Rezension – Manfred von Pentz, „Ein deutscher Held“

Der Titel auf dem Buchdeckel kommt so sperrig daher, als gälte es, aus der Tiefe der Nibelungensage heraus einen Siegfried zu erwecken, der einzig noch in der Lage wäre, jenen Drachen zu töten, der des Helden Heimat bedroht.

Das Buch ist mir zugeflogen. Etwas, das Menschen, die irgendwie im Literaturbetrieb zuhause sind, immer wieder geschieht. Plötzlich liegt ein Manuskript vor Dir und fordert Aufmerksamkeit. Du weißt, es bleibt nicht bei der Aufmerksamkeit. So ein Manuskript raubt immer auch Lebenszeit. Also fasst Du es voller Skepsis mit spitzen Fingern an, bereit, es schon nach zwei, drei Seiten los und fallen zu lassen. Die Erfahrung hat Dich gelehrt, dass das Meiste, was Dir zufliegt, Deine Zeit nicht wert ist. Du suchst förmlich nach dem „Falschen“, um es loslassen zu können, wobei die Orthografie noch das Geringste ist.

Das Buch von Manfred v. Pentz hat mir erst nach hundert Seiten erlaubt, meinen Blick von der wohlgeformten Buchstabenmasse abzuwenden und mir die Frage zu stellen: „Was lese ich da eigenlich? Und was fesselt mich daran?“

Ich habe mir, es war später Nachmittag, ziemlich tief in Gedanken versunken, mein Abendessen hergerichtet. Ein bisschen Brot, ein bisschen Käse, ein bisschen Wurst, ein Schlückchen Pils – und dann weitergelesen. Weitergelesen als sei ich noch ein Knabe, der im müden Licht der Taschenlampe unter der Bettdecke mit Karl Mays Kara Ben Nemsi durchs wilde Kurdistan reitet.

Ein solcher Parforce-Ritt durch ein Buch hinterlässt keine klaren Erinnerungen an die Details des Inhalts, wohl aber ein klares, immer wieder abrufbares Gefühl, eine emotionale Komposition

aus Trauer um bereits eingetretenen Verlust,
aus Zorn über die Täter und die untätigen Zuschauer,
aus einem aufkeimenden und immer stärker werdendem Wunsch, dem zerstörerischen Zeitgeist und seinen Protagonisten trotzig entgegen zu treten,
kurz aus dem tief empfundenen Wunsch, der Held, der tatsächlich Einhalt gebietet, möge endlich auf der Bühne erscheinen – und,
dann kommt da noch die eine verborgene Saite des Herzens zum Schwingen und sagt: „Es liegt auch an Dir!“

Das Manuskript des letzten Buches, das ich als Verleger herausgebracht habe, „Golo spaziert“, von Teer Sandmann, hatte mich ähnlich stark angesprochen, doch während „der Golo“ eher auf der Wolke des Ideals spaziert und die Realität von dort aus, wie durch ein Teleskop, das man auch wieder weglegen kann, betrachtet, analysiert und seziert, ist „Der deutsche Held“ fest in der Realität verankert, einer Realität, die sich als Tiefe des Tales zwischen einer dagegen hoch aufragenden, glücklichen Vergangenheit auf der einen Seite und dem hoffnungsvollen Leuchten einer Zukunft darstellt, die es gilt, mit dem Einsatz aller Kräfte zu gestalten.

„Ein deutscher Held“, das ist kein Roman im herkömmlichen Sinne, in dem die Figuren auf dem Spannungsbogen der Dramaturgie zum Happy End wandeln. Es ist erst recht kein Sachbuch, in dem der Zustand des Landes mit professioneller Distanz und dem Vokabular des Experten akribisch dargelegt wird.

„Ein deutscher Held“, das ist ein Gipsabdruck des Deutschlands unserer Gegenwart, ein Negativ seiner Form und damit  die Verdeutlichung der Hohlheit hinter der Fassade, der verzweifelte Ruf nach neuer Füllung. Erfüllung.

