Autos als Speicher – sie geben nicht auf

Die knallige Idee, die fehlenden Speicher einfach dadurch zu beschaffen, dass die Batterien von E-Mobilen, die ja sowieso fürs Stromspeichern gemacht sind, einfach dauerhaft an der Steckdose hängen und Strom ans Netz liefern, wenn dieser gebraucht wird, ist einfach nicht totzukriegen.

Schon wieder sagt eine Studie das EU-weite Stromschlaraffenland für 2040 voraus.

Worum geht es? Weil man die Menschen dort abholen muss, wo sie sich befinden, erkläre ich das zunächst einmal im bekannten Bezugsrahmen von Tank und Tankstelle.

Es wäre ungefähr so, als wenn Sie Ihr Auto zur Tankstelle fahren, den Zapfhahn in den Tank stecken und nach Hause gehen, während die Tankstelle das vom Tanklastzug angelieferte Benzin in den Tank Ihres und vieler weiterer Autos füllt, um es von dort wieder abzuziehen, wenn jemand mit vollem Tank  losfahren will.

Klingt ganz schön irre. Ist es auch.

So, wie es an den Tankstellen gar nicht genug Zapfhähne gäbe, um eine nennenswerte Zahl von Autos auf die beschriebene Weise anzuschließen, gibt es auch die öffentlichen Ladepunkte nicht, um allen Laternenparkern Gelegenheit zu geben, über Nacht, wenn die Sonne nicht scheint, den tagsüber an den gleichen fehlenden Ladepunkten gespeicherten Strom wieder abzugeben. Das wäre der Knackpunkt Nummer 1, den es zu überwinden gälte, sollte das Modell funktionierern.

Wir blicken also mit den Erstellern der Studie in eine ferne Zukunft, mit 40 Millionen zugelassenen E-Mobilen und 40 Millionen Ladepunkten republikweit, und schon ist dieses Hindernis aus dem Weg geträumt. Kostet vermutlich, einschließlich der erforderlichen Verstärkung der Netze und der dafür aufzureißenden Straßen und Bürgersteige, nicht sehr viel mehr als 100 Milliarden Euro, vielleicht auch 200,  aber Deutschland ist ein reiches Land, mit einer Vielzahl von nutzbaren Sondervermögen, von denen die meisten den Meisten noch völlig unbekannt sind.

Nun ist die Infrastruktur geschaffen. Der richtige Zeitpunkt, um auszurechnen, welche Kapaziäte der große bidirektionale Speicher denn voraussichtlich aufweisen wird.

Theoretisch sind in dieser fernen Zukunft in Deutschland 40 Millionen Autobatterien verfügbar, mit durchschnittlich vielleicht 60 Kilowattstunden Kapazität. Das wären dann tatsächlich 2.400.000.000 kWh, oder 2,4 Terrawattstunden. Das ist wirklich viel. Es würde reichen, um den Stromverbrauch der Republik für zwei Tage zu sichern, gäbe es weder 40 Millionen E-Mobile, noch fast ebenso viele Wärmepumpen, die im Verbrauch noch nicht berücksichtigt sind.

Im letzten Jahr hat Deutschland 42,4 Terrawattstunden Überschussstrom exportiert, importiert wurden im gleichen Zeitraum 54,1 Terrawattstunden. Im laufenden Jahr zeigt sich, dass die Importe zugenommen haben, während die Exporte rückläufig waren. Gelänge es, den Überschussstrom in die Autobatterien zu quetschen und ihn wieder herauszuholen, wenn die Erneuerbaren in kalten Winternächten schwächeln, könnten die teuren Importe tatsächlich stark reduziert werden.

Immer unterstellt, alle Automobile hingen ganzjährig 24/7 an den bidirektionalen Ladesäulen, könnte das wenigstens teilweise an den Tagen gelingen, an denen die Batterien weder vollständig geladen, noch vollständig entladen sind. Eine volle Batterie kann halt nichts mehr aufnehmen, und eine leere nichts mehr abgeben.

Niemand würde sich allerdings ein Auto kaufen, um es als Stromspeicher zu nutzen, ohne damit zu fahren. Ein Blick auf die Straßen zeigt, wie sich das Verkehrsaufkommen über den Tag verteilt.

