
PaD 41 /2025 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad412025 Bordkapellmeister Weimer
Auf der Titanik ertönte in den letzten Minuten „Näher mein Gott, zu Dir“.
Das entsprach dem Ernst der Lage und war gleich zweifach angemessen, denn die meisten Passagiere und Besatzungsmitglieder waren noch tief im christlichen Glauben verwurzelt und das Massensterben im eiskalten Wasser stand unmittelbar bevor.
Auf der Teutanik, wo es noch weniger Boote gibt als auf der Titanik, auf dieser Teutanik, entspricht nichts mehr dem Ernst der Lage. Man fühlt sich an das Ende der „Bismarck“ erinnert. Mit schwer beschädigter Ruderanlage war das riesige Schlachtschiff manövrierunfähig den Attacken der englischen Marine ausgesetzt. Am Ende erfolgte die Selbstversenkung, indem Löcher in den Boden des Schiffsrumpfes gesprengt wurden. Hundert Seeleute wurden gerettet, mehr als 2000 gingen mit der Bismarck unter.
Was der Bismarck innerhalb von nur zwei Tagen, am 26. und 27. Mai 1941 widerfahren ist, vollzieht sich auf der sehr viel größeren Teutanik sehr viel langsamer, folgt aber der gleichen Choreografie.
Gerade eben wurde wieder ein riesiges Loch in den Rumpf gesprengt – und nun wundert man sich, dass Wasser eindringt. Sie kennen die Geschichte nicht?
Nun, da gibt es in den Niederlanden eine Chipfabrik. Tatsächlich, so etwas gibt es in der EU. Doch diese Chipfabrik gehört schon lange einem chinesischen Unternehmen, das sie unter dem schönen Namen Nexperia betreibt. Nun hat das den USA missfallen, man weiß nicht genau was, aber es hat eben missfallen, und so musste die niederländische Regierung eingreifen, das Nexperia-Management kaltstellen und stattdessen einen staatlichen Verwalter einsetzen, der möglicherweise etwas Ahnung von Tuten und Blasen hat, aber eben ohne die chinesischen Chinesen in China aufgeschmissen ist. Die haben nämlich als Reaktion auf den unfreundlichen Akt sämtliche Zulieferungen eingestellt.
Nun geht Deutschland nicht nur mit unzureichend gefüllten Gasspeichern in den Winter, sondern Deutschlands industrielles Flaggschiff, Volkswagen, muss erste Bänder stilllegen, weil ein chipfreies Auto dummerweise ebenso unmöglich ist, wie ein klimaneutrales. Die zuständige Ministerin ist besorgt. Chips kann sie allerdings auch nicht besorgen. Man tauscht sich aber mit der Wirtschaft aus. Das schon. Durchaus.
Aber hätte man sich nicht vorher mit den Holländern austauschen können? Schwierig. Da war ja noch bis Anfang Juni dieser Geert Wilders mit an Bord, mit dem spricht man als Brandmaurergroßmeister nicht. Danach ist die ganze Regierung baden gegangen. In Den Haag ist man seither nur noch geschäftsführend zugange. Man hätte vielleicht auch mit den USA sprechen können. Aber da ist ja immer dieser Trump im Weg. Wer geht schon gerne nach Washington, um von Trump vorgeführt zu werden. Niemand. Vielleicht hätte man auch die EU einschalten können. Aber Frau von der Leyen mag ja auch nicht so gerne mit Trump spielen. Verkorkst, verkorkst, verkorkst – vom Anfang bis zum Ende.
Nun kommen Sie mir bloß nicht mit den Chinesen. Da wird nicht verhandelt. Was die verstehen, ist nur die knallharte Kante. Auf deren Wohlwollen sind wir nicht angewiesen. Sollen die nur immer weiter immer nur lächeln (man kennt doch seinen Lehar, Sie verstehen).
So wird aus Besorgnis und Bangen wohl bald auch in dieser Angelegenheit die trügerische Hoffnung, es würden sich schon noch irgendwo auf dem Weltmarkt Chips finden lassen. Was ich aus dem südkoreanischen Busan erfahren habe, wo letzte Woche eine internationale Tagung (die anwesenden Amis mussten übrigens schon am ersten Tag wieder die Heimreise antreten. Befehl aus Washington.) von Halbleiterproduzenten und Halbleitereinkäufern stattgefunden hat, sieht es da zappenduster aus. Wenn Chinas starker Arm nicht will …
Es ist halt nicht so, wie beim Pipeline-Gas der Russen, das durch teures LNG-Gas ersetzt werden kann. Habeck konnte sich damit noch retten. Die Kunst, LNG-Chips herzustellen, ist leider noch vollkommen unterentwickelt und wird das auch für mindestens den Rest des Jahrzehnts bleiben. Pech für Frau Reiche.
