicherweise weitergekommen wäre. Wirklich nicht.