Wir kennen die so genannten Stoßzeiten. Morgens von etwa 6 bis 9 Uhr, mittags von 11 bis 13 Uhr und abends von 16 bis 19 Uhr sind die Straßen voll.  Eine (autofeindliche) Studie über die Mobilität in Deutschland besagt, dass an einem durchschnittlichen Tag etwa 40 Prozent der Pkws nicht genutzt werden. Heißt im Umkehrschluss, dass in den Stoßzeiten bis zu 60 Prozent der Pkws unterwegs sind  und sich daher nicht an ihrem bidirektionalen Ladepunkt befinden. Ein Großteil davon wiederum wird zwischen etwa 7 Uhr und 18 Uhr überhaupt nicht an einem Ladepunkt angedockt sein. Sonst wären nämlich nicht nur 40 Millionen Ladepunkte erforderlich, sondern doppelt so viele, kostet nochmals 100 oder 200 Milliarden, von denen jedoch zu jedem Zeitpunkt nur die Hälfte genutzt werden kann.

Das ist übrigens eine Art Naturkonstante im Bereich der Erneuerbaren:

Man braucht immer das Doppelte an Leistung
um wenigstens die Hälfte halbwegs sicher zu bekommen.

Weil es die Idee ist, tagsüber zu speichern, um den vielen überschüssigen Solarstrom aufzufangen, dürfen wir davon ausgehen, dass die Hälfte der Pkws dabei ausfällt. Aus jährlich einzuspeichernden 2,4 TWh werden also maximal 1,2 TWh. Das ist immer noch viel, aber doch nur noch ein Tag, den diese Batterien überbrücken könnten. Vorausgesetzt, man könnte sie vollständig leersaugen.

Da werden allerdings die Automobilisten, die jeden Morgen zur Arbeit oder am Samstag gleich früh zum Skifahren fahren wollen, nicht mitspielen. Ein bisschen was muss immer im Tank sein, für das Notwendigste, und noch eine Reserve oben drauf, für das Unvorhergesehene, und schon reduziert sich die Gesamtspeicherkapaziät um jene 20 kWh, die der Automobilist sich auf keinen Fall nehmen lassen will und nochmals um jene 10 kWh, die im Durchschnitt an der Maximalfüllung fehlen werden, wenn ausgespeichert werden soll. Wir sind bei 0,6 TWh angelangt, die im Zweifelsfall zur Verfügung stehen.

Das ist nun nicht mehr so sehr viel. Es reicht gerade für einen halben Tag. Aber doch besser als nichts, sagen die Grünen.

Es kommt noch ein kleines Problem hinzu. Es nennt sich Batterieverschleiß und ist abhängig von der Anzahl der Ladezyklen. Mit jedem neuen Aufladen wird die Batteriekapazität ein bisschen geringer. 1.000 bis 1.500 Ladezyklen soll so eine Batterie aushalten. Damit sind Fahrleistungen von 300.000 bis 500.000 Kilometer möglich, unterstellt, die Batterie wird etwa alle drei bis vier Wochen einmal aufgeladen. Tägliches Batterieladen, wie es mit der Nutzung als Speicher für das Netz die Regel sein soll, würde einen viel schnelleren Verschleiß der Batterie hervorrufen, die dann im Zweifelsfall schon weit vor der 100.000 km-Grenze ausgetauscht werden müsste, um zwischen München und Hamburg nicht ein halbes Dutzend Stopps an Ladesäulen einkalkulieren zu müssen.

Da hilft es wenig, wenn der eingespeiste Überschussstrom nichts kostet und für den ausgespeisten Strom 60 Cent pro Kilowattstunde vergütet werden. Der notwendige Wechsel der sündhaft teuren Batterie frisst diesen Vorteil schnell wieder auf. Wenn man dem damit begegnen will, dass eben jedes Auto nur einmal innerhalb von 20 Tagen bidirektional genutzt wird, bleibt aber vom ganzen Speichermodell nichts mehr übrig …

Ein ziemlich alter Witz besagte: Die Computer helfen uns, Probleme zu lösen, die wir ohne Computer gar nicht hätten.

Dazu gibt es jetzt eine Steigerung: Die Grünen helfen uns, Probleme, die wir ohne sie gar nicht hätten, klein und lösbar erscheinen zu lassen, indem sie um die alten Probleme herum doppelt so große neue Probleme erschaffen.

Ist doch wahr!