Nach und nach werden wir erfahren, wer und was außer Volkswagen und den anderen Automobilherstellern noch betroffen ist. Man denke nur an moderne Panzer, die ja – mehr noch als ein Golf – als selbstfahrende Computer bezeichnet werden müssen. Es könnte durchaus etliche Unternehmen der Rüstungsindustrie treffen, nicht nur die Panzerbauer. Dabei soll die Rüstung doch den Aufschwung bringen, wenn schon die Automobilbranche auf Talfahrt ist.
Dass auch alle Zulieferer, selbst jene, die gar keine Chips verbauen, den Laden dichtmachen oder Schichten ausfallen lassen müssen, wenn bei VW die Bänder stillstehen, darf auch nicht vergessen werden. Wollen wir wirklich noch von einem Lawinchen reden? Nur weil sich das Schneebrett, das sich da auf 3.000 m Höhe gelöst hat, vom Tal aus erst einmal nur mit dem Fernglas beobachten lässt?
Aber natürlich hat dieses Loch in der Lieferkette auch sein Gutes. So mancher Verantwortlicher in den Beschaffungsbereichen der Unternehmen wird die Gelegenheit nutzen, jene Sorgenfalten, die das Lieferkettensorgenfaltenpflichtgesetz in seine Stirn gegraben hat, sich wieder glätten zu lassen. Denn den diesen zugeordneten Beauftragten UnsererDemokratie kann gemeldet werden: „Wo keine Lieferkette, da auch keine Lieferkettensorgfaltspflicht.“
So einfach kann das Leben sein …
Es wäre müßig, hier noch einmal alle anderen Löcher aufzuzählen, die bereits in den Rumpf der Volkswirtschaft gesprengt sind. Teils als Sanktionen gegen Russland, teils als Opfer, das dem Klima gebracht werden muss, um es zu besänftigen, in Teilen auch, um weiterhin aller Welt ein freundliches Gesicht zeigen zu können. Das aktuelle Chips-Loch ist Anlass genug, einen Blick auf die Brücke des Staatsschiffes zu werfen, wo sonderbare Tänze aufgeführt werden.
Merz und Klingbeil im Stadtbild-Tango, wild und ungestüm, aber massig wie Sumo-Ringer aufeinander losgehend und wieder auseinanderstrebend, zischend wie Feuer und Eis, das ist nun überhaupt nicht das, was wir derzeit in Gestalt von Kapitän und Steuermann auf der Brücke brauchen können.
Statt dass einfach jemand geradeheraus sagt, und das dürfte gerne der Bundeskanzler sein: „Wir haben ein massives Problem mit der inneren Sicherheit. Ein reales Problem, vor allem in den Städten, aber nicht nur da. Und wir haben ein noch viel größeres Problem mit der gefühlten Sicherheit. Die Leute gehen uns reihenweise von der Fahne.“
Statt dass jemand geradeheraus darauf antwortet, und das dürfte gern der stellvertretende Bundeskanzler, Herr Klingbeil, sein, meinetwegen auch Frau Bas: „Stimmt. Da ist viel aus dem Ruder gelaufen. Lasst uns zusammen anpacken und Sicherheit und Ordnung wieder herstellen“, kommt nichts dergleichen. Das passiert einfach nicht.
Stattdessen schwurbelt der eine vom Stadtbild und der andere will nicht in einem Land leben, in dem das Willkommensein von der Hautfarbe abhängt. So redet man aneinander vorbei und sich in Rage, immer in der Hoffnung auf diese Weise nicht noch eine Stimme aus dem eigenen Lager zu verlieren. Ein Trauerspiel, ein grausliches. Nur Alexander Dobrindt wartet in stiller Vorfreude darauf, dass sein „Ministerium des Inneren“ umbenannt wird, in das „Ministerium für Stadtbildpflege“.
Weil das aber immer noch nicht genug ist, muss auch noch Herr Weimer gegen den Diebstahl geistigen Eigentums auf die Barrikaden, wo doch inzwischen durch ist, dass jener, der da ruft: „Haltet den Dieb“, zumindest im kleinen Maßstab sich selbst anklagen müsste. Nun hat der Kulturstaatsminister zumindest eine Abmahnung kassiert, vermutlich werden Strafanzeigen folgen, garniert mit Schadensersatzforderungen. Aber er ist immer noch Staatsminister, also organisatorisch direkt am Kanzler aufgehangen. Aber, statt dass der Kanzler den Strick durchschneidet …
Im dritten Jahr der Rezession ist eben schon alles egal.
Wenn schon niemand mehr einen Rat weiß, dann ist es besser, alles laufen zu lassen, als sich abzumühen und dabei noch mehr Porzellan zu zerschlagen. Da dürfte so manchem im Kabinett das Agieren des Dr. phil. Habeck noch zu schrecklich in Erinnerung sein. Die Fehler will man nicht wiederholen.
Man macht, wie es sich intelligenten Menschen geziemt, lieber immer wieder neue.