Von Pentz ist, das darf nicht unerwähnt bleiben, ein religiöser Mensch. Seine Überzeugungen sind christlich geprägt.  Die Form, die er gefunden hat, diese in sein Werk einfließen zu lassen, ist jedoch alle andere als missionarisch. Im Gegenteil, er erweckt auch beim aufgeklärten „Gott ist tot“-Gläubigen ein Gefühl für die wohltuende Macht christlicher Grundsätze und Prinzipien, die ja auch – und vor allem – außerhalb der Kirchen ihre Wirksamkeit entfalten.

Dass er am Anfang dieses Buches mit jenem „Ring“ spielt, den sowohl Wagner als auch Tolkien, jeder auf seine Weise, unsterblich gemacht haben, ist nur eine besondere Seite dieser Religiosität, also dessen, was heute gerne weltanschaulich unverfänglich als „Achtsamkeit“ gefordert wird.

Von Pentz spornt an zu mehr Achtsamkeit für unsere Kinder, für unsere Frauen (Ja, da stellen sich der Emanze die Haare auf!), er mahnt zur Achtsamkeit für unsere Musik, für die schönen Künste und für unsere Literatur.

Während ich dies schreibe, bemerke ich, dass mein Geschreibsel klingt, als handle es sich bei diesem Buch um eine Art Poesie-Album. Das ist es ganz gewiss nicht. Weite Teile sind in radikal eindeutiger, aufrüttelnder und provozierender Weise in Worte und Sätze gefasst, wie zum Beispiel in dieser Passage aus dem Kapitel:

„Ein lausiges Fest“.

Es begann alles ganz harmlos.

Am bekanntesten unter den Eingeladenen waren Berlins zweiter Bürgermeister und seine transgegenderte Lebensgefährtin. Als nächstes, und beinahe genauso wichtig, rangierte die Senatorin für männliche Begrenzung, weibliche Bevorzugung und pubertäre Betroffenheit. Ein katholischer Bischof war mit karitativen Absichten gekommen, hoffte aber auch – in völliger Verkennung der wirklichen Sachlage – dieserart den galoppierenden Schwund seiner Schäflein publikumswirksam zu bremsen. Ähnliches traf zu auf eine frühere ZDF-Raumpflegerin, langjährige Intendanten-Geliebte und jetzige TV-Moderatorin, deren infantil-ruppige Plattitüden beim ebenfalls schwindenden Fernsehpublikum nicht mehr ankamen. Ein Professor und seine Studenten vom Bochumer Ilja Ehrenburg Institut für angewandte Propaganda waren anwesend aufgrund ihres grün-rot-roten Kreuzzuges gegen die letzten Bastionen konservativer Meinungsfreiheit. Der türkische Besitzer einer italienischen Pizza-Kette und sein Imam nahmen aus Gründen ethnischer Balance teil. Einige sehr hübsche, sehr blonde und sehr leichtgeschürzte Baletteusen der Berliner Oper hatte Sascha persönlich als sogenannte Cheerleader angeheuert, um bunte Banner mit dem Slogan „REFUGEES WILLKOMMEN“ zu schwenken und die Stimmung ganz allgemein etwas anzuheizen. Etliche Fernseh- und Pressepudel hatten sich eingefunden, von denen aber nicht ein einziger, und vermutlich auf Befehl von ganz oben, über die Katastrophe zu berichten wagte.

 

Über die Art der über das lausige Fest hereinbrechenden Katastrophe lasse ich Sie im Unklaren. Schließlich liegt  mir mehr daran, Sie auf dieses Buch aufmerksam zu machen, als brühwarm weiterzuerzählen, was ich zwischen den Buchdeckeln gefunden habe.

Manfred von Pentz hat sein Manuskript im Wege des „Self-Publishing“ zum käuflich erwerbbaren Buch gemacht.

Auf Seite 203 verrät er – wohl eher unabsichtlich – das Geheimnis, das sein Werk so fesselnd macht:

Große Sprache knüpft aus einfachen
und alltäglichen Worten einen kleinen
Teppich, dessen Muster sich mit dem
Grundriss der Schöpfung deckt.

Das ist ihr Geheimnis,
und darum erzittert die Seele.

 

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